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Der Hochmeisterschild des Karl von Trier – mein Nachbau

Was macht man als Museumspädagoge und Ausrichter von historischen Themenfesten, wenn letztere nicht stattfinden dürfen und man aufgrund wochenlanger Museumsschließungen und dem anschließenden noch viel länger andauernden Verbot, Führungen durchzuführen, auch ersteren Job nicht machen darf? Sprich: Wenn man jede Menge Zeit hat? Man sucht sich Beschäftigung. In meinem Fall hieß das (nachdem der Garten endlich einmal wieder gründlich auf Vordermann gebracht war), einen lange gehegten Wunschtraum wahr werden zu lassen: Ich habe mich daran gemacht, den Prunk- und Zeremonialschild des Hochmeisters des Deutschen Ordens Karl von Trier – kurz: den Hochmeisterschild – nachzubasteln.

Karl von Trier, Hochmeister des Deutschen Ordens

Karl von Trier war von 1311 bis 1324 Hochmeister des Deutschen Ordens. Er war der einzige mittelalterliche Hochmeister, der aus dem städtischen Bürgertum stammte, aus dem Trierer Schöffengeschlecht von Oeren. Erst sein Vorgänger Siegfried von Feuchtwangen hatte den Sitz des Hochmeisters 1309 von Venedig auf die Marienburg im preußischen Ordensland verlegt. Karl stand nun vor der Aufgabe, von der aggressiven Eroberungspolitik seines Vorgängers – mit den Litauern lag er im Krieg, auch mit Polen gab es Streit und der Bischof von Riga machte beim Papst Stimmung gegen den Orden – zu einer Politik des Verhandelns zu wechseln. Letztere versprach für die Zukunft mehr politische Stabilität.

Seine Bemühungen um Ausgleich führten jedoch zu Streitigkeiten mit den Großgebietigern des Ordens, die die Konflikte militärisch austragen wollten. 1317 setzten ihn die Großgebietiger ab. 1318 wurde er jedoch auf einem Generalkapitel in Erfurt wiedergewählt. Kurz nach seiner Wiederwahl reiste er an den päpstlichen Hof nach Avignon, wo er sich ein Jahr lang recht erfolgreich für die Angelegenheiten des Ordens einsetzte, und im Anschluss wohl auch nach Rom. Auf seiner Reise hatte er aufgrund seiner recht wackeligen Stellung mit Sicherheit einen gesteigerten Bedarf nach Repräsentation. In dieser Zeit dürfte daher der ihm zugeschriebene Hochmeisterschild entstanden sein.

Der Hochmeisterschild Karls von Trier – das Original

Der Hochmeisterschild gehört in eine Gruppe von mittelalterlichen Schilden, die lange Zeit auf Burg Reifenstein bei Sterzing in Südtirol lagerten. Von dort gelangte er als Schenkung der Fürsten von Thurn und Taxis in das Waffenkabinett des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum in Innsbruck, dessen Glanzstück er lange Zeit war. Heute ist er Teil der Sammlung des Zeughauses Innsbruck, das ebenfalls zu den Tiroler Landesmuseen gehört.

Der ovale Schild ist 98,5 cm hoch und an der breitesten Stelle 57,5 cm breit. Seine Form entspricht Schilden, wie sie der dritte Nachtragsmaler auf der Abbildung des Grafen Wernher von Homberg – sein Tod 1320 bei der Belagerung Genuas – die Belagerung ist die in der Miniatur im Codex Manesse abgebildeten Szene – ist der terminus post quem für die Anfertigung der Miniatur – auf Folio 43v des Codex Manesse als Ausrüstung der italienischen Infanterie dargestellt hat. Ganz ähnliche Schilde sind auch auf mehreren Fresken in der Burg Sabbionara bei Avio im Trentino zu sehen, die ebenfalls auf etwa 1320 datiert werden. Tatsächlich werden solche Mandelschilde mit gekapptem unterem Ende „italienischer Typ“ genannt.

Die Bauweise des Hochmeisterschildes

Der Hochmeisterschild besteht aus vier Brettern aus Fichten-/Tannenholz. Seine Dicke beträgt insgesamt ca. 15 mm. Er ist nur recht flach gewölbt. Die beiden Seiten sind jedoch stark nach hinten weggebogen. Der Schild ist beidseitig mit Pergament/Rohhaut belegt. Darauf ist ein Gipsgrund aufgetragen – typisch für italienische Tafelmalereien. Der Schild zeigt innerhalb der Umschrift „CLIPPEVS CVM GALEA MAGISTRI ORDINIS FRATRVM THEVTVNICORVM“ das Vollwappen des Hochmeisters des Deutschen Ordens, also den dreieckigen Reiterschild mit Topfhelm und Helmzier. Der Dreieckschild weist die-Form mit leicht eingezogenen oberen Ecken auf, wie sie typisch ist für die Darstellung im Codex Manesse. Das Vollwappen ist von einem dichten roten Rankenwerk auf gelbem Untergrund umgeben. Auf der Rückseite ist der Schild mit vier schwarzen Doppellinien und zahlreichen roten Tupfen bemalt.

Der Zustand des Schildes ist recht bedauerlich. Nicht nur, dass sich im Laufe der Zeit die Mittelfuge geöffnet und damit auch der Pergamentüberzug einen langen Riss bekommen hat, auch ist an zahlreichen Stellen die Farbe vollständig abgeblättert. Vor allem im unteren Drittel ist von der Bemalung der Vorderseite kaum etwas erhalten. Eine umfangreiche Restaurierung in den letzten Jahren hat daran wenig ändern können.

Mein Nachbau

Ich liebäugele schon seit einer halben Ewigkeit mit dem Gedanken, den Hochmeisterschild Karls von Trier nachzubauen. Denn der Deutsche Orden ist schon seit langem einer der Interessensschwerpunkte von Past Present Promotions. Es waren aber ständig irgendwelche anderen Projekte dringender. Die Corona-Krise hat mir dann die Zeit verschafft, mich endlich auch an dieses Projekt zu wagen.

Mein Hochmeisterschild
Mein Nachbau des Hochmeisterschildes des Karl von Trier. Foto: Christian Peitz.

Ein wirkliches Replikat, also ein dem Original in Material und Bauart exakt folgender Nachbau, kam für mich von Anfang an nicht in Frage. Meine Schilde bestehen alle aus Pappelsperrholz, 3 Lagen je 3 mm, mit gleichmäßiger Wölbung auf einer Biegeform gebogen und verleimt. Auch für die äußere Form habe ich eine meiner Standard-Schablonen verwendet: 100 cm hoch und 60 cm breit (vor dem Biegen versteht sich). Die Innenseite ist, ebenfalls vom Original abweichend, mit Leinwand und nicht mit Rohhaut belegt. Letztere habe ich nur auf die Außenseite gezogen.

Innen und außen habe ich Kreidegrund aufgebracht. Darauf folgte eine Bemalung mit handelsüblichen Abtönfarben. Das Gold der Kreuze des Hochmeisterwappens und das Silber des Helms ist Flüssigmetall eines französischen Herstellers. Zum Schutz der Oberfläche, quasi als Firnis, habe ich dann alles noch zweimal mit Hartwachsöl, einer Parkettversiegelung, gestrichen.

Als Grundlage für meine Arbeit hat mir ein recht hoch aufgelöstes Foto gedient, dass ich dankenswerter Weise vom Zeughaus Innsbruck erhalten habe. Leider war aber auch darauf das Rankenwerk so schlecht zu erkennen, dass das bei mir weitgehend der Fantasie entsprungen ist. Nur hier und da habe ich ein paar schemenhafte Details erkennen können. Insgesamt weicht meine Bemalung an zahlreichen Stellen von der Vorlage ab. Das liegt vor allem daran, dass mein Schild minimal abweichende Maße hat und längst nicht so schief ist wie das Original. Auch bei der Bemalung selbst habe ich manch schiefe Stelle begradigt. Ich glaube aber, dass der Gesamteindruck ganz gut rüber kommt – und darauf kommt es mir an.

Zwischendurch habe ich mich immer wieder gefragt, was ich da eigentlich mache. Nach etwa 70 Stunden Arbeit und dem Einsatz von gut 100 € Material ist der Hochmeisterschild nun endlich fertig. In Zukunft wird der Hochmeisterschild eines der Highlights unseres Deutschordens-Displays sein.

Literatur

Lattanzi, Stella et al.: Ein Hochmeisterschild des Deutschen Ordens um 1320. Konservierung und Restaurierung von Holztafelgemälden – Erfahrungen aus der Praxis. Beiträge zur gleichnamigen Fachtagung vom 8. bis 10. Mai 2015 in Dresden, Bonn 2019, S. 106-114.

Graf Trapp, Oswald: Deutschordensschilde aus Reifenstein. In: Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (Hrsg.), Bd. 20/25.Innsbruck 1940/45, S. 27–53.

Mein Rückblick auf die Jahre 2018 und 2019

Wow, in den letzten beiden Jahren hat sich bei uns so viel getan. So war Ende 2018 für eine Zusammenfassung des Jahres gar keine Zeit. Daher will ich nun einen Rückblick auf die Jahre 2018 und 2019 wagen.

Frühjahr 2018 – wir renovieren

2018 begann ebenso arbeitsreich, wie 2017 aufgehört hatte. Denn „zwischen den Jahren“ haben wir einen Teil unserer Räumlichkeiten renoviert. Eigentlich sollte der Seminarraum – der auch einen Teil unserer Literatur und die Kostüme beherbergt – dann im Februar fertig für die weitere Nutzung sein. Aber das Möbelhaus hat uns dann einen Strich durch die Rechnung gemacht. Letztendlich wurde es dann Mitte des Jahres, bis alles soweit eingerichtet war. Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen, wie wir glauben. In diesem Raum kann man guten Gewissens wieder Gäste empfangen.

Die Nordwands unseres Seminarraums
Die Ecke zwischen Nord- und Westwand unseres Seminarraums mit dem großen Bücherregal und den Vitrinen für Keramik und Kleinkram zu Kelten, Römern, Germanen, dem Früh-, Hoch- und Spätmittelalter sowie den Stangenwaffen.
Die Westseite unseres Seminarraums.
Die Westwand unseres Seminarraums: Schilde, Schuhschrank, Bücherregal – lange wird der Platz nicht reichen.
Ein Projekt für zwei Jahre: Der Kastenhof Landau – das Museum für Steinzeit und Gegenwart

Schon im November 2017 bin ich selbst in ein neues Langzeitprojekt eingestiegen. In Landau an der Isar galt es, das bisherige Niederbayerische Archäologiemuseum auf neue, moderne Füße zu stellen. Als fünftes Mitglied eines Teams aus Archäologen und Museumspädagogen habe ich die nächsten zwei Jahre an diesem Projekt gearbeitet. Was sich hier in ein paar Sätzen liest, war ein riesen Haufen Arbeit, aber es hat sich wirklich gelohnt. Ende Oktober 2019 konnten wir dieses Projekt als Kastenhof Landau – Museum für Steinzeit und Gegenwart abschließen und die neue Ausstellung der Öffentlichkeit übergeben. Besucher und Medien sind begeistert vom neuen Museum – und der Bürgermeister ist es auch.

Kleine und nicht ganz so kleine Veranstaltungen 2018 und 2019

Sowohl 2018 als auch 2019 haben wir wieder an den „Mittelalter erleben“-Tagen auf Burg Nideggen teilgenommen. Unter der Federführung des Deutschen Ritterkonvents haben wir dort unsere Zelte aufgebaut. Mir selbst oblag dabei wieder der Moderation der täglichen Moden- und Rüstungsschauen.

2018 waren wir mit vier Darstellerinnen und Darstellern auch wieder beim „Tag der Archäologie“ in der Außenstelle Titz des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege zu Gast. Wie schon in den Jahren zuvor haben wir die Häuser des keltischen Hofes mit Leben gefüllt, mit Kindern geschnippelt und gekocht und den Besuchern Kleidung und Bewaffnung der Kelten erklärt. Seitdem findet die Veranstaltung nicht mehr jedes Jahr statt, sondern immer im Wechsel mit dem Stiftshoffest der Außenstelle Nideggen. Dort war ich dann tatsächlich auch 2019 als römischer Lederhandwerker zu Gast und habe mit den jugendlichen Besuchern Lederbeutelchen hergestellt.

Im Juli 2018 waren wir dann mit einer kleinen Abordnung bei der 800-Jahr-Feier in Mahlberg in Baden-Württemberg zugegen. Dort galt es, den Hofstaat Friedrichs II. darzustellen. Ich selbst habe – wie könnte es auch anders sein – als Seneschall die Moderation des Hoftages übernommen.

Eine feste Veranstaltung in unserem Kalender war dann, sowohl 2018 als auch 2019, wieder das Kinderfest im Jugendfreizeitheim in Bochum-Riemke. Leider wird dieses tolle Fest, das Jahr für Jahr mehrere hundert Kinder – und oft auch deren Eltern – begeistert hat, in den nächsten Jahren pausieren müssen. Größere Umbaumaßnahmen auf dem Gelände werden in den nächsten beiden Jahren eine solche Veranstaltung nicht mehr zulassen.

August 2018: Unser erstes Römerfest

Im August 2018 hatten wir dann eine Premiere: Wir haben unser erstes Römerfest organisiert. Die Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur hatten 10-jähriges Jubiläum. Da wir 2017 das Mittelalterfest für den Zülpicher Geschichtsverein erfolgreich organisiert hatten, hatte das Museum bei uns angefragt, ob wir eine solche Veranstaltung auch mit Römern können. Nun, die Strukturen sind in der Römerszene etwas anders als im neudeutschen Marktmittelalter, aber unsere eigene Ausrüstung war ja schon da und mit ein bisschen Recherche – klar, können wir. Legionäre, Gladiatoren, Musiker und Handwerker aus der Germania inferior waren zahlreich anwesend, dazu die letzten Reste der Kelten  und ein paar germanische Föderaten. Damit war die Saison 2018 für uns – bis auf ein bisschen Kleinkram – auch schon beendet.

Past Present Promotions als Kelten und ein Germane 2018 in Zülpich.
Ein Rhein-Weser-Germane, zwei Kelten und eine Keltin – Christian, David, Oliver und Stefanie auf unserem Römerfest 2018 in Zülpich.
Mai 2019: Zu Gast im LVR-LandesMuseum Bonn

Die Outdoor-Saison begann dann für uns wieder im Mai 2019. Wir waren zu Gast im LVR-LandesMuseum Bonn. Ein kleiner mittelalterlicher Handwerkermarkt sollte es sein anlässlich des Familientages im Rahmenprogramm der Familien-Mitmachausstellung „Ritter und Burgen“. Im Skulpturenhof des Museums waren Bronzegießer, Färberin, Schuster, Täschner und Schildbauer zugegen und haben nicht nur ihr Handwerk vorgeführt, sondern sich auch jede Menge Löcher in den Bauch fragen lassen. Für unseren Ritter auf dem Vorplatz galt natürlich dasselbe.

David als Johann von Haiger
David als Johann von Haiger auf dem Vorplatz des LVR-LandesMuseums Bonn. Foto: Frauke Brückner, LVR-Museumksverbund.
Christian als mittelalterlicher Täschner.
Christian als Täschner und Gürtler. Foto: Frauke Brückner, LVR-Museumsverbund.
Juni 2019: Das Brandenburgfest – leider zum letzten Mal

Im Juni waren wir – allerdings nicht vollzählig – auf der Brandenburg auf der thüringischen Seite im Werratal. Eine Woche lang mittelalterlich die Seele baumeln lassen hieß es für die meisten Aktiven dort – außer natürlich für das tolle Orgateam vom Brandenburgverein. Doch am letzten Tag, für den ich mich extra auf die Autobahn gemacht hatte, galt das nicht. Es wurde nämlich am abschließenden Sonntag ein Turnier abgehalten, und das braucht Reiter, Turnierhelfer – und einen Herold. Und da kamen wir ins Spiel. Leider wird es diese wunderbare Veranstaltung dort in Zukunft nicht mehr geben.

September 2019: Unser mittelalterlicher Handwerkermarkt auf Burg Nideggen

So wie das Römerfest in Zülpich unser Höhepunkt 2018 war, so war der Höhepunkt in 2019 unser mittelalterlicher Handwerkermarkt auf Burg Nideggen. Im Oktober konnte das Burgenmuseum Nideggen seinen 40sten Geburtstag feiern. Aus diesem Anlass hat die Museumsleiterin Luzia Schlösser nicht nur eine neue Ausstellung zur Keramik der Region Raeren-Langerwehe neu eröffnet, sondern uns auch mit der Organisation eben jenes Mittelaltermarktes betraut.

Der mittelalterliche Schreiner
Unter den kundigen Händen des Tischlers entsteht ein Stuhlbein. Foto: Doris Bison.

Na ja, und wenn schon eine solche Veranstaltung auf die Beine stellen, dann eben auch richtig. Klar, so wirklich groß war das Gelände nicht – wir hatten hauptsächlich die Fläche des Palas zur Verfügung (der aber immerhin der größte Palas des Rheinlandes war) – aber dafür konnten wir wie bei uns üblich wieder tolle Handwerker zusammen trommeln, die ihr Handwerk auch fast alle auf dem Markt vorgeführt haben. Und so sind auf dem Markt unter anderem bedruckte Stoffe, Messerscheiden, Gürtel und Gürteltaschen, Schilde, Steinskulpturen, jede Menge Töpferwaren (na klar, bei dem Anlass) und, mein persönliches Highlight, stückchenweise ein wunderbarer Hocker komplett aus einem rohen Stück Baumstamm entstanden.

Das Myhlsteyn-Duo.
Das Myhlsteyn-Duo spielt den Besuchern beim Mittelalterfest auf Burg Nideggen auf. Foto: Conny Meyer.

Klar, Musik gab es auch. Immer wieder hat das Myhlsteyn-Duo für Besucher aufgespielt. Für das leibliche Wohl hat das Burgrestaurant gesorgt. Damit dürfte das der erste Mittelaltermarkt gewesen sein, dessen Caterer einen Stern im Guide Michelin hat! Und da bei so wunderbar unterhaltenen Besuchern niemand schlechte Laune hatte, hatte die Burgwache eine ruhige Zeit. Einen hübschen kleinen Film von unserer Veranstaltung hat Stefan Grates bei Youtube eingestellt.

Museen, Museen, Museen – und die VHS

Ich selbst war natürlich auch wieder reichlich an verschiedenen Museen unterwegs. Mehr als 370 Einsätze waren es 2018, 330 waren es 2019. Darunter waren auch eine ganze Reihe von Einsätzen als Ritter in der Ausstellung „Ritter & Burgen“ am LVR-LandesMuseum Bonn und noch mehr Unterrichtsstunden als Lehrer zur Kaiserzeit im LVR-Freilichtmuseum Kommern. 2019 waren es weniger Einsätze, da ich seit September wieder in Festanstellung bin: In Teilzeit als pädagogischer Mitarbeiter bei einem freien Träger der offenen Jugendarbeit. Ach ja, und natürlich unterrichte ich auch immer noch 4 Stunden in der Woche Biologie und Geschichte an einer Abendschule.

Ein neuer Partner

Im September haben wir uns auch Verstärkung geholt. David Blum, mit dem wir schon lange beim Deutschen Ritterkonvent aktiv sind, ist bei uns eingestiegen. Mit ihm haben wir endlich einen Kaufmann und IT-Spezialisten im Team. Er wird uns in Zukunft bei der Kundenakquise, beim Marketing und bei unserem Webauftritt helfen. Wie auch Oliver, Norman und ich hat auch er noch einen „richtigen“ Job.

2020 – Zeit zum Luftholen

Insgesamt waren es zwei mehr als ausgefüllte Jahre. 2020 ist ein bisschen weniger Action geplant. Größere Veranstaltungen stehen nicht an. Das bedeutet, dass wir uns voll in die Planung für 2021 und die folgenden Jahre stürzen, die Ausrüstung auf Vordermann bringen, endlich mal ein paar noch ungelesene Fachbücher durcharbeiten und eventuell ja auch ein paar mehr Artikel schreiben können.

Na klar sind wir 2020 wieder auf Burg Nideggen: Am 16. und 17.05. bauen wir dort unsere Zelte auf. Wir werden natürlich auch wieder als Kelten beim Tag der Archäologie in Titz am 20.06.2020 dabei sein. Am Tag darauf bin ich dann auch schon wieder als mittelalterlicher Baderchirurg auf dem mittelalterlichen Familientag in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur zu sehen – Gänsehaut garantiert! Am 05. und 06.09. sind wir dann mit einer kleinen Abordnung in Simmerath-Eicherscheid und geben uns auf der dortigen 650-Jahr-Feier die Ehre.

Was sonst noch kommt? Wissen wir selbst noch nicht. Aber wir werden es euch wissen lassen. Garantiert.

Der Klosterbau im MIttelalter

Bei unseren Veranstaltungen kommen wir zwangsläufig auch immer wieder mit dem Klosterbau in Berührung. Die Klosterbauten des Mittelalters und ihre Gestaltung folgten nicht nur repräsentativen Zwecken. Vielmehr mussten sie vor allem den Anforderungen entsprechen, die sich aus den täglichen Aufgaben der geistlichen Gemeinschaft ergeben.

Auffällig an einem Kloster ist natürlich zunächst einmal die Kirche. Doch zu einem Kloster gehört natürlich mehr. Eine Vielzahl von Gebäuden schließt sich an die Kirche an und umgibt sie.

Die Kirche im Kloster Maria Laach – ein Musterbeispiel

Die Kirche des Benediktinerklosters Maria Laach am Ufer des Laacher Sees in der Eifel ist ein Musterbeispiel für eine solche Klosterkirche. Sie ist eine romanische Basilika. Viele Elemente erinnern an die großen Kaiserdome in Speyer, Mainz und Worms. Diese Anspielung auf die nicht ganz unbedeutende Stellung des Klosterstifters, Pfalzgraf Heinrichs II., hat man im Mittelalter gut verstanden.

Die romanische Basilika des Klosters Maria Laach von Nordwesten.
Die romanische Basilika des Klosters Maria Laach von Nordwesten. Foto: Sabine Peitz.

Im Osten wird das Langhaus der Kirche mit seinen beiden Seitenschiffen vom Querhaus begrenzt, an das sich wiederum der Chor mit der Apsis anschließt. Über der Vierung, der Kreuzung von Lang- und Querhaus, und an den Chorflanken erheben sich Türme.

Der Grundriss der Basilika von Maria Laach.
Der Grundriss der Basilika von Maria Laach. Dem Westwerk mit kleinem Chor ist das Paradies vorgelagert. An das Mittelschiff mit seinen fünf Jochen schließen sich beidseitig die Seitenschiffe an. Östlich davon das Querhaus mit Vierung. An der Ostseite jedes Armes des Querhauses eine Seitenkapelle mit je einem Nebenaltar. Der Hochaltar steht in der Apsis des zweijochigen Chores. Das Chorgestühl mit Chorschranke steht in diesem Klosterbau nicht im Chor, sondern am Übergang vom Mittelschiff zur Vierung. Gemeinfrei.
Das Chorgestühl

Im Inneren der Kirche war im Mittelalter der Chor, also der Bereich, in dem sich die Mönche zum Gebet versammelten, durch die Chorschranke, eine mehr als mannshohe Wand, abgetrennt. Das Chorgebet konnte folglich von der Gemeinde der Laien im Langhaus der Kirche nur mit den Ohren, nicht aber mit den Augen verfolgt werden. Heute sind die Chorschranken in fast allen Klosterkirchen entfernt. Die Reformen der Liturgie und nicht zuletzt die Säkularisierung haben sie überflüssig werden lassen. Letztere sorgte dafür, dass ehemalige Stifts- und Klosterkirchen in Gemeindekirchen umgewandelt wurden. Die Chorschranken, die den freien Blick vom Gemeinderaum der Kirche zum Hochalter verstellten, mussten daher weichen.

Längsschnitt durch den Innenraum der Kirche des Klosters Maria Laach.
Längsschnitt durch den Innenraum der Kirche des Klosters Maria Laach. Über dem Westchor die Empore. Unter dem Ostchor liegt die Crypta. Grafik: Dr. Christian Peitz
Bollwerk gegen das Böse: das Westwerk

Als Besonderheit und abweichend von der allgemeinen Grundform einer Klosterkirche, jedoch durchaus nicht einmalig, ist der anderen Seite ein mächtiges Westwerk vorgelagert, ebenfalls durch drei Türme bekrönt. Wie eine Burg stellt es sich dem aus der Richtung des Sonnenunterganges drohenden Bösen entgegen.

Der ursprüngliche Zweck des Westwerkes ist bis heute nicht klar. Möglicherweise war auf seiner Empore eine Herrscherkapelle eingerichtet, in der die Familie des Stifters dem Gottesdienst der Mönche beiwohnen und diesen von der erhöhten Position aus auch wirklich beobachten konnte. Doch auch eine Rolle in der Liturgie an ausgewählten Festtagen ist nicht auszuschließen.

Der Westchor

In vielen Klosterkirchen gibt es neben dem Hochchor im Osten noch eine zweite Choranlage im Westen – so auch in Maria Laach. Diese zweite Choranlage spiegelt jedoch nicht, wie vielfach angenommen, den Gegensatz zwischen kaiserlicher und päpstlicher Macht wieder. Vielmehr diente ausschließlich liturgischen Zwecken. In den Kirchen der Frauenklöster und Kanonissenstifte befindet sich der Westchor meist auf einer Empore. Dort konnten die Damen ebenfalls den Gottesdienst feiern. Das war vor allem an den hohen Festtagen wichtig. Denn dann waren auch Laien in der Kirche anwesend und die sollten keinen Blick auf die Nonnen bzw. Stiftsdamen werfen können.

Doch zu einem Klosterbau gehört mehr als nur die Kirche, denn die Menschen im Kloster verbringen ihre Zeit ja nicht nur im Gebet. Eine Vielzahl von Gebäuden und Einrichtungen dient dem Leben und der Arbeit der Brüder beziehungsweise Schwestern.

Das Ideal von einem Klosterbau: Der Plan von Sankt Gallen

Die Bauten der frühen klösterlichen Gemeinschaften waren noch sehr uneinheitlich. Dies blieb auch noch lange so, nachdem Augustinus und nach ihm Benedikt von Nursia ihre Regeln aufgestellt und der mönchischen Bewegung einen festen Rahmen gegeben hatten. Ausgehend von den Erfordernissen des klösterlichen Lebens entwickelten die Mönche – und Nonnen – im Laufe der Zeit jedoch die Vorstellung von einem idealen Klosterbau.

Diese Idee ist der Nachwelt in Form des Sankt Galler Klosterplanes überliefert. Obwohl der Plan nie in die Realität umgesetzt wurde (stimmt nicht, das Projekt „Campus Galli“ widmet sich genau diesem Vorhaben), ist er doch Vorbild für nachfolgende Klosterbauten. Entstanden ist der Plan um das Jahr 819 auf der Insel Reichenau. Der dortige Abt Heito I. wollte wohl seinem Amtskollegen Gozbert von St. Gallen eine Anleitung für seinen geplanten Klosterneubau an die Hand geben.

Umzeichnung des Klosterplans von St. Gallen.
Umzeichnung des Klosterplans von St. Gallen. Zeichnung: Enzyclopaedia Britannica, gemeinfrei.
Zentrum in jedem Klosterbau: die Klausur

Kernstück des Planes ist die Klausur, also der nur den Mönchen zugängliche Bereich. Das Zentrum der Klausur ist der Kreuzgang, der auf dem St. Galler Plan südlich an die Kirche anschließt. Er verbindet die einzelnen Gebäude der Klausur und dient als Wandelgang der inneren Einkehr der Mönche. Um ihn herum sind von Ost nach West der Schlafsaal –das Dormitorium – mit Bad und Abort, der Speisesaal – das Refektorium – mit Küche und der Vorratsraum angeordnet. Der Kapitelsaal, sozusagen der „Tagungssaal“ der Klosterleute, der später zur Standardausstattung der Klöster gehören sollte, fehlt noch. Seine Aufgabe übernimmt im St. Galler Plan der Nordflügel des Kreuzganges. Auch ein Sprechraum, das Auditorium, ist noch nicht eingeplant, da im Kreuzgang wohl noch keine strenge Schweigepflicht herrschte.

Zeichnerische Umsetzung vom Klosterbau von Sankt Gallen.
So hätte die Ausführung des Klosterplans von St. Gallen aussehen können. Zeichnung: Lasius, gemeinfrei.
Was sonst noch nötig ist im Klosterbau

Alle anderen Einrichtungen sind um die Klausur herum geplant. Novizenschule und Krankenhaus verfügen gemeinsam über eine eigene kleine Kirche, die im Osten in der Verlängerung der Hauptkirche liegt. Auch der Friedhof liegt im Osten, da aus dieser Richtung das Heil kommt. Werkstätten und Wirtschaftsgebäude, die der Versorgung des Klosters dienen, sind im Süden und Südwesten angeordnet, das Gästehaus liegt westlich der Klosterkirche.

Mit den Klosterreformen des hohen Mittelalters, aber auch der Gründung neuer Orden in dieser Zeit, differenzierten sich die Anforderungen an die klösterlichen Anlagen. So entwickelte im Laufe der Zeit jeder Orden seine eigenen architektonischen Eigenheiten.

Alle Macht den Klöstern: Cluny

Schon der Klosterbau des St. Galler Planes hat Ausmaße, die selbst die meisten Königspfalzen nicht einmal annähernd erreichten. Doch der St. Galler Plan wurde von so mancher tatsächlich errichteten Klosteranlage noch weit in den Schatten gestellt. Zu diesen großen Klöstern gehörte Cluny, der Ausgangspunkt der kluniazensischen Klosterreform innerhalb des Ordens der Benediktiner.

Rekonstruktion vom Klosterbau Cluny im 12. Jahrhundert von Osten gesehen.
Rekonstruktion des Klosters Cluny im 12. Jahrhundert von Osten gesehen. Zeichnung: Sabine Peitz.

Das Kloster Cluny in Burgund nahm im 10. Und 11. Jahrhundert eine Vorreiterrolle ein bei der Wiedereinführung von Zucht und Ordnung in die bis dahin recht weltlich gewordenen benediktinischen Klöster. Seine Konzentration auf die Liturgie und das Gebet führte zu einem enormen Zulauf an Mitgliedern. Bald wurde die Kirche zu klein, um die ständig wachsende Gemeinschaft aufzunehmen. 1088 nahm daher Abt Hugo I. den Bau einer neuen Kirche und den Umbau der restlichen Anlagen in Angriff. Das Ergebnis, als Cluny III bekannt, war ungeheuerlich.

Bis zu 1.200 Mönche und Laienbrüder lebten hier. Ja, der Klosterbau war so groß, dass 1245 ein Treffen zwischen dem französischen König Ludwig dem Heiligen und Papst Innozenz IV mitsamt ihrem jeweiligen Gefolge stattfinden konnte, ohne dass der normale Klosterbetrieb in irgendeiner Weise gestört wurde.

Mönche und Konversen

In der Regel des heiligen Benedikt nehmen Gebet und Arbeit den gleichen Stellenwert ein – mit „ora et labora“ wird das Regelwerk gerne zusammengefasst – auch wenn die körperliche Arbeit vor allem als Ausdruck der Demut angesehen wurde. Im Rahmen der kluniazensischen Reform wurde der Schwerpunkt jedoch in Richtung Gebet und Gottesdienst verschoben. Denn das Gebet wurde von nun an als die Arbeit der Mönche angesehen. Dennoch musste irgendjemand die tagtäglichen Arbeiten in Küche und Garten verrichten.

Daher gab es zum Ausgleich die Gemeinschaft der Konversen, der Laienbrüder. Die Konversen stammten, anders als die Chormönche, nicht aus dem Adel, sondern aus dem Bauernstand und später auch dem städtischen Bürgertum. Ihre Aufgabe bestand in der Verrichtung der zur Versorgung des Klosters anfallenden Arbeiten. Ihr Tagesablauf folgte eigenen, weniger vom Gottesdienst bestimmten Regeln. Aus diesem Grund wurden für die Konversen auch eigene Räumlichkeiten, komplett mit Dormitorium, Refektorium und Latrinen, nötig. Mönche und Konversen sollten sich in ihrem Tagesablauf ja möglichst nicht gegenseitig stören. Im Kloster Cluny III lag der Konversentrakt im Westen des Klausurbereiches, in der Nähe der Herberge und der Stallungen.

Grundriss des Klosters Cluny in seiner größten Ausdehnung.
Grundriss des Klosters Cluny in seiner größten Ausdehnung. Folgende Gebäude zu erkennen: schwarz: Kirche Cluny III und Reste der alten Kirche Cluny II; dunkelblau: Mönchsküche (MK), Laienküche (LK), Bäckerei (B), Lagerraum (Lg) und Refektorium (R); hellblau: Kapitelsaal (K), Sprechraum (S), Mönchssall (M); über diesen Räumen das Dormitorium; dunkelgrün: Hospital mit eigenem Kreuzgang (HKg); hellgrün: Konversentrakt; rot: Räume für hochgestellte Gäste; orange: Herberge (H) mit Stallungen (S); gelb: Noviziat mit Kreuzgang (NKg); weiß: Hauptkreuzgang (Kg), Latrinen, Friedhofskapelle (FK). Grafik: Dr. Christian Peitz.
Die Klöster der Zisterzienser

So verschieden die geistlichen Orden waren, die im Laufe des Mittelalters neben den Benediktinern gegründet wurden, so verschieden war auch die Art, in der ihre Mitglieder neue Klöster errichteten. Noch recht nah an der Grundform des benediktinischen Klosters liegen die Bauten der Zisterzienser.

Die Zisterzienser – benannt nach ihrem ersten Kloster Citeaux, der Zisterze – waren, ähnlich wie zuvor die Reformbewegung von Cluny, Ende des 11 Jahrhunderts aus dem Bestreben hervorgegangen, der Regel des Heiligen Benedikt wieder zu mehr Geltung zu verhelfen.
Auffällig am Klosterbau der Zisterzienser ist zunächst einmal, dass ihre Kirchen, wie auch die Kirchen der Bettelorden, keine Türme haben. Nur ein kleiner Dachreiter über der Vierung nimmt die Glocke auf, die zum Gebet ruft.

Viele Zisterzienserkirchen haben zudem keine Chorapsis. Bei ihnen ist, dem Anspruch der Schlichtheit folgend, der Chor im Westen mit einer geraden Wand abgeschlossen. Ist eine halbrunde Chorapsis vorhanden, ist sie quasi immer von einem Kapellenkranz umgeben – ja, die Vielzahl der dadurch möglichen Kapellen ist sogar der Grund für diese Abweichung vom Idealplan. Beispiele hierfür sind das Kloster Heisterbach im Siebengebirge und das Kloster Altenberg im Bergischen Land.

Grundriss der Klausur von Kloster Maulbronn.
Grundriss der Klausur von Kloster Maulbronn. Die Farben und Abkürzungen im Grundriss entsprechen jenen im Grundriss des Klosters Cluny mit folgenden Ergänzungen: LR: Konversenrefektorium; B: Brunnenhaus; SC: Schranke des Mönchschores. Grafik: Dr. Christian Peitz.
Der Konversentrakt in Zisterzienserklöstern

Bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass es sich bei den Klöstern der Zisterzienser um regelrechte Doppelanlagen handelt, in denen Mönche und Konversen jeweils einen eigenen Flügel der Klausur bewohnen. Sie betreten die Kirche sogar durch getrennte Eingänge. Ein Beispiel hierfür ist das Kloster Maulbronn in Baden-Württemberg. In diesem Klosterbau ist der zisterziensische Grundplan fast mustergültig umgesetzt. Einzig der Konversengang fehlt. Das ist ein schmaler Gang zwischen dem Westflügel des Kreuzganges und dem Konversentrakt. Durch diesen Gang konnten die Konversen den westlichen Teil der Kirche erreichen, ohne die Klausur der Mönche betreten zu müssen.

Zeichnung des Klosters Altenberg.
Zeichnung des Klosters Altenberg von Johann Sartor aus dem Jahr 1707. Nach dem Bau der gotischen Kirche hatte Kloster Altenberg zwei Kreuzgänge. Der westliche, ältere Kreuzgang, an dessen Nordseite sich einst die romanische Vorgängerkirche befunden hatte, diente den Konversen. Der neue Kreuzgang war den Mönchen vorbehalten. Außer der Kirche ist heute nicht mehr viel von dieser Klosteranlage übrig. Gemeinfrei.

Tatsächlich hatten die Kirchen der Zisterzienser ein zweites Chorgestühl, westlich des Chorgestühls der Mönche. In manchen Klöstern der Zisterzienser gab es sogar noch ein drittes, kleines Chorgestühl für die Kranken. Das Chorgestühl der Mönche befand sich bei den Kirchen der Zisterzienser übrigens nie im Chor östlich der Vierung, sondern immer im Mittelschiff. Von dort ragte es höchstens bis in die Vierung hinein. In dem meist kleinen Chor hätte das Chorgestühl auch meist keinen Platz gefunden.

Rekonstruktion der Kirche von Kloster Heisterbach.
Rekonstruktion der Kirche von Kloster Heisterbach. Links die Chorapsis mit umlaufendem Kapellenkranz. Ansicht von Norden. Von der einst imposanten Anlage ist nur noch die Chorapsis mit dem Kapellenkranz erhalten. Gemeinfrei.
Das Kloster als Wirtschaftshof

Rund um die Klausur erstrecken sich in den Klöstern der Zisterzienser zudem zahlreiche Wirtschaftsgebäude. Denn die Zisterzienser sind von ihrem Grundsatz her Selbstversorger. Alle Dinge des täglichen Bedarfs mussten von den Ordensmitgliedern selbst angebaut und hergestellt werden. Anders als bei den Benediktinern wurde das zum Kloster gehörende Land weder an Bauern verpachtet noch zu Lehen vergeben.

Zeichnung der Gesamtanlage des Klosters Maulbronn.
Zeichnung der Gesamtanlage des Klosters Maulbronn. Gemeinfrei.
Die Kartäuserklöster – Gemeinschaften von Einsiedlern

Die beschriebene Grundform des Klosters wurde mit den jeweiligen Eigenheiten nicht nur bei Benediktinern und Zisterziensern umgesetzt. Auch bei den im hohen Mittelalter entstandenen Orden der Franziskaner und Dominikaner und den quasi allen anderen Ordensgemeinschaften erfolgte der Klosterbau nach diesem Muster.

Grundriss der Kartause von Clermont.
Grundriss der Kartause von Clermont von Eugène Viollet-le-Duc. Gemeinfrei.

Die Klöster der Kartäuser sind hingegen völlig anders aufgebaut. Jeder Mönch bewohnt hier, quasi als Einsiedler, ein eigenes kleines Haus mit Garten. Die Häuser sind rund um den Kreuzgang angeordnet, der auch als Friedhof dient. Die Kirche ist relativ klein, da die „Klostergemeinschaft“ nur wenige Mitglieder hat. Eine wirkliche klösterliche Gemeinschaft bilden die halb einsiedlerischen Kartäuser, denen das Reden außerhalb des Gebetes strengstens verboten ist, nicht.

Literatur

Theodor Bogler: Maria Laach. Regensburg 1997.

Yves Christe/Hanna Losowska/Roland Recht/Tania Velmans: Handbuch der Formen- und Stilkunde – Mittelalter, Stuttgart; Berlin; Köln; Mainz 1992.

Joan Evans: Blüte des Mittelalters, Eltville 1986.

Gudrun Gleba: Klosterleben im Mittelalter, Darmstadt 2004.

Clemens Kosch: Kölns romanische Kirchen. Architektur und Liturgie im Hochmittelalter, Regensburg 2000.

Bernhard Schütz: Klöster, München 2004.

Die Entstehung der Grundherrschaft im frühen Mittelalter

Die Gründe für die Entstehung der Grundherrschaft im frühen Mittelalter waren vielschichtig. Sie beruhten einerseits auf Entwicklungen, die in der römischen Spätantike angelegt worden waren. Andererseits lagen ihre Ursprünge in der Struktur der germanischen Gesellschaft. Im frühen Mittelalter entwickelte sich aus diesen beiden Wurzeln im westlichen Teil des Frankenreiches, auf dem Boden der ehemaligen gallischen Provinzen, die klassische Form der Grundherrschaft, das Villikationssystem.


Außerhalb dieser Region fand diese Form der Agrarverfassung nur allmählich und dann auch nicht flächendeckend ihre Anwendung. Bis zum Ende des Hochmittelalters hatte sich die klassische Form der Grundherrschaft schon wieder aufgelöst.


Die Ursprünge der Grundherrschaft im römischen Reich


Die für die Grundherrschaft typische Bindung der Bauern an das von ihnen bewirtschaftete Land entstand schon in der römischen Spätantike. Im späten 4. und dann im 5. Jahrhundert verlor die mit Sklaven betriebene Latifundienwirtschaft zunehmend an Bedeutung. Stattdessen siedelten die Eigentümer der villae rusticae verstärkt Kolonen, bäuerliche Pächter, auf ihrem Land an.


Mit dem fortschreitenden Zusammenbruch der staatlichen Ordnung in den westlichen Reichsteilen gingen allmählich viele hoheitliche Funktionen auf die Großgrundbesitzer über. Dadurch gerieten die ursprünglich freien Kolonen in eine immer stärker werdende Abhängigkeit vom Grundeigentümer. Aus der zunächst wirtschaftlichen wurde Stück für Stück schlussendlich auch eine rechtliche Abhängigkeit. Grundlage der Herrschaftsausübung blieb im römischen Reich jedoch immer das Bodeneigentum.


Die Ursprünge der Grundherrschaft in der germanischen Gesellschaft


Die germanische Gesellschaft bestand vor allem aus Freien und halbfreien Knechten. Ob es einen echten Adel bei den Germanen gab, darüber diskutierte man sogar noch zu Zeiten Karls des Großen. Aber natürlich gab es eine Oberschicht, die sich Aufgrund von Herkunft, Leistung oder Erfahrung und damit dem politischen Gewicht klar vom Rest der Bevölkerung abgrenzte. Neben diesen drei Bevölkerungsgruppen gab es jedoch auch bei den Germanen Sklaven, die Unfreien. Im Gegensatz zu den Sklaven im römischen Reich wurden die Unfreien bei den Germanen jedoch nicht kaserniert. Vielmehr siedelte man sie auf eigenen Hofstellen an. Von ihren Erträgen mussten die Unfreien nun Abgaben in Form von Getreide, Vieh und Kleidung an die Herren entrichten. Frondienste gab es bei den Germanen noch nicht. Grundlage der Herrschaft war hier immer die persönliche Abhängigkeit.


Die Entstehung der Grundherrschaft auf den fränkischen Königsgütern


Der salfränkische König Chlodwig hatte im frühen 6. Jahrhundert seine Macht auf die ehemaligen gallischen Provinzen des römischen Reiches ausgedehnt. In der Folge konnte der fränkische Adel, allen voran das Königshaus der Merowinger, zahlreiche römische Landgüter an sich bringen. Auf diesen Königsgütern, später auch auf Gütern der Kirche, entwickelte sich das System der Grundherrschaft mit einem Herrenhof und den davon abhängigen Bauernstellen. Die Anfänge sind im 7. Jahrhundert fassbar. Voll ausgebildet war die Grundherrschaft erstmals im 9. Jahrhundert im mittleren Seine-Gebiet. Von dort aus breitete sie sich vor allem nach Nordosten und Osten aus. Die Grundherrschaft war jedoch nie die einzige Form der Herrschaftsausübung.


Die Ursachen für die Entstehung der Grundherrschaft sind wohl einerseits in der ausgedehnten Rodungstätigkeit vor allem im 8. Jahrhundert zu suchen, andererseits in einer veränderten Wirtschaftsweise. Unter den Merowinger beschränkte sich der Frondienst der freien Bauern auf die „riga“, die Arbeit auf einem kleinen Stück Herrenland. Die Erträge daraus fielen vollständig an den Herrn. Das restliche Herrenland wurde in alter römischer Tradition durch kasernierte Sklaven bewirtschaftet. Seit dem 7. und verstärkt dem Beginn des 8. Jahrhunderts wurden nun aber zunehmend sowohl Kolonen, die als Nachfahren der Gallo-Römer weiterhin nach römischem Recht lebten, als auch Sklaven mit durch Rodung neu geschaffenen Bauerngütern ausgestattet. Diese Vermehrung der Ackerfläche führte gleichzeitig zu einer Intensivierung des Getreideanbaus. Die Viehwirtschaft, vor allem in Form der Waldweide, nahm im gleichen Zuge ab.

Bauern bei der Aussaat. Lutrell-Psalter, p 23 r, um 1330. The British Library


Bei der Viehwirtschaft verteilten sich die nötigen Arbeiten mehr oder weniger gleichmäßig über das Jahr. Beim Getreideanbau jedoch fielen die Arbeiten nun stoßweise an, vor allem vor der Aussaat und bei der Ernte. Das Vorhalten der dafür nötigen Arbeitskräfte in Form von kasernierten Sklaven wurde dadurch unwirtschaftlich. Auf selbständigen Bauernstellen angesiedelte Sklaven hingegen ernährten sich selbst – uns sorgten mit der Gründung eigener Familien auch noch von ganz alleine für einen ständigen Nachschub an Arbeitskräften. Zudem hatten sie, im Gegensatz zu kasernierten Sklaven, ein eigenes Interesse am Ertrag ihres Hofes, von dem Abgaben zu leisten waren.


Das Hufenland – Grundlage der grundherrschaftlichen Landaufteilung


Wichtiger Bestandteil der Grundherrschaft war die Aufteilung des Landes in Mansen – auf deutsch Hufen –, also in Parzellen, die genau so groß waren, dass eine Familie dieses Land bewirtschaften und sich von diesem Land auch ernähren konnte. Eine Hufe ist eine vom Fronhof abhängige, aber selbständig wirtschaftende Bauernstelle mit Hofstatt, Ackerland und den Rechten zur Nutzung der Allmende, also vor allem der gemeinschaftlich genutzten Weide- und Waldflächen.


Der mansus enstand im 7. Jahrhundert in der Umgebung von Paris. Seine Wurzeln hat er sowohl im römischen jugum, der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung (jugum ist eigentlich das lateinische Wort für Joch. Im übertragenen Sinn ist es die Fläche, die mit einem Ochsengespann bearbeitet werden kann.) Andererseits liegen die Wurzeln des mansus in der colonica, dem bäuerlichen Familienbetrieb.


Da die Erträge natürlich stark von den klimatischen Verhältnissen und der Bodenqualität abhängen, konnte die Größe einer Hufe sehr unterschiedlich ausfallen. So lagen die Hufengrößen der Abtei Saint-Germain-des-Prés (die dem gleichnamigen Stadtteil von Paris ihren Namen gegeben hat) im 9. Jahrhundert zwischen 0,25 Hektar und 17 Hektar, die der Abtei Lobbes im Hennegau im gleichen Zeitraum zwischen 15 Hektar und 38 Hektar.

Der Übergang von der Sklaverei zur Leibeigenschaft

Mit der Entstehung der Grundherrschaft wurden aus Sklaven Leibeigene. Diese waren an den Leib des Herrn gebunden, arbeiteten auf dem Herrenhof und konnten vererbt werden. Ende des 10. Jahrhunderts war der Übergang von der Sklaverei zur Leibeigenschaft abgeschlossen. Dazu gehörte die Anerkennung der Deliktfähigkeit des Grundhörigen – ein Sklave konnte nicht vor Gericht gestellt werden, sondern wurde von seinem Herrn nach Gutdünken bestraft. Anders als ein Sklave durfte ein Unfreier aber von seinem Herrn auch nicht mehr ohne Grund getötet werden.

Gleichzeitig hatte nicht mehr nur der Herr, sondern zumindest teilweise auch die Familie eines durch Fremdverschulden zu Tode gekommenen Unfreien Anrecht auf das Wergeld. Damit einher ging die nicht nur in der Praxis gelebte, sondern auch rechtlich abgesicherte Ehe- und Vermögensfähigkeit der Unfreien.


Während der Entstehung der Grundherrschaft wurden im Laufe der Zeit immer mehr Sklaven auf abhängigen Bauernstellen angesiedelt. Gleichzeitig mussten die so zu Grundhörigen gewordenen Sklaven immer mehr Frondienste leisten. Über diese Dienste waren die unfreien Bauern mit dem zu bewirtschaftenden Herrenland verschränkt. Im Gegensatz zu einem Leibeigenen ist der Grundhörige nicht an den Leib des Herrn, sondern an den Boden gebunden. Wechselte eine Hufe den Besitzer, wechselten die an die Hufe gebundenen Bauern den Herrn.


Der Weg von freien Bauern in die grundherrschaftliche Unfreiheit

Aus verschiedenen Gründen traten auch immer wieder freie Bauern in einen Fronhof-Verband ein. Der wichtigste Grund war die Befreiung vom Kriegsdienst. Freie Bauern unterlagen dem Heerbann. Für Waffen, Rüstung und in karolingischer Zeit auch immer öfter ein Pferd mussten sie selbst aufkommen. Während eines Kriegszuges stand ihre Arbeitskraft dann auch nicht auf dem eigenen Hof zur Verfügung.


Zudem wurde der Druck auf die freien Bauern künstlich erhöht. Bauern, deren freier Grundbesitz die Begehrlichkeiten eines Großen in der Gegend geweckt hatte, die aber partout nicht verkaufen wollten, wurden in der Folge einfach überproportional häufig zum Kriegsdienst gerufen – so lange, bis sie völlig verarmt waren und ihr Land dann doch übergeben mussten. War das geschehen, konnten sie von nun an zuhause bleiben. Mancher Freie ging sogar so weit, sich selbst verknechten zu wollen, um dem Heerdienst zu entgehen. Das war aber wohl eher die Ausnahme als die Regel und ist nur sehr selten urkundlich belegt.


Bauern, die ihr freies Eigenland verloren und ihr Land fortan als Pächter bestellten, gingen mit dem Grundherrn zunächst ein rein wirtschaftliches Verhältnis ein. Daher gab es neben den unfreien Hufen (mansi serviles) auch freie Hofstellen (mansi ingenuiles) und als Zwischenstufe die minderfreien Hufen, die mansi lidiles. Die Höhe der Abgaben und die Menge der zu leistenden Frondienste waren dabei immer an die Hufe gebunden, unabhängig vom persönlichen Stand des Bauern. Ein persönlich freier Bauer, der auf einer unfreien Hufe saß, musste daher dennoch vergleichsweise mehr Fronarbeit leisten und dafür weniger Pachtabgaben zahlen.


Freie Hufenbauern liefen dennoch Gefahr, den unfreien Hintersassen derselben Grundherrschaft gleichgestellt zu werden. Vor allem reiche Klöster nutzten ihre starke Stellung aus: Sie nahmen die aus den Pachtbedingungen geschuldeten Frondienste als Beleg für die auch persönliche Unfreiheit eines Bauern. So hielten sie die Bauern von den öffentlichen Gerichten fern und unterwarfen sie ihrer eigenen, grundherrschaftlichen Gerichtsbarkeit.


Die Verbreitung des grundherrschaftlichen Systems

Im 9. Jahrhundert breitete sich das klassische System der Grundherrschaft nach Flandern, Ost-Frankreich, England und Nord-Italien aus. In ihrer reinen Ausprägung blieb sie aber beschränkt auf Austrasien, Neustrien und Burgund. Selbst im Kerngebiet, zwischen Seine und Rhein, war das klassische und voll ausgebildete System der Grundherrschaft nicht die häufigste Form der Herrschaft. In Burgund wurde das Herrenland noch im 10. Jahrhundert in der Regel nicht durch fronende Bauern, sondern durch kasernierte Sklaven bewirtschaftet. Fronen mussten die unfreien Bauern hier oft nur an drei Tagen im Jahr.


In Portugal, östlich der Elbe und in Friesland hat es die Grundherrschaft nie gegeben, in Spanien – zunächst der spanischen Mark, im Zuge der Reconquista dann Katalonien und Kastilien – kaum. Auch in Südfrankreich, Mittelitalien und Böhmen war sie immer nur schwach vertreten.


Insgesamt waren trotz Allem immer noch mehr als 50 % der Bauern freie Landeigentümer. Dennoch blieb die Sklaverei für lange Zeit weiter fundamental für die Landwirtschaft sowohl in großen als auch in kleinen Betrieben. So galt es noch um das Jahr 800 als Zeichen bitterer Armut, wenn ein freier Mann keinen Sklaven hatte. Tatsächlich waren es vor allem kirchliche Institutionen, die noch lange Zeit vom Einsatz von Sklaven profitierten. Gemäß den Beschlüssen des 16. Konzils von Toledo im Jahr 693 sollten Pfarrkirchen, die über weniger als 10 Sklaven verfügten, mit anderen Pfarreien zusammengelegt werden. Noch in der karolingischen Gesetzgebung waren für jede Pfarrkirche mindestens vier Sklaven zur Bearbeitung der Kirchengüter vorgesehen.


Alternativen zur Grundherrschaft im frühen Mittelalter


Auch nach der Entstehung der Grundherrschaft existierten mehrere alternative Systeme der Landnutzung. So gab es vor allem in Südfrankreich Herrschaften, in denen alles Land an die Bauern vergeben war. Somit gab es kein Salland und damit auch keine Frondienste. Die Bauern in diesen Herrschaften bestellten ihr Land in Teilbau. Das heißt, dass sie einen festen Anteil, meist 1/10 ihrer Ernte, die taxe, an den Grundeigentümer abführen mussten. Hinzu kamen Naturalabgaben für die Nutzung von Wald und Weide.


Auch in Nordfrankreich gab es praktisch keine Frondienste. Abgaben wurden in Form von Getreide und Holz geleistet, und zwar nicht anteilig, sondern in festen Mengen. Dieses System lässt sich in direkter Linie auf spätrömische Staatsdomänen zurückführen, die vor allem in die Hände der Kirche und einiger weniger Mächtiger im Umfeld des Königs gefallen waren.


Bei einem dritten Alternativtyp waren nur wenige Hufen an freigelassene Sklaven vergeben. Der überwiegende Teil des Landes wurde als Salland auch hier durch kasernierte Sklaven bewirtschaftet, aus denen später Leibeigene wurden.


Der Niedergang der Grundherrschaft im hohen Mittelalter


Schon im 9. Jahrhundert konnte der Verkauf von zur erblichen Nutzung überlassenem Herrenland nicht mehr verhindert werden. Die villae als geschlossene Herrschaftsgebiete lösten sich so schon recht früh allmählich wieder auf. Karl der Kahle musste sich in einem Edikt des Jahres 864 mit eben diesem Problem befassen.


Die Last der Abgaben an den Grundherrn nahm ebenfalls seit dem 9. Jahrhundert kontinuierlich ab. Im 12. Jahrhundert waren die Bodenzinsen unbedeutend geworden. Im 13. Jahrhundert hatten sie vielfach sogar nur noch symbolischen Charakter.


Im 12. Jahrhundert zogen sich die Grundherren außerdem zunehmend aus der direkten Bewirtschaftung ihres Landes zurück. Immer häufiger verpachteten sie ihr Land parzelliert an die Bauern. Auch viele Herrenhöfe wurden nun nicht mehr selbst mittels eines Meiers betrieben, sondern verpachtet. Gleichzeitig wandelten die Grundherren die Frondienste in Geldabgaben um. Somit verschwand auch die Leibeigenschaft. Aus Leibeigenen wurden Grundhörige.


Begünstigt wurde diese Entwicklung im 13. Jahrhundert durch die Welle von Stadtgründungen. In den Städten mit ihrer stärker arbeitsteiligen Gesellschaft fanden die Bauern die Märkte, auf denen sie ihre Ernteüberschüsse in bare Münze umwandeln konnten. Nur die Klöster hielten vielfach bis in das 13. Jahrhundert am klassischen System der Grundherrschaft fest.


Trotz allem blieb die Last der Abgaben für die Bauern hoch. Oft lieferten die Äcker als Ertrag nur das 2,5- bis 4-fache der Aussaat. Das bedeutete, dass zwischen 25 % und 40 % der Ernte für die nächste Aussaat zurückgehalten werden musste. Selbst eine vergleichsweise geringe Abgabenlast konnte da schnell einen erheblichen Teil der als Nahrungsmittel nutzbaren Vorräte ausmachen.


Zusätzliche Belastungen durch die Burgherrschaft


Neben der Grundherrschaft entwickelte sich seit dem 10. Jahrhundert vor allem in Frankreich die Burg- bzw. Bannherrschaft. Zum Schutz gegen die Einfälle der Wikinger und der Ungarn – und in Frankreich und Italien auch gegen die Sarazenen – hatten die französischen Könige und die römisch-deutschen Könige und Kaiser vermehrt begonnen, Burgen zu bauen.

Als Gegenleistung für den Schutz verlangten die Burgherren, die sich angesichts eines zunächst vor allem in Frankreich schwachen Königtums rasch von ihren Herren frei machen konnten, von den Bauern in der Umgebung ihrer Burg Abgaben und Frondienste, die consuetudines. Diese waren für alle Bauern gleich, egal ob frei oder unfrei. Dadurch und durch die immer geringer werdenden grundherrschaftlichen Abgaben und Dienste verwischten sich die Grenzen zwischen freien und unfreien Bauern immer mehr.


Neben Abgaben und Frondiensten verlangten die Burgherren auch die Gastung für ihre Leute, also Kost und Logis. Vielfach verhängten sie, ebenso wie die Grundherren, den Mühl- und Backzwang und requirierten Wagen und Gerät. Zudem übten die Burgherren vermehrt die niedere Gerichtsbarkeit aus, die eigentlich bei den Grundherren lag. Voll durchsetzen konnte sich dieses System im Laufe des 12. Jahrhunderts. Burg- und Grundherrschaft waren zwar formal zwei getrennte Herrschaftstitel, lagen aber spätestens seit dem 13. Jahrhundert meist in einer Hand. Die Belastung für die Bauern wurde dadurch jedoch nicht geringer.


Literatur


Gilomen, Hans-Jörg: Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters. München 2014.


Rösener, Werner: Agrarwirtschaft, Agrarverfassung und ländliche Gesellschaft im Mittelalter. Enzyklopädie Deutscher Geschichte Band 13. München 1992.

Kettenhemd mit einer Armbrust beschossen

Am 21.07. sind wir am Rande der 800-Jahr-Feier von Mahlberg im Ortenaukreis Zeugen eines seltenen Ereignisses geworden:  Der Beschuss eines Kettenhemdes mit einer Armbrust.Das Kettenhemd war ein Nachbau eines der wenigen erhaltenen Exemplare aus dem 13. Jahrhundert, die Armbrust hatte ein Zuggewicht von ca. 200 kg. Das Ergebnis: Jeder einzelne der drei verschossenen Bolzen ist einfach so abgeprallt! Wenn mir das jemand vorher gesagt hätte, ich hätte ihm nicht geglaubt.

Das Kettenhemd ist Ring für Ring eine Sonderanfertigung

Das Kettenhemd ist natürlich kein so einfaches Teil wie die, die man allgemein so aus Asien geliefert bekommt (wenn natürlich auch mit vernieteten Ringen) und wie ich auch eines mein Eigen nenne, sondern ist Ring für Ring eine Sonderanfertigung und damit sehr nah am historischen Original dran. Dennoch habe ich bisher immer gedacht, dass so ein Kettenhemd für Geschosse, egal welcher Art, eher ein Haufen Löcher mit ein bisschen Draht drum herum ist. Andreas und Isak haben mit eines Besseren belehrt, danke dafür.

Kein wissenschaftliches Experiment

Wie Arne das in seinem Kommentar zum Video schon schreibt, Ist das natürlich kein wissenschaftliches Experiment. Dafür müsste man vorher den Bolzen wiegen, die Zugkraft der Armbrust exakt bestimmen, die Schussentfernung vermessen, die Geschwindigkeit des Bolzens messen, die Reißfestigkeit der Drahtringe im Kettenhemd und schlussendlich die Aufschlagenergie des Bolzens. Als Unterlage für das Kettenhemd sollte man dann natürlich auch keinen Strohballen, sondern ballistische Gelatine o.ä. verwenden. Aber für einen ersten Eindruck war das schon keine schlechte Sache.

Schutzwirkung des Kettenhemdes sehr hoch

Die Sorglosigkeit, mit der die Ritter damals in die Schlacht gezogen sind, scheint also keine reine Überheblichkeit gewesen zu sein. Die Schutzwirkung eines Kettenhemdes war offenslchtlich tatsächlich sehr hoch. Klar, ein dickes Hämatom oder die eine oder andere gebrochene Rippe dürfte ein solcher Treffer schon nach sich gezogen haben, aber das ist bei einer Pistolenkugel auf einer Schutzweste heute nicht anders.

Fazit (mal wieder): Man kann noch so viele akademische Überlegungen anstellen, aber nur Versuch macht klug.

Mein Rückblick auf das Jahr 2017 – und ein kleiner Ausblick

Mann war das ein Jahr. Viel ist passiert. Wir haben eine Menge bewegen können. Eine ganze Reihe von Veranstaltungen haben wir durchgeführt, Projekte angestoßen und natürlich auch abgeschlossen. Ein Rückblick auf das Jahr 2017 scheint mir daher durchaus angebracht.

Ausstellung 2017: Im Schweiße deines Angesichts

Für mich persönlich war das größte Projekt 2017 die Kuratierung der Ausstellung „Im Schweiße deines Angesichts – Die Geschichte von Schwitzbad und Sauna“ für die Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur. Am 6. Dezember, genau am Tag des 100-jährigen Jubiläums der Unabhängigkeit Finnlands, haben wir die Ausstellung eröffnet. Noch bis zum 18. Februar 2018 wird sie zu sehen sein.

Blick in die Saunaausstellung in Zülpich
Ein Blick in die Ausstellung „Im Schweiße deines Angesichts“ in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur.

Ein dreiviertel Jahr hat mich die Ausstellung in Atem gehalten. Es gab viel zu tun. Mögliche Bilder und Objekte mussten recherchiert und bei den Leihgebern bzw. Rechteinhabern angefragt werden. Und natürlich habe ich das alles dann auch noch in eine publikumsgerechte Form bringen müssen. Für mich war es bereits die zweite Ausstellung, die ich für das Museum in Zülpich betreut habe.

Kelten in Titz und in Bonn

Schon zum zweiten Mal waren wir 2017 beim Tag der Archäologie zu Gast. Die Außenstelle Titz des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege veranstaltet dieses Fest alljährlich im Frühsommer. Auf dem Gelände der Außenstelle ist ein großer keltischer Hof aufgebaut. In dessen Haupthaus haben wir mit Kindern Gemüseeintopf und süßen Brei gekocht. Vor dem Haus haben wir Fibeln gebastelt und die verheerende Wirkung keltischer Waffen demonstriert. Und natürlich hat beinahe ständig einer von uns am Hoftor Wache gehalten – eine wunderbare Gelegenheit für viele tolle Gespräche mit Besuchern. 2018 werden wir wieder dabei sein.

Die rekonstruierte Carnyx im LVR-LandesMuseum Bonn.
Die rekonstruierte Carnyx im LVR-LandesMuseum Bonn. Foto: Beate Marks-Hanßen.

Einen ganz besonderen kleinen Auftritt hatten wir im Sommer 2017 am LVR-Landesmuseum in Bonn. Einige schon seit langem in der Dauerausstellung gezeigte Bronzeobjekte hatten sich bei einer erneuten Untersuchung als Fragmente einer Carnyx herausgestellt. Auf der Basis dieser Bruchstücke hat das Museum ein Replikat anfertigen lassen. Bei der Vorstellung dieses Nachbaus durften wir für die passende Kulisse sorgen.

Römer in Zülpich

Mehrfach war ich auch dieses Jahr wieder in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur unterwegs. Als römischer Senator habe ich großen und kleinen Besuchern im Rahmen öffentlicher Erlebnisführungen Einblicke in die römische Badekultur gegeben – die Angst, ob die eigenen Kleider nach dem Thermenbesuch noch an ihrem Platz liegen werden, inklusive.

Nächstes Jahr wird es für uns dann auch richtig römisch. Die Römerthermen Zülpich feiern ihr zehnjähriges Bestehen als Museum. Für die Jubiläumsfeierlichkeiten organisieren wir am 25. und 26. August 2018 ein Römerfest mit Handwerkern, Legionären, Gladiatorenspielen, einem Triumphzug und jeder Menge weiterer Attraktionen.

Mittelalter rauf und runter

Der Höhepunkt unseres Jahres war natürlich unser Mittelalterfest in Zülpich. Die Vorbereitung dieser Veranstaltung war für mich, neben der Vorbereitung der Sauna-Ausstellung, der dickste Brocken des Jahres 2017. Ohne unser fantastisches Team und das Netzwerk des Deutschen Ritterkonvents wäre das nicht machbar gewesen. Denn ein solches Fest heißt für uns eben nicht nur, ein paar Händler, Mampf- und Saufbuden einzukaufen und dann ein Wochenende lang an der Kasse zu stehen. Bei uns heißt das vielmehr ganz viel Handwerksvorführung – auch von uns selbst. Da war natürlich einiges zu planen und zu organisieren. Und die Stunden, die Kollege Bongartz und ich in der Werkstatt verbracht haben, um Deko für das Gelände sowie Halbzeuge für Täschner, Schildbauer, Sarwürker und Fassmalerin vorzubereiten, sind auch kaum zu zählen.

Unser Mittelaltermarkt in Zülpich aus der Vogelperspektive.
Unser Mittelaltermarkt in Zülpich aus der Vogelperspektive. Foto: Bettina Klein.

Aber nicht nur dort waren wir mittelalterlich unterwegs. Gemeinsam mit dem Deutschen Ritterkonvent haben wir auf dem Ostermarkt auf Kloster Graefenthal in Goch einen nicht unerheblichen Teil des Programms bestritten. Ich selbst habe als Croyeur die tägliche Feldschlacht begleitet und zudem die Modenschau moderiert. Auch 2018 sind wir mit dabei. Leider werde ich persönlich diesen Termin jedoch versäumen müssen – eines der Museen auf unserer Kundenliste war schneller mit der Buchung.

Nicht nur Mittelaltermärkte

Am Wochenende rund um den Internationalen Museumstag im Mai waren wir, wieder zusammen mit dem Deutschen Ritterkonvent, zu Gast auf Burg Nideggen. Auch dort habe ich die Modenschau sowie die Rüstungsschau moderiert. 2018 werden wir über das Pfingstwochenende wieder dort sein.

Klein, aber nicht weniger fein waren meine Auftritte in der Ausstellung „Die Zisterzienser – das Europa der Klöster“ im LVR-Landesmuseum Bonn. Als mittelalterlicher Handwerker habe ich dort mehrfach im Rahmen des Programms „Glühen ist mehr als Wissen“ Besuchergruppen in das Leben im Mittelalter und speziell im Kloster eingeführt – singen des Ave Marias inklusive. Da die Ausstellung nur noch bis Ende Januar zu sehen sein wird, gibt es leider keine weiteren derartigen Einsätze mehr.

Natürlich waren wir 2017 mit unseren Mittelalter-Mitmachprogrammen in Kindergärten und Schulen zu Gast. Und nicht vergessen will ich natürlich auch unser großes Mittelalter-Mitmachfest im Jugendfreizeitheim Bochum-Riemke. Dieses stellen wir in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Stadt Bochum als Höhepunkt des Ferienpass-Programms in den Sommerferien auf die Beine. Na klar, und im Jubiläumsjahr 2018 lassen wir uns noch ein paar Extras einfallen – dann sind wir nämlich schon im zehnten Jahr dort.

Lehrer vor 100 Jahren in Kommern

Weitere Living History-Einsätze hatte ich im LVR-Freilichtmuseum Kommern. Dort bin ich seit dem letzten Jahr im alten Schulhaus immer wieder als Lehrer vor 100 Jahren im Einsatz – Rohrstock inklusive. Der kommt aber natürlich nicht zum Einsatz. Vielmehr lernen die Kinder, Sütterlin auf einer Schiefertafel zu schreiben, mit dem Abakus zu rechnen und das Kaiserlied zu singen. Für Schulklassen und als offenes Angebot in den Ferien biete ich dort außerdem exklusiv den Workshop im Brettchenweben an.

Nicht zu vergessen: der alltägliche „Kleinkram“

Dazu kommen 2017 fast 400 weitere Workshops und ganz normale Führungen Im LVR-LandesMuseum Bonn, in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur, dem LVR-Industriemuseum in Euskirchen-Kuchenheim, dem LVR-Freilichtmuseum Kommern und ganz selten auch noch einmal im Max Ernst-Museum des LVR in Brühl. Ach ja, und nicht zu vergessen wöchentlich je zwei Stunden Unterricht in den Fächern Biologie und Geschichte im FOS-Kurs an der VHS Rheinbach-Voreifel.

So ganz nebenbei wurde vom LVR-Römermuseum in Xanten ein Foto angefragt, das Sabine und mich als fränkisches Paar zeigt. Das Bild ist seit einiger Zeit auch schon in einer Medienstation im LVR-LandesMuseum Bonn zu sehen. Ein Foto einer mittelalterlichen Marktszene wird 2018 in einem Lehrbuch des Klett-Verlages erscheinen. Und ab Februar 2018 wird auch unser Seminarraum in neuem Glanz erstrahlen. Die Renovierungsarbeiten sind in vollem Gange.

Mittelalterfest in Zülpich 2017

Am 01. und 02.07.2017 feiern wir gemeinsam mit dem Zülpicher Geschichtsverein und den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur unser Mittelalterfest in Zülpich 2017 an der Kurkölnischen Landesburg. Samstags eröffnen wir das Fest zur ersten Stunde nach dem Mittag, Ende ist zwei Stunden vor Mitternacht. Am Sonntag beginnt das Fest eine Stunde vor Mittag. Zur sechsten Stunde nach Sonntagmittag schließt das Fest endgültig. Der Eintritt ist frei. Und versprochen: Es wird viel zu sehen geben.

Ganz viel Handwerk

Bildstickerin
Vor den Augen des Publikums entsteht ein gesticktes Bild

Stickerin, Bändchenweberin, Färberin und Stoffdruckerin führen ihr Handwerk vor. Bei der Fassmalerin gibt es Minnekästchen, die vor den Augen des Publikums ihre herrliche Bemalung erhalten. Auch die Buchmalerin und Kalligrafin führt ihre Kunst mit Farbe, Pinsel und Feder vor. Und beim Jäger darf man vielleicht sogar eines seiner Frettchen streicheln. Außerdem mit dabei sind:

  • ein Schreiner
  • ein Drechsler
  • ein Steinmetz
  • ein Gürtler
  • ein Schildbauer

Ihnen allen darf man jede Menge Löcher in den Bauch fragen. Denn sie alle sind Experten für die Geschichte ihres jeweiligen Handwerks.

Mitmachaktionen für Kinder und reichlich Unterhaltung

Beim Täschner können Kinder einen kleinen Lederbeutel bastelnn. Beim Sarwürker dürfen sie aus Bronzedraht eine kleine Fibel herstellen. Wer mag, kann sich bei der Bogen- und Pfeilemacherin eigene Pfeile bauen. Diese dürfen auf der Bogenschießbahn dann auch gleich ausprobiert werden.

Armbrustschiessbude
Unsere Armbrustschießbude – beliebt bei kleinen und großen Besuchern

Für Kinder gibt es aber noch mehr: Eine Armbrustschießbude, Hufeisenwerfen und unser großes Kinder-Ritterturnier. Am Stand des Museums können kleine Ritter – und Ritterinnen – ihren eigenen Wappenschild gestalten. Regelmäßig gibt es bei der Wahrsagerin Märchen. Und allen, die einen Blick in die eigene Zukunft werfen wollen, legt die Weise Frau in den Pausen zwischen den Märchen gerne die Karten.

Portrait Knud Seckel
Für die musikalische Unterhaltung sorgt Knud Seckel.

Für mittelalterlich-musikalische Unterhaltung sorgt Knud Seckel. Auch für die rechte Unterhaltung von Gaumen und Kehle wird reichlich gesorgt sein. Und natürlich muss auch der Marktfrieden aufrechterhalten werden. Sollte also der eine oder andere Handwerker einmal nicht an seinem Stand sein: Er dürfte gerade seiner Pflicht zum Wachdienst nachkommen.

Infos zum Mittelalter

Wer über das Gesehene und Gehörte hinaus dann noch mehr über das Mittelalter erfahren will, wird am Stand der örtlichen Buchhandlung sicherlich fündig werden. Außerdem bieten die Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur am Samstag und am Sonntag jeweils von der vierten bis zur fünften Stunde des Nachmittags eine Führung zum Badewesen im Mittelalter an. Teilnehmen lohnt sich!

Infos zur Geschichte Zülpichs – natürlich auch zum Mittelalter – gibt es in der Geschichtswerkstatt des Zülpicher Geschichtsvereins in der Landesburg. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass unser Mittelalterfest in Zülpich ein tolles Erlebnis für Groß und Klein wird.

Anfahrt und Parkmöglichkeiten

Das Mittelalterfest in Zülpich 2017 findet zu Füßen der kurkölnischen Landesburg aus dem 14. Jahrhundert statt. Auf dem Stadtplan auf der Website der Stadt Zülpich sind die Burg und sämtliche Parkmöglichkeiten eingetragen.

Die Prümer Grundherrschaft in Rheinbach

Past Present Promotions ist im kleinen Städtchen Rheinbach ansässig. Der Ort hat eine lange Geschichte. Schon von weitem kann man die Spitzen der Türme der Rheinbacher Burg und der mittelalterlichen Stadtmauer sehen. Doch Rheinbach ist erst recht spät im Mittelalter zur Stadt geworden. Seine Ursprünge liegen in einem Bauerndorf, genannt „Villa in Reginbach“. Die Benediktiner des Klosters Prüm in der Eifel übten die Grundherrschaft in Rheinbach aus.

Die Grundherrschaft in Rheinbach

Karte mit dem Besitzungen des Klosters Prüm im Mittelalter.
Die Besitzungen des Klosters Prüm im Mittelalter. Nach Bühler et. al. 2004.

Zu den Besitzungen des Klosters Prüm gehörte im 9. Jahrhundert auch Rheinbach am Nordrand der Eifel. Rheinbach war damals noch keine Stadt, noch nicht einmal ein richtiges Dorf, sondern ein lockerer Fronhofverband. Laut Prümer Urbar umfasste Rheinbach 53 Hufen, jede damals in dieser Gegend mit etwa 30 Morgen Land. Dazu kamen 269 ½ Morgen Herrenland. 21 ½ Hufen sind zu Lehen vergeben, ebenso 117 ½ Morgen des Herrenlandes. Außerdem gehörte zur Prümer Grundherrschaft in Rheinbach umfangreicher Besitz an Wiesen und Wald.

Die persönlich freien Bauern in Rheinbach

Die Lage der späteren Stadt innerhalb der Grundherrschaft in Rheinbach.
Die Lage der späteren Stadt innerhalb der Grundherrschaft in Rheinbach.

Der größte Teil der Rheinbacher Bauern und ihrer Familien waren persönlich frei. Sie hatten jeder neben ihrer Hufe 4 ½ Morgen Herrenlandes in eigener Verantwortung zu bestellen und zu diesem Zweck auch zehn Fuhren Mist beizusteuern. Zusätzlich mussten die Familien zweimal im Jahr auf dem sonstigen Herrenland beim Pflügen helfen sowie jeweils im Mai und Dezember die Ernte vom Fronhof nach Prüm bzw. Münstereifel fahren. Zudem hatten sie den Fronhof und die Felder des Herrenlandes einzuzäunen, zweimal jährlich je 15 Nächte Wache auf dem Fronhof zu halten, Botendienst zu leisten und in nicht näher bestimmter Menge Brot zu backen und Bier zu brauen – wobei für die verpflichtende Benutzung des herrschaftlichen Back- bzw. Brauhauses wiederum Gebühren fällig wurden. Zudem waren jedes Jahr ein Schwein im Wert von zwei Schillingen, ein Pfund zu Leinen verarbeiteter Flachs, sechs Denare Bargeld, drei Hühner und zehn Eier fällig. Jeweils abwechselnd mussten außerdem entweder vier Denare oder 100 Schindeln als Gebühr für die Waldnutzung entrichtet werden. (12 Denare machten einen Schilling, 20 Schillinge ein Pfund Silber).

Von diesen Mansen-Inhabern stellten 19 Bauern zusätzlich Pferde, beteiligten sich an der Heu- und Getreideernte, halfen bei der Weinlese, ernteten Flachs und verarbeiteten ihn zu Leinwand. Ungewöhnlich ist für diese 19 Mansen die Verpflichtung, jedes Jahr 30 Blutegel abzuliefern. Unweigerlich entsteht dabei das Bild von Kindern, die bis zu den Knien in den zahlreichen Bächen der Umgebung stehen und nach den Blutsaugern suchen.

Die persönlich unfreien Bauern in Rheinbach

Fünf der Rheinbacher Hufen jedoch waren mansi servilis, ihre Besitzer also unfrei. Sie mussten jeder zwar nur drei Morgen Herrenlandes bestellen, dafür aber drei Tage die Woche zur freien Verfügung des Meiers stehen. Entsprechend der höheren Belastung durch die Fronarbeit waren bei ihnen nur zwei Hühner, fünf Eier sowie Flachs beziehungsweise Leinen in unbestimmter Menge fällig.

Literatur

Klaus Flink: Geschichte der Burg, der Stadt und des Amtes Rheinbach. Rheinisches Archiv 59.

Ulrich Nonn: Gesundes Landleben oder harte Fron? Bäuerliches Leben im Mittelalter. Pax et gaudium 17, S. 6-11.

W. Rösener et.al.: Grundherrschaft. Lexikon des Mittelalters, Sp. 1739-1751.

A. Bühler, U. Dirlmeier, H. Ehrhardt, B. Fuhrmann, W. Hartmann, . Hösch, U. R. Kaufmann u. H. R. Singer: Das Mittelalter. Stuttgart 2004.

Grundherrschaft im Mittelalter

Bei unserer Arbeit sehen wir uns immer wieder mit dem typischen Klischee vom Mittelalter konfrontiert: Ritter in strahlender Rüstung und edle Damen in schönen Kleidern. Gerade im Rahmen von Mittelalterfesten in Kindergärten und Grundschulen arbeiten wir natürlich auch selbst mit diesem Klischee. Denn kleine Kinder kann man damit natürlich am besten für Geschichte begeistern.

Doch die Realität sah im Mittelalter anders aus. Mehr als 90 % der Menschen waren nämlich Bauern. Anders als heute gehörte den meisten Bauern im Mittelalter das Land, das sie bebauten, nicht selbst. Sie lebten in Grundherrschaft. Deren Grundzüge will ich hier einmal zusammenfassen.

Grundherrschaft – Trennung von Eigentum und Arbeit

Dieses moderne Wort – den Begriff der Grundherrschaft gab es im Mittelalter nicht – bezeichnet die im frühen Mittelalter entstandene und über lange Zeit gültige Agrarverfassung. Dabei übte der Eigentümer des Landes die Herrschaft auch über die auf diesem Land lebenden und arbeitenden Menschen aus.

Der Grundherr, der der König, ein Adeliger oder auch eine kirchliche Institution sein konnte, bestellte sein Land nicht selbst. Er bewirtschaftete es vielmehr mithilfe der darauf lebenden Bauern. Diesen überließ der Grundherr ein Stück Land zur Nutzung. Diese abhängigen Bauern, die Grundholden, hatten dafür Naturalabgaben und Arbeitsleistungen abzuliefern. Die Grundholden waren an das Land, auf dem sie lebten, gebunden. Denn ohne Menschen, die es bestellten, war Land nutzlos. Die Freiheit der Grundholden war dadurch eingeschränkt.

Es bestand also ein abgestuftes Recht auf das Land: Der Grundherr hatte das Eigentumsrecht, der Bauer eine Stufe darunter das Nutzungsrecht. Eigentum und Arbeit waren voneinander getrennt. Obwohl die meisten Bauern im Mittelalter in Grundherrschaft lebten, gab es durch das gesamte Mittelalter hindurch auch freie Bauern. Diese bewirtschafteten Land, das ihr Eigentum war.

Zentrum der Grundherrschaft: der Fronhof

In der Regel vergab ein Grundherr nicht sein gesamtes Land an abhängige Bauern. Ein Teil des Landes verblieb als so genanntes Salland beim Fronhof (von althochdeutsch frô = Herr, vergl. Fronleichnam = Körper des Herrn; die weiblich Form heißt frouwa und lebt im neuhochdeutschen „Frau“ weiter). Das Salland bewirtschaftete der Grundherr bzw. sein Verwalter, sein maior domus (Meier) mithilfe von persönlich unfreiem Gesinde, den Leibeigenen. In großen bzw. weit verstreut liegenden Grundherrschaften gab es durchaus auch mehrere Fronhöfe. An vielen Orten haben diese Fronhöfe den Lauf der Zeit als Meiereien überdauert.

Das System der Grundherrschaft aus Herren- bzw. Fronhof, Gesinde und den Bauernhöfen in unterschiedlicher Rechtsstellung.
Das System der Grundherrschaft aus Herren- bzw. Fronhof, Gesinde und den Bauernhöfen in unterschiedlicher Rechtsstellung.

Zu solch einem Fronhof gehörte nicht nur das Wohnhaus des Grundherren bzw. des Meiers. Der Hof umfasste vielmehr zahlreiche weitere Gebäude. Die ergaben sich aus der Funktion des Fronhofes als zentralem Ort innerhalb des Sallandes. Das waren neben Stall und Scheune oftmals auch eine Schmiede, ein Backhaus mit Ofen und eine Wassermühle – falls ein Gewässer am Fronhof vorbei floss – sowie gegebenenfalls weitere Werkstätten. Sogar eine Eigenkirche des Grundherren – so genannt, weil der Grundherr die Kirche selbst hatte bauen lassen und das Recht besaß, den Gemeindepriester nach eigenem Gutdünken einzusetzen – konnte hier stehen. Dadurch glich solch ein Fronhof, der ringsum von einem Zaun umgeben war, schon eher einem Dorf statt einem Bauernhof.

Hufenland für die abhängigen Bauern der Grundherrschaft

Das Salland wurde ergänzt vom Hufen- bzw. Mansenland. Dieses Land vergab der Grundherr an die von ihm abhängigen Bauern zur selbständigen Bewirtschaftung. Die Hufen lagen in der näheren und weiteren Umgebung des Fronhofes verteilt. Eine Hufe war die Menge an Ackerland, die eine Bauernfamilie im Jahr bearbeiten und deren Erträge das Überleben der Familie sichern konnte. Da dies jedoch stark von der Qualität des Bodens abhing, konnte die Größe einer Hufe erheblich variieren.

Grade der Abhängigkeit der Bauern in der Grundherrschaft

Der Grad der Freiheit, den die abhängigen Bauern in der Grundherrschaft genossen, war durchaus unterschiedlich. Unter die Grundherrschaft fielen einerseits die Leibeigenen des Grundherren. Dazu kamen die unfreien Hufenbauern, die auf mansi servilis lebten, die Grundhörigen. Im Laufe des 9. und 10. Jahrhunderts begaben sich andererseits aber auch immer mehr persönlich freie Bauern, meist aus finanzieller Not, in die Abhängigkeit. Dabei behielten sie aber ihre persönliche Freiheit.

Frondienste und Abgaben

Ob ein Bauer persönlich frei oder unfrei war, konnte man noch während des 10. und 11. Jahrhunderts an seinen Verpflichtungen seinem Grundherren gegenüber ablesen. Die persönlich unfreien Bauern einer Grundherrschaft hatten nämlich vor allem Fronarbeit, das servitium, auf dem Salland zu leisten. Das waren in der Regel drei Tage in der Woche, dazu Saisonarbeiten z.B. bei der Aussaat und der Ernte. Ihre Abgabenlast war überschaubar. Persönlich freie Bauern hatten hingegen, bis auf einige wenige Hand- und Spanndienste vor allem als Saisonarbeiten, viel weniger zu fronen. Ihre Abgabenlast, der census oder Zins, war gegenüber der der persönlich unfreien Bauern deutlich höher.

Schutz im Tausch für Abgaben

Die Grundherrschaft ging aber nicht einseitig zu Lasten der Bauern. Der Grundherr hatte vielmehr auch für den militärischen und juristischen Schutz seiner Grundholden zu sorgen. Bei Missernten und in Zeiten des Hungers hatte er zudem die Menschen seiner Grundherrschaft aus seinen eigenen Vorräten zu unterstützen.

Damit konnte das Leben in Grundherrschaft durchaus auch Vorteile haben. Denn ein freier Bauer musste für seinen Schutz und den seiner Familie selber sorgen. Er war war auch rechlich auf sich allein gestellt. Neben wirtschaftlicher Not war das ein weiter Grund, aus dem Bauern freiwillig in die Grundherrschaft eintraten.

Veränderungen in der Grundherrschaft im Laufe des Mittelalters

Die Abgaben lasteten immer auf dem Land, nie auf der Person des Bauern. So lässt sich auch erklären, dass im Laufe des hohen Mittelalters der Zusammenhang zwischen dem Rechtsstatus des einzelnen Bauern und der Art seiner Hufe verloren ging.

Überhaupt gingen im Laufe des hohen Mittelalters die Lasten durch Fronarbeit zugunsten der Abgaben stetig zurück. Diese wurden zudem mehr und mehr in Geldzahlungen umgewandelt. Dies hat sicherlich mit dem Aufstieg der Ministerialität zu tun. Dazu kam die Notwendigkeit, das Salland der Grundherrschaften an immer mehr kleine Lehnsträger zu vergeben. Spätestens gegen Ende des 13. Jahrhunderts waren die meisten Sachabgaben durch Geldzahlungen ersetzt.

Leider vergaßen die Grundherren auch immer öfter, dass sie den von ihnen abhängigen Menschen auch Schutz schuldeten. So wurde der in seinem Ursprung durchaus sinnvolle Gesellschaftsvertrag irgendwann ad absurdum geführt.

Zur Entstehung der Grundherrschaft habe ich einen eigenen Beitrag verfasst.

Literatur

Ulrich Nonn: Gesundes Landleben oder harte Fron? Bäuerliches Leben im Mittelalter. Pax et gaudium 17, S. 6-11.

W. Rösener et.al.: Grundherrschaft. Lexikon des Mittelalters, Sp. 1739-1751.

Die Schlacht von Worringen 1288 und ihre Folgen

In meinem letzten Beitrag habe ich etwas zum Limburger Erbfolgestreit geschrieben. Die Schlacht von Worringen war die direkte Folge und der militärische Abschluss dieser Streitigkeiten. Am Vormittag des 5. Juni 1288 trafen sich die Heere der Kontrahenten auf der Fühlinger Heide, südlich des Ortes Worringen und der dortigen Zollburg, in unmittelbarer Nähe des Rheins.

Herzog Johann I. von Brabant in der Schlacht von Worringen. Das Wappen, in dem der Brabanter und der Limburger Löwe vereint sind, hat jedoch nicht Johann I., sondern erst sein Sohn Johann II. angenommen. Die Miniatur entstand jedoch etwa 20 Jahre nach der Schlacht. Darstellung im Codex Manesse (Cod. Pal. germ. 848, Große Heidelberger Liederhandschrift), Fol. 18r. Wikipedia/Universitätsbibliothek Heidelberg. Gemeinfrei.
Herzog Johann I. von Brabant in der Schlacht von Worringen. Das Wappen, in dem der Brabanter und der Limburger Löwe vereint sind, hat jedoch nicht Johann I., sondern erst sein Sohn Johann II. angenommen. Die Miniatur entstand etwa 20 Jahre nach der Schlacht. Darstellung im Codex Manesse (Cod. Pal. germ. 848, Große Heidelberger Liederhandschrift), Fol. 18r. Wikipedia/Universitätsbibliothek Heidelberg. Gemeinfrei.

Die Aufstellung der Truppen auf Brabanter Seite

So könnte Graf Walram von Jülich ausgesehen haben.
So könnte Graf Walram von Jülich ausgesehen haben.

Auf der einen Seite stand das Bündnis aus Herzog Johann I. von Brabant, Graf Walram von Jülich, Graf Arnold VI. von Looz, Graf Adolf von Berg, Graf Eberhard von der Mark und den Bürgern der Stadt Köln – um nur die wichtigsten zu nennen. Insgesamt dürften auf Brabanter Seite etwa 2.300 Reiter und 2.500 Mann Fußvolk gestanden haben.

Herzog Johann befehligte das Zentrum seiner Truppen. Seinen rechten Flügel führten gemeinsam Graf Adolf von Berg und Graf Arnold von Looz. Zu seiner Linken standen die Reiter der Grafen von Berg und von der Mark. Deren Truppen wurden verstärkt durch die Angehörigen der Kölner Geschlechter. Ganz außen standen die Bergischen Bauern und die Kölner Miliz.

Die Truppen des Erzbischofs von Köln

Ihnen gegenüber standen der Erzbischof von Köln, Graf Adolf von Nassau, Graf Heinrich von Luxemburg und Graf Reinald von Geldern, ebenfalls unterstützt von zahlreichen Verbündeten und Vasallen. Zusammen zählten sie etwa 2.800 Reiter und 1.400 Mann Infanterie.

Das Zentrum befehligte Heinrich von Luxemburg mit seinen Brüdern. Auf dem linken Flügel, gegenüber den Rittern des Grafen von Jülich und des Grafen von Looz, nahm Reinald von Geldern Aufstellung. Siegfried von Westerburg stand auf dem rechten Flügel, gegenüber den Grafen von Berg und von der Mark und vor allem gegenüber den Bürgern seiner Stadt.

Der Beginn der Schlacht von Worringen

Kurz vor Mittag eröffnete Siegfried von Westerburg die Schlacht mit einem Angriff auf die linke Flanke seiner Gegner. Dort standen ja ausgerechnet die von ihm abgefallenen Kölner Bürger und die Bergischen Bauern. Es gelang im, das Fußvolk zu überreiten und zurückzuwerfen, obwohl seine Ritter bei dieser Attacke die alte Römerstraße mit ihren Straßengräben überqueren mussten.

Die Eröffnungsphase der Schlacht von Worringen.
Die Eröffnungsphase der Schlacht von Worringen.

Johann von Brabant sah sich durch diesen Erfolg des Erzbischofs so sehr in Bedrängnis gebracht, dass er seinerseits den erzbischöflichen Flügel angriff. Damit bot er die rechte Flanke seines zentralen Treffens den Truppen Heinrichs von Luxemburg dar. Der hatte bis dahin noch nicht in den Kampf eingegriffen. Nun jedoch beging Siegfried von Westerburg den entscheidenden Fehler. Statt seine Stoßrichtung beizubehalten, schwenkte er auf Herzog Johanns Zentrum. Besser hätte er dem Grafen von Luxemburg die Abwehr von Johanns Gegenangriff überlassen. Denn bei dem scharfen Schwenk nach links und durch die erneute Überquerung der Römerstraße gerieten seine Truppen völlig durcheinander. Dadurch ging ihre gesamte Stoßkraft verloren. Stattdessen öffnete Siegfried seine eigene Flanke den Grafen von Berg und von der Mark.

Danach löste sich die Schlacht schnell in Einzelgefechte auf. Keinem der Heerführer gelang es zunächst, die Reihen der Gegner zu durchbrechen. Die heftigsten Kämpfe tobten im Zentrum zwischen den Treffen des Herzogs von Brabant und des Grafen von Luxemburg. Hier verloren nacheinander Walram von Luxemburg-Ligny, Graf Heinrich von Luxemburg sowie Heinrich von Houffalize, der Bastardbruder Heinrichs, sowie dessen jüngerer Bruder ihr Leben – eine ganze Generation des Luxemburger Grafengeschlechts.

Die Entscheidung

Doch auch die Grafen von Jülich und von Looz und der Graf von Geldern lieferten sich heftige Kämpfe. Dabei erhielt Reinald von Geldern durch einen Streitkolben einen so heftigen Hieb auf den Helm, dass er den Kampf aufgeben musste. Er geriet bei dem Versuch, vom Schlachtfeld zu fliehen, in Gefangenschaft. Ein Teil seiner Truppen zog es vor, das Schlachtfeld zu verlassen. Denn nun waren sie bar der persönlichen Verpflichtung zur Heeresfolge. Sie fanden es lohnender, das Brabanter Lager zu überfallen und zu plündern. Damit war die Schlacht von Worringen quasi entschieden. Dennoch wurde weiter gekämpft.

Die Endphase der Schlacht von Worringen.
Die Endphase der Schlacht von Worringen.

Am frühen Nachmittag hatten es nämlich die Grafen von Berg und von der Mark geschafft, die Bergischen Bauern und die Kölner Milizen wieder zu sammeln. Es gelang ihnen, die Truppen des Kölner Erzbischofs zu umgehen und diesem in die Flanke zu fallen. Die Fußkämpfer fochten, angefeuert durch eine mitreißende Rede des Mönchs Walter Dodde, wie entfesselt. Mit dem Ruf „Hüa, Berge romerijke!“ (Hoch, ruhmreiches Berg!) sollen die Bergischen Bauern ins Gefecht gezogen sein.

Im Kampf machte das Fußvolk dann keinen Unterschied zwischen Freund und Feind. Das lag wohl daran, dass niemand bei ihnen die Wappen der Ritter unterscheiden konnte. Sie schafften es in ihrer Raserei sogar, den schwer verteidigten Fahnenwagen des Erzbischofs zu erobern. Am späten Nachmittag musste sich Siegfried von Westerburg, nachdem sein Bruder Heinrich den Tod gefunden hatte, dem Grafen Adolf von Berg geschlagen geben. Die Schlacht war damit weitgehend beendet.

Nach der Schlacht

Etwa 1.800 Kämpfer verloren während der Schlacht von Worringen ihr Leben oder starben kurz danach an ihren Verletzungen, davon alleine 700 Kölner Bürger. Auch Gerhard Overstolzen, Anführer der Kölner Geschlechter, fand in der Schlacht den Tod. Er war von seinem Pferd abgestiegen, um die Kölner Miliz zu Fuß in den Gegenangriff zu führen. Doch noch bevor die Kölner erneut auf die Reiter Siegfrieds von Westerburg trafen, brach er vor Erschöpfung zusammen. Er starb ohne Kampf.

Friedrich von Moers.
Friedrich von Moers.

Reinald von Geldern erholte sich nie mehr von seiner Kopfverletzung. Er wurde schwermütig und später deswegen sogar entmündigt. Friedrich von Moers, der jüngere Bruder des Grafen Dietrich von Moers, wurde zu seinem Truchsess eingesetzt.

Siegfried von Westerburg verbrachte eine fast einjährige Gefangenschaft auf Schloss Burg an der Wupper. Angeblich soll er die ersten drei Tage und Nächte in voller Rüstung gefesselt auf einem Stuhl verbracht haben. Als Emissäre des Erzstifts Zugang zu ihrem Erzbischof verlangten, soll Graf Adolf nur bemerkt haben, er halte keinen Mann Gottes, sondern nur einen aufmüpfigen Ritter gefangen.

Theoderich II. von Rheinbach
Theoderich II. von Rheinbach

Die Macht der Kölner Erzbischöfe im Rheinland war durch die Niederlage in der Schlacht von Worringen gebrochen. Die Grafen von Jülich, Berg und der Mark wurden zu den bestimmenden Kräften. Noch im selben Jahr verlieh Adolf von Berg dem Ort Düsseldorf das Stadtrecht. Außerdem durfte von nun an für einige hundert Jahre kein Kölner Erzbischof mehr „seine“ Stadt zu Regierungsgeschäften betreten. Zunächst wurde die Godesburg südlich von Bonn, später Bonn selbst, zuletzt Brühl die Residenz der Kölner Erzbischöfe.

Und in einem kleinen, unbedeutenden Weiler erkannte ein Kölner Lehnsmann, dass er ohne seinen Herrn besser dran war. Aber das ist eine andere Geschichte.

Literatur

Schäfke, Werner (Hrsg.): Der Name der Freiheit 1288-1988. Aspekte Kölner Geschichte von Worringen bis heute. Köln 1988.