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Der Hochmeisterschild des Karl von Trier – mein Nachbau

Was macht man als Museumspädagoge und Ausrichter von historischen Themenfesten, wenn letztere nicht stattfinden dürfen und man aufgrund wochenlanger Museumsschließungen und dem anschließenden noch viel länger andauernden Verbot, Führungen durchzuführen, auch ersteren Job nicht machen darf? Sprich: Wenn man jede Menge Zeit hat? Man sucht sich Beschäftigung. In meinem Fall hieß das (nachdem der Garten endlich einmal wieder gründlich auf Vordermann gebracht war), einen lange gehegten Wunschtraum wahr werden zu lassen: Ich habe mich daran gemacht, den Prunk- und Zeremonialschild des Hochmeisters des Deutschen Ordens Karl von Trier – kurz: den Hochmeisterschild – nachzubasteln.

Karl von Trier, Hochmeister des Deutschen Ordens

Karl von Trier war von 1311 bis 1324 Hochmeister des Deutschen Ordens. Er war der einzige mittelalterliche Hochmeister, der aus dem städtischen Bürgertum stammte, aus dem Trierer Schöffengeschlecht von Oeren. Erst sein Vorgänger Siegfried von Feuchtwangen hatte den Sitz des Hochmeisters 1309 von Venedig auf die Marienburg im preußischen Ordensland verlegt. Karl stand nun vor der Aufgabe, von der aggressiven Eroberungspolitik seines Vorgängers – mit den Litauern lag er im Krieg, auch mit Polen gab es Streit und der Bischof von Riga machte beim Papst Stimmung gegen den Orden – zu einer Politik des Verhandelns zu wechseln. Letztere versprach für die Zukunft mehr politische Stabilität.

Seine Bemühungen um Ausgleich führten jedoch zu Streitigkeiten mit den Großgebietigern des Ordens, die die Konflikte militärisch austragen wollten. 1317 setzten ihn die Großgebietiger ab. 1318 wurde er jedoch auf einem Generalkapitel in Erfurt wiedergewählt. Kurz nach seiner Wiederwahl reiste er an den päpstlichen Hof nach Avignon, wo er sich ein Jahr lang recht erfolgreich für die Angelegenheiten des Ordens einsetzte, und im Anschluss wohl auch nach Rom. Auf seiner Reise hatte er aufgrund seiner recht wackeligen Stellung mit Sicherheit einen gesteigerten Bedarf nach Repräsentation. In dieser Zeit dürfte daher der ihm zugeschriebene Hochmeisterschild entstanden sein.

Der Hochmeisterschild Karls von Trier – das Original

Der Hochmeisterschild gehört in eine Gruppe von mittelalterlichen Schilden, die lange Zeit auf Burg Reifenstein bei Sterzing in Südtirol lagerten. Von dort gelangte er als Schenkung der Fürsten von Thurn und Taxis in das Waffenkabinett des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum in Innsbruck, dessen Glanzstück er lange Zeit war. Heute ist er Teil der Sammlung des Zeughauses Innsbruck, das ebenfalls zu den Tiroler Landesmuseen gehört.

Der ovale Schild ist 98,5 cm hoch und an der breitesten Stelle 57,5 cm breit. Seine Form entspricht Schilden, wie sie der dritte Nachtragsmaler auf der Abbildung des Grafen Wernher von Homberg – sein Tod 1320 bei der Belagerung Genuas – die Belagerung ist die in der Miniatur im Codex Manesse abgebildeten Szene – ist der terminus post quem für die Anfertigung der Miniatur – auf Folio 43v des Codex Manesse als Ausrüstung der italienischen Infanterie dargestellt hat. Ganz ähnliche Schilde sind auch auf mehreren Fresken in der Burg Sabbionara bei Avio im Trentino zu sehen, die ebenfalls auf etwa 1320 datiert werden. Tatsächlich werden solche Mandelschilde mit gekapptem unterem Ende „italienischer Typ“ genannt.

Die Bauweise des Hochmeisterschildes

Der Hochmeisterschild besteht aus vier Brettern aus Fichten-/Tannenholz. Seine Dicke beträgt insgesamt ca. 15 mm. Er ist nur recht flach gewölbt. Die beiden Seiten sind jedoch stark nach hinten weggebogen. Der Schild ist beidseitig mit Pergament/Rohhaut belegt. Darauf ist ein Gipsgrund aufgetragen – typisch für italienische Tafelmalereien. Der Schild zeigt innerhalb der Umschrift „CLIPPEVS CVM GALEA MAGISTRI ORDINIS FRATRVM THEVTVNICORVM“ das Vollwappen des Hochmeisters des Deutschen Ordens, also den dreieckigen Reiterschild mit Topfhelm und Helmzier. Der Dreieckschild weist die-Form mit leicht eingezogenen oberen Ecken auf, wie sie typisch ist für die Darstellung im Codex Manesse. Das Vollwappen ist von einem dichten roten Rankenwerk auf gelbem Untergrund umgeben. Auf der Rückseite ist der Schild mit vier schwarzen Doppellinien und zahlreichen roten Tupfen bemalt.

Der Zustand des Schildes ist recht bedauerlich. Nicht nur, dass sich im Laufe der Zeit die Mittelfuge geöffnet und damit auch der Pergamentüberzug einen langen Riss bekommen hat, auch ist an zahlreichen Stellen die Farbe vollständig abgeblättert. Vor allem im unteren Drittel ist von der Bemalung der Vorderseite kaum etwas erhalten. Eine umfangreiche Restaurierung in den letzten Jahren hat daran wenig ändern können.

Mein Nachbau

Ich liebäugele schon seit einer halben Ewigkeit mit dem Gedanken, den Hochmeisterschild Karls von Trier nachzubauen. Denn der Deutsche Orden ist schon seit langem einer der Interessensschwerpunkte von Past Present Promotions. Es waren aber ständig irgendwelche anderen Projekte dringender. Die Corona-Krise hat mir dann die Zeit verschafft, mich endlich auch an dieses Projekt zu wagen.

Mein Hochmeisterschild
Mein Nachbau des Hochmeisterschildes des Karl von Trier. Foto: Christian Peitz.

Ein wirkliches Replikat, also ein dem Original in Material und Bauart exakt folgender Nachbau, kam für mich von Anfang an nicht in Frage. Meine Schilde bestehen alle aus Pappelsperrholz, 3 Lagen je 3 mm, mit gleichmäßiger Wölbung auf einer Biegeform gebogen und verleimt. Auch für die äußere Form habe ich eine meiner Standard-Schablonen verwendet: 100 cm hoch und 60 cm breit (vor dem Biegen versteht sich). Die Innenseite ist, ebenfalls vom Original abweichend, mit Leinwand und nicht mit Rohhaut belegt. Letztere habe ich nur auf die Außenseite gezogen.

Innen und außen habe ich Kreidegrund aufgebracht. Darauf folgte eine Bemalung mit handelsüblichen Abtönfarben. Das Gold der Kreuze des Hochmeisterwappens und das Silber des Helms ist Flüssigmetall eines französischen Herstellers. Zum Schutz der Oberfläche, quasi als Firnis, habe ich dann alles noch zweimal mit Hartwachsöl, einer Parkettversiegelung, gestrichen.

Als Grundlage für meine Arbeit hat mir ein recht hoch aufgelöstes Foto gedient, dass ich dankenswerter Weise vom Zeughaus Innsbruck erhalten habe. Leider war aber auch darauf das Rankenwerk so schlecht zu erkennen, dass das bei mir weitgehend der Fantasie entsprungen ist. Nur hier und da habe ich ein paar schemenhafte Details erkennen können. Insgesamt weicht meine Bemalung an zahlreichen Stellen von der Vorlage ab. Das liegt vor allem daran, dass mein Schild minimal abweichende Maße hat und längst nicht so schief ist wie das Original. Auch bei der Bemalung selbst habe ich manch schiefe Stelle begradigt. Ich glaube aber, dass der Gesamteindruck ganz gut rüber kommt – und darauf kommt es mir an.

Zwischendurch habe ich mich immer wieder gefragt, was ich da eigentlich mache. Nach etwa 70 Stunden Arbeit und dem Einsatz von gut 100 € Material ist der Hochmeisterschild nun endlich fertig. In Zukunft wird der Hochmeisterschild eines der Highlights unseres Deutschordens-Displays sein.

Literatur

Lattanzi, Stella et al.: Ein Hochmeisterschild des Deutschen Ordens um 1320. Konservierung und Restaurierung von Holztafelgemälden – Erfahrungen aus der Praxis. Beiträge zur gleichnamigen Fachtagung vom 8. bis 10. Mai 2015 in Dresden, Bonn 2019, S. 106-114.

Graf Trapp, Oswald: Deutschordensschilde aus Reifenstein. In: Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (Hrsg.), Bd. 20/25.Innsbruck 1940/45, S. 27–53.

Mein Rückblick auf die Jahre 2018 und 2019

Wow, in den letzten beiden Jahren hat sich bei uns so viel getan. So war Ende 2018 für eine Zusammenfassung des Jahres gar keine Zeit. Daher will ich nun einen Rückblick auf die Jahre 2018 und 2019 wagen.

Frühjahr 2018 – wir renovieren

2018 begann ebenso arbeitsreich, wie 2017 aufgehört hatte. Denn „zwischen den Jahren“ haben wir einen Teil unserer Räumlichkeiten renoviert. Eigentlich sollte der Seminarraum – der auch einen Teil unserer Literatur und die Kostüme beherbergt – dann im Februar fertig für die weitere Nutzung sein. Aber das Möbelhaus hat uns dann einen Strich durch die Rechnung gemacht. Letztendlich wurde es dann Mitte des Jahres, bis alles soweit eingerichtet war. Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen, wie wir glauben. In diesem Raum kann man guten Gewissens wieder Gäste empfangen.

Die Nordwands unseres Seminarraums
Die Ecke zwischen Nord- und Westwand unseres Seminarraums mit dem großen Bücherregal und den Vitrinen für Keramik und Kleinkram zu Kelten, Römern, Germanen, dem Früh-, Hoch- und Spätmittelalter sowie den Stangenwaffen.
Die Westseite unseres Seminarraums.
Die Westwand unseres Seminarraums: Schilde, Schuhschrank, Bücherregal – lange wird der Platz nicht reichen.
Ein Projekt für zwei Jahre: Der Kastenhof Landau – das Museum für Steinzeit und Gegenwart

Schon im November 2017 bin ich selbst in ein neues Langzeitprojekt eingestiegen. In Landau an der Isar galt es, das bisherige Niederbayerische Archäologiemuseum auf neue, moderne Füße zu stellen. Als fünftes Mitglied eines Teams aus Archäologen und Museumspädagogen habe ich die nächsten zwei Jahre an diesem Projekt gearbeitet. Was sich hier in ein paar Sätzen liest, war ein riesen Haufen Arbeit, aber es hat sich wirklich gelohnt. Ende Oktober 2019 konnten wir dieses Projekt als Kastenhof Landau – Museum für Steinzeit und Gegenwart abschließen und die neue Ausstellung der Öffentlichkeit übergeben. Besucher und Medien sind begeistert vom neuen Museum – und der Bürgermeister ist es auch.

Kleine und nicht ganz so kleine Veranstaltungen 2018 und 2019

Sowohl 2018 als auch 2019 haben wir wieder an den „Mittelalter erleben“-Tagen auf Burg Nideggen teilgenommen. Unter der Federführung des Deutschen Ritterkonvents haben wir dort unsere Zelte aufgebaut. Mir selbst oblag dabei wieder der Moderation der täglichen Moden- und Rüstungsschauen.

2018 waren wir mit vier Darstellerinnen und Darstellern auch wieder beim „Tag der Archäologie“ in der Außenstelle Titz des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege zu Gast. Wie schon in den Jahren zuvor haben wir die Häuser des keltischen Hofes mit Leben gefüllt, mit Kindern geschnippelt und gekocht und den Besuchern Kleidung und Bewaffnung der Kelten erklärt. Seitdem findet die Veranstaltung nicht mehr jedes Jahr statt, sondern immer im Wechsel mit dem Stiftshoffest der Außenstelle Nideggen. Dort war ich dann tatsächlich auch 2019 als römischer Lederhandwerker zu Gast und habe mit den jugendlichen Besuchern Lederbeutelchen hergestellt.

Im Juli 2018 waren wir dann mit einer kleinen Abordnung bei der 800-Jahr-Feier in Mahlberg in Baden-Württemberg zugegen. Dort galt es, den Hofstaat Friedrichs II. darzustellen. Ich selbst habe – wie könnte es auch anders sein – als Seneschall die Moderation des Hoftages übernommen.

Eine feste Veranstaltung in unserem Kalender war dann, sowohl 2018 als auch 2019, wieder das Kinderfest im Jugendfreizeitheim in Bochum-Riemke. Leider wird dieses tolle Fest, das Jahr für Jahr mehrere hundert Kinder – und oft auch deren Eltern – begeistert hat, in den nächsten Jahren pausieren müssen. Größere Umbaumaßnahmen auf dem Gelände werden in den nächsten beiden Jahren eine solche Veranstaltung nicht mehr zulassen.

August 2018: Unser erstes Römerfest

Im August 2018 hatten wir dann eine Premiere: Wir haben unser erstes Römerfest organisiert. Die Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur hatten 10-jähriges Jubiläum. Da wir 2017 das Mittelalterfest für den Zülpicher Geschichtsverein erfolgreich organisiert hatten, hatte das Museum bei uns angefragt, ob wir eine solche Veranstaltung auch mit Römern können. Nun, die Strukturen sind in der Römerszene etwas anders als im neudeutschen Marktmittelalter, aber unsere eigene Ausrüstung war ja schon da und mit ein bisschen Recherche – klar, können wir. Legionäre, Gladiatoren, Musiker und Handwerker aus der Germania inferior waren zahlreich anwesend, dazu die letzten Reste der Kelten  und ein paar germanische Föderaten. Damit war die Saison 2018 für uns – bis auf ein bisschen Kleinkram – auch schon beendet.

Past Present Promotions als Kelten und ein Germane 2018 in Zülpich.
Ein Rhein-Weser-Germane, zwei Kelten und eine Keltin – Christian, David, Oliver und Stefanie auf unserem Römerfest 2018 in Zülpich.
Mai 2019: Zu Gast im LVR-LandesMuseum Bonn

Die Outdoor-Saison begann dann für uns wieder im Mai 2019. Wir waren zu Gast im LVR-LandesMuseum Bonn. Ein kleiner mittelalterlicher Handwerkermarkt sollte es sein anlässlich des Familientages im Rahmenprogramm der Familien-Mitmachausstellung „Ritter und Burgen“. Im Skulpturenhof des Museums waren Bronzegießer, Färberin, Schuster, Täschner und Schildbauer zugegen und haben nicht nur ihr Handwerk vorgeführt, sondern sich auch jede Menge Löcher in den Bauch fragen lassen. Für unseren Ritter auf dem Vorplatz galt natürlich dasselbe.

David als Johann von Haiger
David als Johann von Haiger auf dem Vorplatz des LVR-LandesMuseums Bonn. Foto: Frauke Brückner, LVR-Museumksverbund.
Christian als mittelalterlicher Täschner.
Christian als Täschner und Gürtler. Foto: Frauke Brückner, LVR-Museumsverbund.
Juni 2019: Das Brandenburgfest – leider zum letzten Mal

Im Juni waren wir – allerdings nicht vollzählig – auf der Brandenburg auf der thüringischen Seite im Werratal. Eine Woche lang mittelalterlich die Seele baumeln lassen hieß es für die meisten Aktiven dort – außer natürlich für das tolle Orgateam vom Brandenburgverein. Doch am letzten Tag, für den ich mich extra auf die Autobahn gemacht hatte, galt das nicht. Es wurde nämlich am abschließenden Sonntag ein Turnier abgehalten, und das braucht Reiter, Turnierhelfer – und einen Herold. Und da kamen wir ins Spiel. Leider wird es diese wunderbare Veranstaltung dort in Zukunft nicht mehr geben.

September 2019: Unser mittelalterlicher Handwerkermarkt auf Burg Nideggen

So wie das Römerfest in Zülpich unser Höhepunkt 2018 war, so war der Höhepunkt in 2019 unser mittelalterlicher Handwerkermarkt auf Burg Nideggen. Im Oktober konnte das Burgenmuseum Nideggen seinen 40sten Geburtstag feiern. Aus diesem Anlass hat die Museumsleiterin Luzia Schlösser nicht nur eine neue Ausstellung zur Keramik der Region Raeren-Langerwehe neu eröffnet, sondern uns auch mit der Organisation eben jenes Mittelaltermarktes betraut.

Der mittelalterliche Schreiner
Unter den kundigen Händen des Tischlers entsteht ein Stuhlbein. Foto: Doris Bison.

Na ja, und wenn schon eine solche Veranstaltung auf die Beine stellen, dann eben auch richtig. Klar, so wirklich groß war das Gelände nicht – wir hatten hauptsächlich die Fläche des Palas zur Verfügung (der aber immerhin der größte Palas des Rheinlandes war) – aber dafür konnten wir wie bei uns üblich wieder tolle Handwerker zusammen trommeln, die ihr Handwerk auch fast alle auf dem Markt vorgeführt haben. Und so sind auf dem Markt unter anderem bedruckte Stoffe, Messerscheiden, Gürtel und Gürteltaschen, Schilde, Steinskulpturen, jede Menge Töpferwaren (na klar, bei dem Anlass) und, mein persönliches Highlight, stückchenweise ein wunderbarer Hocker komplett aus einem rohen Stück Baumstamm entstanden.

Das Myhlsteyn-Duo.
Das Myhlsteyn-Duo spielt den Besuchern beim Mittelalterfest auf Burg Nideggen auf. Foto: Conny Meyer.

Klar, Musik gab es auch. Immer wieder hat das Myhlsteyn-Duo für Besucher aufgespielt. Für das leibliche Wohl hat das Burgrestaurant gesorgt. Damit dürfte das der erste Mittelaltermarkt gewesen sein, dessen Caterer einen Stern im Guide Michelin hat! Und da bei so wunderbar unterhaltenen Besuchern niemand schlechte Laune hatte, hatte die Burgwache eine ruhige Zeit. Einen hübschen kleinen Film von unserer Veranstaltung hat Stefan Grates bei Youtube eingestellt.

Museen, Museen, Museen – und die VHS

Ich selbst war natürlich auch wieder reichlich an verschiedenen Museen unterwegs. Mehr als 370 Einsätze waren es 2018, 330 waren es 2019. Darunter waren auch eine ganze Reihe von Einsätzen als Ritter in der Ausstellung „Ritter & Burgen“ am LVR-LandesMuseum Bonn und noch mehr Unterrichtsstunden als Lehrer zur Kaiserzeit im LVR-Freilichtmuseum Kommern. 2019 waren es weniger Einsätze, da ich seit September wieder in Festanstellung bin: In Teilzeit als pädagogischer Mitarbeiter bei einem freien Träger der offenen Jugendarbeit. Ach ja, und natürlich unterrichte ich auch immer noch 4 Stunden in der Woche Biologie und Geschichte an einer Abendschule.

Ein neuer Partner

Im September haben wir uns auch Verstärkung geholt. David Blum, mit dem wir schon lange beim Deutschen Ritterkonvent aktiv sind, ist bei uns eingestiegen. Mit ihm haben wir endlich einen Kaufmann und IT-Spezialisten im Team. Er wird uns in Zukunft bei der Kundenakquise, beim Marketing und bei unserem Webauftritt helfen. Wie auch Oliver, Norman und ich hat auch er noch einen „richtigen“ Job.

2020 – Zeit zum Luftholen

Insgesamt waren es zwei mehr als ausgefüllte Jahre. 2020 ist ein bisschen weniger Action geplant. Größere Veranstaltungen stehen nicht an. Das bedeutet, dass wir uns voll in die Planung für 2021 und die folgenden Jahre stürzen, die Ausrüstung auf Vordermann bringen, endlich mal ein paar noch ungelesene Fachbücher durcharbeiten und eventuell ja auch ein paar mehr Artikel schreiben können.

Na klar sind wir 2020 wieder auf Burg Nideggen: Am 16. und 17.05. bauen wir dort unsere Zelte auf. Wir werden natürlich auch wieder als Kelten beim Tag der Archäologie in Titz am 20.06.2020 dabei sein. Am Tag darauf bin ich dann auch schon wieder als mittelalterlicher Baderchirurg auf dem mittelalterlichen Familientag in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur zu sehen – Gänsehaut garantiert! Am 05. und 06.09. sind wir dann mit einer kleinen Abordnung in Simmerath-Eicherscheid und geben uns auf der dortigen 650-Jahr-Feier die Ehre.

Was sonst noch kommt? Wissen wir selbst noch nicht. Aber wir werden es euch wissen lassen. Garantiert.

Mittelalterfest in Zülpich 2017

Am 01. und 02.07.2017 feiern wir gemeinsam mit dem Zülpicher Geschichtsverein und den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur unser Mittelalterfest in Zülpich 2017 an der Kurkölnischen Landesburg. Samstags eröffnen wir das Fest zur ersten Stunde nach dem Mittag, Ende ist zwei Stunden vor Mitternacht. Am Sonntag beginnt das Fest eine Stunde vor Mittag. Zur sechsten Stunde nach Sonntagmittag schließt das Fest endgültig. Der Eintritt ist frei. Und versprochen: Es wird viel zu sehen geben.

Ganz viel Handwerk
Bildstickerin
Vor den Augen des Publikums entsteht ein gesticktes Bild

Stickerin, Bändchenweberin, Färberin und Stoffdruckerin führen ihr Handwerk vor. Bei der Fassmalerin gibt es Minnekästchen, die vor den Augen des Publikums ihre herrliche Bemalung erhalten. Auch die Buchmalerin und Kalligrafin führt ihre Kunst mit Farbe, Pinsel und Feder vor. Und beim Jäger darf man vielleicht sogar eines seiner Frettchen streicheln. Außerdem mit dabei sind:

  • ein Schreiner
  • ein Drechsler
  • ein Steinmetz
  • ein Gürtler
  • ein Schildbauer

Ihnen allen darf man jede Menge Löcher in den Bauch fragen. Denn sie alle sind Experten für die Geschichte ihres jeweiligen Handwerks.

Mitmachaktionen für Kinder und reichlich Unterhaltung

Beim Täschner können Kinder einen kleinen Lederbeutel bastelnn. Beim Sarwürker dürfen sie aus Bronzedraht eine kleine Fibel herstellen. Wer mag, kann sich bei der Bogen- und Pfeilemacherin eigene Pfeile bauen. Diese dürfen auf der Bogenschießbahn dann auch gleich ausprobiert werden.

Armbrustschiessbude
Unsere Armbrustschießbude – beliebt bei kleinen und großen Besuchern

Für Kinder gibt es aber noch mehr: Eine Armbrustschießbude, Hufeisenwerfen und unser großes Kinder-Ritterturnier. Am Stand des Museums können kleine Ritter – und Ritterinnen – ihren eigenen Wappenschild gestalten. Regelmäßig gibt es bei der Wahrsagerin Märchen. Und allen, die einen Blick in die eigene Zukunft werfen wollen, legt die Weise Frau in den Pausen zwischen den Märchen gerne die Karten.

Portrait Knud Seckel
Für die musikalische Unterhaltung sorgt Knud Seckel.

Für mittelalterlich-musikalische Unterhaltung sorgt Knud Seckel. Auch für die rechte Unterhaltung von Gaumen und Kehle wird reichlich gesorgt sein. Und natürlich muss auch der Marktfrieden aufrechterhalten werden. Sollte also der eine oder andere Handwerker einmal nicht an seinem Stand sein: Er dürfte gerade seiner Pflicht zum Wachdienst nachkommen.

Infos zum Mittelalter

Wer über das Gesehene und Gehörte hinaus dann noch mehr über das Mittelalter erfahren will, wird am Stand der örtlichen Buchhandlung sicherlich fündig werden. Außerdem bieten die Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur am Samstag und am Sonntag jeweils von der vierten bis zur fünften Stunde des Nachmittags eine Führung zum Badewesen im Mittelalter an. Teilnehmen lohnt sich!

Infos zur Geschichte Zülpichs – natürlich auch zum Mittelalter – gibt es in der Geschichtswerkstatt des Zülpicher Geschichtsvereins in der Landesburg. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass unser Mittelalterfest in Zülpich ein tolles Erlebnis für Groß und Klein wird.

Anfahrt und Parkmöglichkeiten

Das Mittelalterfest in Zülpich 2017 findet zu Füßen der kurkölnischen Landesburg aus dem 14. Jahrhundert statt. Auf dem Stadtplan auf der Website der Stadt Zülpich sind die Burg und sämtliche Parkmöglichkeiten eingetragen.

Standorte für städtische Handwerker im Mittelalter

Eines unserer Standbeine ist die Organisation historischer, vor allem mittelalterlicher Handwerkermärkte. Da liegt es nahe, sich mit dem Thema Handwerk im Mittelalter ein bisschen näher zu beschäftigen. Denn Straßennamen wie Löhergasse, Tuchgaden, Töpferhof, wie zum Beispiel in Frankfurt am Main, geben zwar in vielen mittelalterlichen Altstädten Hinweise auf die Standorte für städtische Handwerker im Mittelalter. Aber haben hier wirklich diejenigen gewohnt, deren Berufsbezeichnung auf dem Straßenschild steht? Ich bin dem einmal nachgegangen.

Archäologen und Historiker untersuchen die früheren Standorte städtischen Handwerks

Ob städtische Handwerker wirklich in den Straßen gelebt und gearbeitet haben, die den Namen ihres Handwerks tragen, hängt vor allem davon ab, um welches Handwerk es sich handelt. Aber auch, für welche Stadt und für welche Zeit diese Frage gestellt wird. Oft lässt sich jedoch keine befriedigende Antwort finden. Das liegt an den beschränkten methodischen Möglichkeiten.

Archäologen suchen nach Hinterlassenschaften der Handwerker im Boden. Bei denjenigen Berufen, die mit festen Ein- oder Aufbauten gearbeitet haben, geht das sehr gut. Solche Handwerker sind zum Beispiel Gerber mit ihren Gruben oder Töpfer und Bäcker mit ihren Öfen. Mit Einschränkungen können auch Werkzeuge oder Produktionsabfälle genutzt werden, die im Boden erhalten wurden. Doch muss der Archäologe hier immer mit erheblichen Verlagerungen rechnen.

Mindestens zwei Drittel aller Handwerker, die in einer Stadt gearbeitet haben, sind archäologisch allerdings überhaupt nicht fassbar. Dennoch können Archäologen wichtige Beiträge zur Gewerbesituation einer Stadt leisten. Vor allem, wenn schriftliche Zeugnisse fehlen, ist ihre Arbeit gefragt.

Quellen des Historikers sind hingegen insbesondere die Steuerlisten, die in jeder Stadt auch schon im Mittelalter geführt wurden, die so genannten „Schoßregister“. Leider sind in den Listen nur die Namen der Steuerpflichtigen verzeichnet. Außerdem setzt die Überlieferung dieser Dokumente erst recht spät im Mittelalter ein und ist ziemlich lückenhaft.

Nur in einigen wenigen Fällen sind ältere Listen erhalten. So beispielsweise in Köln für das Kirchspiel St. Kolumba. Hier ist die Kirchensteuerliste aus dem Jahr 1286 überliefert. Diese Liste macht deutlich, wie wenig aussagekräftig mitunter die Straßennamen für das städtische Gefüge sind.

Straßenplan des Kirchenspiels St. Kolumba in Köln mit den nachweisbaren Standorten der Handwerker im Jahr 1286.
Straßenplan des Kirchenspiels St. Kolumba in Köln mit den nachweisbaren Standorten der Handwerker im Jahr 1286.
Schmiede – nicht immer da, wo sie sein sollten

Als Beispiel können hier die Schmiede dienen. Denn weder in der Kölner Streitzeug- noch in der Schwertnergasse war im Jahr 1286 auch nur ein einziger Waffen- oder Rüstungsschmied ansässig. Diese konzentrierten sich vor allem im Bereich der Hohe Straße. Kein Wunder, denn die Kölner Schmiede gehörten nicht zu den armen Leuten und die Hohe Straße war Teil von Kölns „guter Stube“.

Arme Leute wiederum waren schon eher in der Streitzeuggasse anzutreffen. Die einzigen beiden Handwerker unter ihnen, die überhaupt etwas mit der Metallverarbeitung zu schaffen hatten, waren zwei Kesselschläger.

In Basel waren die Verhältnisse ganz ähnlich. Hier sind in den Schoßregistern des Jahres 1453/54 in der Eisengasse nur ein Messerschmied und ein Schwertfeger aufgeführt, dafür aber 16 Schuster!

Gerbergassen – Stinker am Stadtrand

Ganz anders sieht die Situation bei den Gerbern aus. Ob nun am Rotgerberbach wie in Köln oder in der Löhergasse – unter Lohe versteht man gehäckselte Eichen- oder Fichtenrinde, die große Mengen des für die Rotgerbung nötigen Gerbstoffes Tannin enthält – wie in Frankfurt: Dort haben mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich überwiegend Gerber gelebt oder zumindest gearbeitet. Denn um aus rohen Häuten Leder zu machen, benötigt der Gerber große Mengen an Wasser. Daher haben die Gerber ihre Werkstätten stets an einem Gewässer betrieben.

Karte der Altstadt von Frankfurt/M.
Karte der Altstadt von Frankfurt/M.

Außerdem haben mittelalterliche Gerbereien erbärmlich gestunken. Im Laufe der Zeit wurden daher die Gerberwerkstätten durch städtische Verordnungen immer stärker in eigenen Vierteln konzentriert. So auch in Villingen: Hier lagen die Gerbereien zumeist in der – wie der Name schon vermuten lässt – Gerberstraße. Die Lage am Stadtrand und direkt an einem Arm des Stadtbachsystems, kurz bevor die stinkende Brühe die Stadt verließ, ist typisch für dieses Handwerk.

Villingen im späten Mittelalter mit den nachgewiesenen Standorten von Gerbereien.
Villingen im späten Mittelalter mit den nachgewiesenen Standorten von Gerbereien.

Mancherorts mussten die Gerber zumindest mit ihren Werkstätten sogar vor die Stadt ausweichen. So verfügte der Rat der Stadt Bern im Jahr 1326 die Ansiedlung der Gerber im Gerbergraben, und das sogar unter Androhung der Zwangsumsiedlung.

Der Stadtplan des mittelalterlichen Höxter im späten Mittelalter mit den nachweisbaren Gewerben.
Der Stadtplan von Höxter im späten Mittelalter mit den nachweisbaren Gewerben.

In Höxter durften die Gerber zwar in der Stadt wohnen bleiben. 1514 erlegte ihnen der Stadtrat jedoch auf, ihre Häute nur noch außerhalb der Stadt zu reinigen. Sie sollten so die städtischen Gewässer nicht so verschmutzen. Ganz aus der Stadt konnte man die Gerber nicht weisen. Denn sie gehörten in Höxter zu den wohlhabenderen und damit auch einflussreicheren Bürgern.

Feuer, Lärm und Gestank – unbeliebte Nachbarn

Nicht nur die Gerber wurden häufig an den Stadtrand oder in die Vorstädte gedrängt. All diejenigen Berufe, die mit einer mehr oder weniger intensiven Geruchsentwicklung einhergingen, waren in vielen Städten ungern gesehen. Aber auch solche, zu deren Ausübung ein Feuer unterhalten werden musste, wurden vielfach aus dem Stadtzentrum verbannt. Auch wenn man ihrer Dienste dringend bedurfte:

In Siegen wurden die Gerber und Metzger wegen des Gestankes in einer Straße zusammengezogen. Die Schmiede, Schlosser und Fallenschläger konzentrierte man hingegen wegen des Lärms und der Feuergefahr in einem eigenen Straßenzug.

In Frankfurt/Main wies 1403 der Rat der Stadt die Fassbinder und Böttcher darauf hin, dass für sie Wohnpflicht in der Bendergasse bestehe. Offensichtlich war diese Verordnung aber auch 100 Jahre nach ihrem Inkrafttreten ohne nennenswerten Erfolg geblieben.

Bischof Johann II. von Würzburg verfügte in der Polizeiordnung von 1424/26, dass Kesselschläger und Töpfer zwar in der Stadt wohnen und hier auch ihre Erzeugnisse verkaufen durften. Ihre Werkstätten aber mussten sie in den Vorstädten betreiben. Diese Handwerker gingen daraufhin in der Pleichachvorstadt ihrer Arbeit nach.

Der Rat der Stadt Basel verbannte nach dem Stadtbrand im Jahr 1427 die Bäcker, Töpfer und Glockengießer aus der Stadt, da diese in ihren Werkstätten Feuer unterhielten. In Lübeck mussten sich 1477 alle Kerzenmacher dorch stankes willen und auch wegen der Brandgefahr vor dem Holstentor niederlassen. In Straßburg wurden im 15. Jahrhundert erstaunlicherweise die Bäcker zur Vermeidung von Gestank aus der Stadt gewiesen. Die Liste ließe sich beinahe endlos fortsetzen.

Ein weiteres Mittel, mit dem sowohl der Stadtrat als auch einzelne Grundstücksbesitzer Einfluss auf die Verteilung der verschiedenen Gewerbe ausüben konnten, waren Berufsverbote für einzelne Grundstücke. In Köln bestanden solche Verbote für Metzger, Gerber, Färber, Hutmacher, Schmiede und solche Berufe, die Schmelzöfen betrieben.

Umgekehrt war die Vergabe einer Gewerbelizenz oft an bestimmte Grundstücke gebunden. Zu den betroffenen Gewerben gehörten die Schmiede, die Bäcker, die Töpfer und die Brauer. Verordnungen der Zünfte spielten bei der Verteilung der verschiedenen Berufe in der Stadt hingegen keine Rolle.

Ausnutzung von Standortvorteilen durch städtische Handwerker

Die Gerber waren nicht die Einzigen, deren Berufsausübung an bestimmte räumliche Voraussetzungen geknüpft war. In vielen Städten waren sie immer wieder an ähnlichen Standorten zu finden. So haben sich Seiler meist am Stadtrand in der Nähe der Mauer niedergelassen. Denn hier konnten sie am besten die langen Reeperbahnen errichten. Hufschmiede unterhielten ihre Werkstätten oft verkehrsgünstig an den Torstraßen.

All diejenigen Handwerker, die den alltäglichen Bedarf der Bewohner deckten, wie Bäcker, Schuhmacher und Schneider, waren meist gleichmäßig über die Stadt verteilt. Doch auch hier gab es Ausnahmen. So saßen die Kieler Schuhmacher fast alle in der Haßstraße und „Bei der Mauer“. Die Goslarer Bäcker konzentrierten sich an der Bäckerstraße.

Der Stadtplan von Göttingen im späten Mittelalter mit den nachweisbaren Standorten für städtische Handwerker.
Der Stadtplan von Göttingen im späten Mittelalter mit den nachweisbaren Standorten für städtische Handwerker.

Bei den Metzgern war die Streulage, so sie nicht ohnehin aufgrund einer Verordnung in die Vorstädte abgedrängt wurden, ebenfalls der Normalzustand. Doch es gab gerade bei den Angehörigen dieses Berufes viele Ausnahmen. Die Lübecker Metzger konzentrierten sich in der Nähe des Schlachthauses.

In Göttingen konzentrierten sich die Metzger im Nicolai-Viertel und in Hamburg am nördlichen Stadtrand zwischen dem Schlachthof und den Fleischschrangen – den Verkaufsständen. Gründe für diese Konzentrationen sind wohl überwiegend wirtschaftlicher und weniger rechtlicher Natur. Der Bezug von Rohstoffen und Produktionsmitteln dürfte dafür Anlass gewesen sein.

Immer ein wenig außen vor – die Töpfer

Städtische Handwerker, die meist freiwillig am Stadtrand, in den Vorstädten oder gar ganz außerhalb der Städte lebten und arbeiteten, waren unter anderen die Töpfer. Überhaupt war das Töpferhandwerk traditionell eher auf dem Land angesiedelt, weswegen die Töpfer nur langsam den Weg in die Städte fanden. Denn dort war die Versorgung mit Ton, Holz und Wasser, den Rohstoffen für das Töpferhandwerk, ungleich schwieriger als außerhalb der Mauern.

Reine Töpfervorstädte sind zum Beispiel aus Mayen bekannt, wo die Töpfer zwar in Sichtweite der Genovevaburg, aber von dieser durch einen Graben getrennt lebten. In Siegburg lagen die Werkstätten der Töpfer an der Aulgasse (Aul/Ul = Topf),  nördlich der Stadt. Viele Siegburger Töpfer hatten ihre Wohnhäuser jedoch innerhalb der Stadtmauern. In Regensburg waren die Töpfer in der Prebrunn- (Brennbrunn-) Siedlung ansässig. Mit dem Prebrunntor hatte die Töpfersiedlung auch einen eigenen Zugang zur Stadt.

Starker Stoff – die Weber

Die Situation der Wollweber stellt sich in den einzelnen Städten sehr unterschiedlich dar. Das liegt daran, dass in einigen Städten sehr feine Wolltuche hergestellt wurden, die zu einem großen Teil in den Export gingen. Die Wollweber gehörten hier zu den reicheren Leuten. Daher wohnten sie auch eher in den teureren Lagen im Stadtzentrum. In den Städten, in denen Tuche vor allem für den lokalen Markt erzeugt wurden, wohnten die Wollweber über die Stadt verstreut.

Gänzlich abweichend war die Wohnsituation der Wollweber in Hildesheim, Braunschweig, Göttingen und Würzburg. Hier lebten die Tuchmacher in den Vorstädten. Das lag aber nicht an ihrer sozial schwachen Stellung, sondern daran, dass hier – in Hildesheim und Braunschweig belegt, in Göttingen und Würzburg zumindest sehr wahrscheinlich – flandrische Weber angeworben und in eigens für sie errichteten Vorstädten untergebracht wurden.

Viel schlechter als den Wollwebern ging es den Leinewebern. Im Spätmittelalter zählten sie in manchen Regionen gar zu den unehrlichen Leuten. Der Grund dafür war unter anderem, dass sie wegen des reichlichen Abfalls, der auf dem Weg vom Flachsstängel zum fertigen Leinen anfällt, weniger Fertigprodukte auslieferten, als sie vorher Rohstoff erhalten hatten. Den Verdacht, unterwegs ein wenig davon in die eigene Tasche abzuzweigen, wurden sie nicht los. Da sie es mit ihrer Arbeit nicht zu Wohlstand bringen konnten, wohnten sie in den ärmeren Gegenden am Stadtrand.

Sehr gefragt – die Bäcker

Die Bäcker gehörten zu den für die örtliche Versorgung unbedingt nötigen Handwerkern. Entsprechend waren ihre Wohn- und Arbeitsstätten meist recht gleichmäßig in der Stadt verstreut. In manchen Städten, so auch in Göttingen, siedelten sich ein paar mehr Bäcker am Marktplatz an. Auch in Höxter lebten zwischen 1482 und 1517 die meisten der 14 in den Schoßregistern nachweisbaren Bäcker in der Nähe des alten und des neuen Marktes sowie verkehrsgünstig an der Westerbeke, dem Strang des Hellweges durch die Stadt.

Mancherorts waren besonders Eckgrundstücke bei Bäckern beliebt. Auch hier war wohl wieder die gute Erreichbarkeit für die Kunden ausschlaggebend. Ein in Höxter ergrabener Backofen aus dem 15. Jahrhundert lag ebenfalls in einem Eckhaus, doch ist es verwunderlich, dass dieses Grundstück keinem der in der fraglichen Zeit in Höxter urkundlich erwähnten Bäcker zugeordnet werden kann.

Literatur

H. Jansen, G. Ritter, D. Wiktorin, E. Gohrbandt u. G. Weiss: Der historische Atlas Köln. Köln 2003.

Landesdenkmalamt Baden-Württemberg/Stadt Zürich (Hrsg.): Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch. Stuttgart 1992.

H. Rüthing: Höxter um 1500. Paderborn 1986.

H. Steenweg: Göttingen um 1400. Göttingen 1990.