Am 21.07. sind wir am Rande der 800-Jahr-Feier von Mahlberg im Ortenaukreis Zeugen eines seltenen Ereignisses geworden: Der Beschuss eines Kettenhemdes mit einer Armbrust.Das Kettenhemd war ein Nachbau eines der wenigen erhaltenen Exemplare aus dem 13. Jahrhundert, die Armbrust hatte ein Zuggewicht von ca. 200 kg. Das Ergebnis: Jeder einzelne der drei verschossenen Bolzen ist einfach so abgeprallt! Wenn mir das jemand vorher gesagt hätte, ich hätte ihm nicht geglaubt.
Das Kettenhemd ist Ring für Ring eine Sonderanfertigung
Das Kettenhemd ist natürlich kein so einfaches Teil wie die, die man allgemein so aus Asien geliefert bekommt (wenn natürlich auch mit vernieteten Ringen) und wie ich auch eines mein Eigen nenne, sondern ist Ring für Ring eine Sonderanfertigung und damit sehr nah am historischen Original dran. Dennoch habe ich bisher immer gedacht, dass so ein Kettenhemd für Geschosse, egal welcher Art, eher ein Haufen Löcher mit ein bisschen Draht drum herum ist. Andreas und Isak haben mit eines Besseren belehrt, danke dafür.
Kein wissenschaftliches Experiment
Wie Arne das in seinem Kommentar zum Video schon schreibt, Ist das natürlich kein wissenschaftliches Experiment. Dafür müsste man vorher den Bolzen wiegen, die Zugkraft der Armbrust exakt bestimmen, die Schussentfernung vermessen, die Geschwindigkeit des Bolzens messen, die Reißfestigkeit der Drahtringe im Kettenhemd und schlussendlich die Aufschlagenergie des Bolzens. Als Unterlage für das Kettenhemd sollte man dann natürlich auch keinen Strohballen, sondern ballistische Gelatine o.ä. verwenden. Aber für einen ersten Eindruck war das schon keine schlechte Sache.
Schutzwirkung des Kettenhemdes sehr hoch
Die Sorglosigkeit, mit der die Ritter damals in die Schlacht gezogen sind, scheint also keine reine Überheblichkeit gewesen zu sein. Die Schutzwirkung eines Kettenhemdes war offenslchtlich tatsächlich sehr hoch. Klar, ein dickes Hämatom oder die eine oder andere gebrochene Rippe dürfte ein solcher Treffer schon nach sich gezogen haben, aber das ist bei einer Pistolenkugel auf einer Schutzweste heute nicht anders.
Fazit (mal wieder): Man kann noch so viele akademische Überlegungen anstellen, aber nur Versuch macht klug.
Moin zusammen,
ich hab mir das Video mal angeschaut. Aus meiner Sicht sagt das gar nichts aus. Die Bolzenspitze, die hier verwendet wurde, ist zum Durchbrechen von Kettenhemden überhaupt nicht benutzt worden. Dazu wurden viel längere und dünnere Spitzen genutzt, sogenannte Bodkin-Spitzen, benutzt.
Damit sagt dieser von euch angeführte „Test“ gar nichts aus, außer, daß diese eine Art von Bolzen abprallten. Hier ein Link, der zeigt, daß es auf die Art der Pfeilspitze ankommt, die mit ein und derselben AB geworfen werden -> https://youtu.be/_IRe5wSHCbs Es ergeben sich je nach Art der Pfeilspitze völlig andere Ergebnisse in der Durchdringung von Blech. Das Ergebnis läßt sich auf den Test mit einem Kettenhemd sicher nicht 100% übertragen, aber zeigt auf, daß Eure generelle Aussage: „Schutzwirkung des Kettenhemdes sehr hoch“, schlicht irreführend ist.
Moin zurück,
stimmt schon, der lange, dünne Nadelbodkin ist ein echter Panzerbrecher. Wenn ich mir aber Inventare mit Armbrustbolzen bzw. eindeutig als Spitzen von Armbrustbolzen identifizierte Geschossspitzen anschaue, dann finde ich, soweit ich das im Kopf habe, vor allem recht stumpfkegelige Vierkantspitzen und die im Video von Andreas Bichler verwendeten, blattförmigen zweischneidigen Spitzen. Nadelbodkins werden viel öfter als Pfeilspitzen identifiziert.
Ich kenne auch erhaltene Plattenharnische, die fingerdicke Löcher durch den Beschuss nachweislich mit der Armbrust haben, aber das heißt nicht, dass mittelalterliche Rüstungen per se gegen Pfeil- bzw. Bolzenbeschuss nicht ausreichend gewirkt haben. Es kam mit Sicherheit neben der Spannkraft der Armbrust, der Schussentfernung und dem Aufprallwinkel des Geschosses auch auf die Form der Bolzenspitze an. Die Frage ist nur, ob im Gefecht auf jedem Pfeil/Bolzen auch ein Nadelbodkin war – was ich aufgrund der Fundlage eher bezweifeln möchte.