Archiv der Kategorie: Living History

Unser Rückblick auf 2021 bis 2023

Im letzten Rückblick vom Januar 2021 war ich noch ausgesprochen hoffnungsvoll, was die Zukunft anging. Klar, nach dem Corona-Lockdown konnte es ja nur bergauf gehen. Unser Rückblick auf 2021 bis 2023 fällt trotzdem eher durchwachsen aus. Schuld daran waren die Klimaerwärmung und deren Auswirkungen auf unser Wetter.

Ein Auftrag quasi backstage im Museum

Im Frühjahr 2021 lief tatsächlich noch nichts. Es kam dann aber doch noch ein größerer Auftrag quasi backstage im Museum um die Ecke. Vom September 2021 bis zum November 2022 lief in verschiedenen Museen in NRW die archäologische Landesausstellung „Roms fließende Grenzen“. Wir hatten von der NRW-Stiftung den Auftrag erhalten, die Texte für ein Kinderheft zu den Ausstellungen zu verfassen. Rechtzeitig zur Eröffnung der ersten Ausstellung sollte das Heft fertig werden. 10 Wochen vom ersten Projektgespräch bis zur Abgabe. Das war sportlich. Wir haben es dennoch geschafft – und das Heft hat reißenden Absatz gefunden.

Hochwasser

Dann aber kam der 14. Juli 2021 – und damit das Hochwasser. Von unserem Räumen hat man einen wunderbaren Ausblick auf den Stiefelsbach, ein Rinnsal, das jeden Sommer für ein paar Wochen trocken fällt. Vom Haus bis zum Bach sind es keine 20 m. Die haben nicht ausgereicht, um das Wasser daran zu hindern, uns zu besuchen – zudem die Brühe nicht nur von hinten vom Bach, sondern irgendwann auch von vorne über die Straße kam.

Da sich unsere Firmenräume auf Keller und Erdgeschosse in zwei benachbarten Gebäuden verteilen, war das Ergebnis nicht nur im Rückblick nicht lustig. Die Werkstatt und ein Teil des Materiallagers standen bis zur Brust, weitere Teile des Lagers und der Bibliothek bis zum Knie unter Wasser. Etwa 65 % der Werkzeugmaschinen, 25 % der Kostüme und Lagerausrüstung sowie 10 % der Bücher waren Opfer von Wasser und Schlamm geworden. Weiteren Schaden konnten wir verhindern, indem wir bei noch steigendem Hochwasser Bücher und Ausrüstung aus den unteren Regalböden nach oben geräumt haben. Der Strom war da längst ausgefallen.

Beseitigung des Chaos

Die nächsten Wochen haben wir dann fulltime mit der Beseitigung des Chaos verbracht. Dem Himmel sei Dank waren wenigstens Ferien und wir hatten Urlaub – auch wenn die geplanten Urlaubsreisen alle buchstäblich ins Wasser gefallen sind. Danach mussten die Sanierungsarbeiten mit geringerem Tempo weitergehen, denn es riefen ja wieder unsere Jobs.

Da natürlich alle Wände feucht waren, mussten Ausweichräume für das Lager gefunden und bezogen werden. Fast ein Jahr lang hat es gedauert, bis die Feuchtigkeit aus unseren Räumen raus war. Erst danach konnten wir damit beginnen, neu zu verputzen und zu streichen. Als das endlich erledigt war, konnten wir daran gehen, Werkzeugmaschinen, Regale, Ausrüstung, Kostüme und zumindest einen Teil der zerstörten Bücher zu ersetzen. Veranstaltungen konnten wir in dieser Zeit also weitgehend vergessen. Die Werkstatt ist bis jetzt noch nicht wieder voll in Funktion.

Nochmal Römer für die NRW-Stiftung

Aufgrund des durchschlagenden Erfolgs des Kinderheftes kam dann im Sommer 2022 der Folgeauftrag. Gerade war der Niedergermanische Limes in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten aufgenommen worden. Erneut erteilte uns die NRW-Stiftung den Auftrag über die Texte für eine Publikation für acht- bis zwölfjährige Kinder. Es sollte ein Entdeckerbuch zu ausgewählten Bodendenkmälern am Niedergermanischen Limes werden.

Wie auch schon beim Vorgängerprojekt hat Oliver Hartmann die Zeichnungen der Ankerfigur, des Eichhörnchens Nicki Nuss, erstellt. Die Agentur Cyrano führte dann Texte, die von uns recherchierten und ausgewählten Fotos und die Zeichnungen wieder zu einem einheitlichen Produkt zusammen. Es war ein Monsterprojekt, das uns über ein Jahr in Atem gehalten hat. Immerhin machen wir von Past Present Promotions den Job inzwischen alle nur noch im Nebenberuf. Wir warten noch auf die endgültige Freigabe durch den Limesbeauftragten am LVR-Amt für Bodendenkmalpflege, dann kann das Buch in Druck gehen.

Themenführungen für MiQua in Köln

Beinahe parallel erhielten wir den Auftrag über Themenrundgänge für das LVR – Jüdisches Museum im archäologischen Quartier (MiQua) in Köln. Um die noch mehrere Jahre dauernde Verzögerung bei der Eröffnung zu überbrücken, beauftragte uns das Museum mit der Konzeption von drei Führungen mit Hands-on-Objekten. Die Rundgänge sollten durch das archäologische Quartier gehen und die Themen „Archäologie im Quartier“, „Alltag und Kindheit“ und „Zusammenleben der Religionen“ abdecken. Dazu kamen digitalem Material zur Nachbereitung und eine Einführung zur Mode des römischen Reiches und des Mittelalters für die Mitarbeiter des Museums. Im Frühjahr 2023 konnten wir das Projekt abschließen.

Doch noch eine Veranstaltung

Ende August hatten wir dann doch noch eine eigene Veranstaltung. Denn unser Heimatstädtchen Rheinbach wurde vor 725 Jahren zum ersten Mal als „oppidum“, also als Stadt bezeichnet. Das hat der Verein von Freunden des Stadtarchivs zum Anlass genommen, ein Stadtfest zu initiieren. Wir haben in dessen Auftrag die Belebung der Kemenate des Bergfriedes der Rheinbacher Burg organisiert, die Waffen- und Rüstungsschau, diverse Handwerksvorführungen, ein Kindermitmachprogramm und den Darsteller des Kölner Erzbischofs für die „Podiumsdiskussion“ zwischen eben jenem geistlichen Würdenträger, dem Ritter von Rheinbach und dem Abt des Klosters Prüm.

Neue militärische Ausrüstung für den ersten Weltkrieg

Neben dem Ersatz für durch die Flut beschädigte Ausstattung haben wir auch in einen neues Darstellungsthema investiert. Zivile Bekleidung für den Zeitraum um 1900 haben wir bereits im Fundus.

Unser MG-Trupp
Unser MG-Trupp – vorn 1914/15, in der Mitte 1916/17.

Diese haben wir durch neue militärische Ausrüstung für den ersten Weltkrieg ergänzt. Wir können nun auch als (allerdings leider nicht vollständige) Besatzung eines MG08 eines Bataillons des preußischen Landsturms auftreten.

Planung für 2024

Inzwischen ist die Saison 2023 beendet. Jetzt geht es mit der Beseitigung der letzten Hochwasserschäden weiter. Außerdem läuft die Planung für 2024. Noch ist überhaupt nichts fest. Die ersten Angebote sind aber natürlich in Arbeit und auch die Recherchen für weitere Publikationen laufen auf Hochtouren.

Unsere Projekte 2020

Auf unsere Projekte 2020 zurück zu blicken ist einerseits nicht einfach. Denn viele Veranstaltungen, die wir vorhatten, konnten nicht stattfinden, viele Museen, für die wir normalerweise tätig sind, hatten die meiste Zeit des Jahres geschlossen. Andererseits haben sich viele Chancen ergeben. Wir hatten Zeit, uns lange auf Eis liegenden Projekten zu widmen und ganz neue Dinge in Angriff zu nehmen. Und ein bisschen hat auch das Glück geholfen. Hier ist er also: mein Jahresrückblick auf das Jahr 2020.

Keine großen Projekte 2020

Wie ich schon in meinem letzten Jahresrückblick erwähnt hatte, umfassten unsere Projekte 2020 keine selbst organisierten größeren Veranstaltungen. Doch auch die Events, an denen wir unter der Orga Dritter hätten teilnehmen wollen, sind ins Wasser gefallen, so das „Mittelalter erleben“-Wochenende rund um den Internationalen Museumstag auf Burg Nideggen, das Stauferfest in Gelnhausen oder das Kulturmeilenfest in Saarbrücken. Auf den Tag der Archäologie in der Außenstelle Titz des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege hatten wir uns schon besonders gefreut. Ein kleines persönliches Highlight hätte mein Auftritt als mittelalterlicher Baderchirurg in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur werden sollen. Aber: All das hat nicht sollen sein.

Museen geschlossen

Auch Museumsführungen und Workshops haben nur sehr eingeschränkt stattgefunden – was natürlich immer noch gilt, solange der Lockdown anhält. Denn fünf Monate lang waren 2020 alle Museen geschlossen – und das sind sie immer noch. Manches Museum schickt uns zumindest mit einem Teil seiner Angebote in die Schulen. Andere Häuser haben in Internet-Technik investiert und bieten Video-Führungen und –Workshops an. Aber in viel zu vielen Museen gibt es immer noch kein W-LAN in den Ausstellungsräumen!

In der Zeit von Juni bis Oktober hatten zwar viele Museen wieder geöffnet, die Hygienekonzepte haben aber vielfach keine Einsätze für Gruppen zugelassen. Für uns freie Mitarbeiter galt und gilt viel zu oft: Wir müssen leider draußen bleiben. Da kommt man sich schon mal wie ein Hund vor …

Um mich richtig zu verstehen: Ich bin ein großer Befürworter der Einschränkungen des öffentlichen Lebens, um die Infektionszahlen wieder in den Griff zu bekommen. Es hat sich in der Corona-Krise nur leider gezeigt, dass es Städte, Kreise und kommunale Verbände als Träger von Museen sogar noch in der Krise einfach verpennt haben, den Bereich Bildung und Vermittlung an ihren Häusern irgendwie zukunftsfähig zu machen. Museumspädagogik soll zwar vielfältig, spannend, zielgruppengerecht, inklusiv, integrativ und super professionell sein, darf aber natürlich möglichst kein Geld kosten …

Projekt abgeschlossen: der Wilde Westen

Statt also für gute Arbeit gutes Geld zu verdienen, haben wir verstärkt Geld ausgegeben. Denn wir haben uns um Projekte gekümmert, die in unterschiedlichen Stadien schon länger auf ihre Fortführung gewartet haben. Eines davon war die Perfektionierung unserer Ausstattung zur 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, speziell des „Wilden Westens“. Nach umfangreichen Recherchen und der Zusammenstellung von Kleidung und Bewaffnung haben wir das Projekt im Spätherbst zur Einsatzreife bringen können.

Projekte fast abgeschlossen: Sezessionskrieg und US-Kriegsberichterstatter des WWII
Oliver in der Uniform eines Infanteristen der US-Army im Sezessionskrieg
Oliver in der Uniform eines Infanteristen der US-Army im Sezessionskrieg. Foto: Stefanie Peitz.

Noch nicht ganz abgeschlossen, aber sehr weit fortgeschritten ist das Projekt rund um den amerikanischen Bürgerkrieg. Sowohl Unionstruppen als auch Konföderierte sind in unserem Portfolio enthalten. Für das Frühjahr planen wir eine Fotostrecke.

Die könnten wir schon fast mit unserem zweiten Projekt umsetzen: Kriegsberichterstatter der US-Armee im Zweiten Weltkrieg. Ein bisschen was an Kameratechnik fehlt noch und auf die Uniformen müssen noch die Aufnäher, aber dann kann es losgehen. Auch dazu bald mehr.

Ein Projekt, das lange auf Eis lag: „Deutscher Orden um 1300“

Ein Projekt, das schon lange in einem, nun sagen wir einmal halbherzigen Stadium vor sich hindümpelte, war der Deutsche Orden um 1300. Ein paar Ausrüstungsstücke waren vorhanden, stammten aber größtenteils noch aus einer Frühphase unserer Tätigkeit und entsprechen somit teilweise nicht mehr unseren Standards. Nach umfangreichen Recherchen ging es also zunächst einmal in die Werkstatt, um Schilde zu bauen. Heraus kamen ein „normaler“ Reiterschild und der Zeremonialschild des Hochmeisters Karl von Trier. Zwei Paar Ailetten sind in Arbeit. Das Thema Kleidung wartet noch auf die letzten Stoff-Lieferungen. Unterwäsche und Rüstungen sind in guter Qualität ja schon vorhanden.

Der Glücksfall

Kurz vor der Jahresmitte rief dann eine Kollegin aus dem Archäologischen Museum in Frankfurt/Main an. Ob ich mir vorstellen könne, für eine Ausstellung zum Thema „Menschwerdung“ interaktive Stationen zu entwerfen. Natürlich konnte ich. Für mich ist das Projekt inzwischen weitgehend abgeschlossen, auch wenn die Ausstellung erst ab Mai gezeigt werden soll. Das Honorar aus dem Job hat nicht nur dafür gesorgt, dass ich viele staatliche Hilfsprogramme nicht in Anspruch nehmen musste, sondern hat auch viele der erwähnten Investitionen erst möglich gemacht.

Mit Schwung und Elan in das Jahr 2021

Fazit: Wir arbeiten daran, dass 2021 wieder mehr historische Veranstaltungen aller Epochen stattfinden und die Museen auf unser erweitertes Angebot kräftig zugreifen werden. Bis dahin: Bleibt gesund und vielleicht sehen wir uns …

Der Wilde Westen

Die nördlichen Black Hills, Dakota-Territorium, 1876 – der Wilde Westen: Im Tal des Whitewood Creek, wegen der vielen dort stehenden toten Bäume „Deadwood Gulch“ genannt, wird ein Goldsucher fündig. Zwei Jahre zuvor hatte eine Expedition unter Colonel George Armstrong Custer weiter in Süden der Black Hills Gold gefunden.

Deadwood

1868 war das Gebiet eigentlich im Vertrag von Fort Laramie den Lakota-Sioux zugesprochen worden, denen das Land heilig ist. Das interessierte nach dem Goldfund außer den Indianern aber niemanden mehr. Daher zogen schon bald aus allen Richtungen Goldsucher in die Black Hills. Im Whitewood Creek fanden die Schürfer besonders viele Nuggets. Ein Zeltlager schoss aus dem Boden, das schnell zur Stadt wurde: Deadwood.

Neben Goldsuchern zog es Kneipenwirte, Zuhälter, Puffmütter und Prostituierte, Glücksspieler und andere Abenteurer, aber auch viele Kaufleute nach Deadwood. Unter diesen Glücksrittern waren auch unsere beiden Freunde Oliver und Christian. Oliver hatte im Osten Geld mit Immobilien gemacht und suchte hier nach neuen Möglichkeiten. Christian hatte schon früher erfolgreich nach Bodenschätzen gesucht und wollte sein Wissen auch hier gewinnbringend anwenden.

Gesetze gab es in Deadwood nicht und auch niemanden, der sie hätte durchsetzen können. Klar, die Siedlung lag im Indianerland, gehörte weder zu einem US-Bundesstaat noch zu einem US-Territorium. Daher war Gewalt an der Tagesordnung. Und so mussten auch unsere beiden Freunde immer wieder einmal zu den Waffen greifen, um ihr Recht, ihren Besitz und ihr Leben zu verteidigen …

So könnte sie angefangen haben, die Geschichte, für die wir uns schick gemacht haben. Von der Idee, unsere Aktivitäten auch in das ausgehende 19. Jahrhundert zu erweitern, bis zur Umsetzung hat es eine Zeit gedauert. Jetzt aber sind wir auch im Wilden Westen „bühnenreif“. Ganz wichtig: Jeans und Stiefel mit silberbeschlagenen Spitzen sucht man in unserer Ausrüstung vergebens.

Die Herrenmode im Wilden Westen

Vielmehr war die Mode im Wilden Westen, so wie die Mode der gesamten westlichen Welt, damals stark von der französischen Mode beeinflusst. Während sich die Damenmode recht schnell wandelte, änderte sich zwischen 1865 und 1890 in der Herrenmode nur wenig.

Hemden
Oliver und Christian im Wilden Westen
Oliver trägt sein Hemd ohne Kragen, während Christian einen runden Kent-Kragen trägt. Foto: Stefanie Peitz.

Die Hemden waren oft Schlupfhemden, hatten also keine durchgehende Knopfleiste. Zur formellen Kleidung gehörte natürlich ein weißes Hemd. Braune oder graue Streifen setzten modische Akzente. Traditionell war ein hoher, steifer Kragen mit Kläppchen („Vatermörder“) angesagt. Doch auch der umgeklappte Kent-Kragen mit abgerundeten Ecken hatte seinen Weg in die formelle Herrenmode gefunden. Oliver trägt das Hemd jedoch ohne den hohen Kragen. Das war möglich, weil der Kragen oft separat angeknöpft wurde und so zum Waschen öfter getauscht werden konnte.

Christian ruht sich von der Arbeit aus.
Christian im Kaliko-Hemd mit Blümchenmuster. Foto: Stefanie Peitz.

Bei der Arbeit waren Hemden aus robusten, glatten Baumwollstoffen beliebt. „Kalikos“ heißen diese Stoffe. Im Wort „Kaliko“ steckt der Name der Stadt Kalkutta. Tatsächlich stammten diese Stoffe ursprünglich aus Indien, wurden im 19. Jahrhundert aber zu einem verbreiteten Industrieprodukt, zunächst in England und Frankreich, dann auch in den USA. Kaliko-Stoffe wurden gerne bedruckt. Beliebt waren z.B. Muster aus kleinen Blümchen. Christian trägt ein solches Hemd zu Arbeit.

Krawatten und Halstücher

Eine gerne auch farbige Krawatte, ein Plastron oder eine Schleife aus Seide rundeten das Hemd am Kragen ab. In der Folge des Sezessionskrieges wurde es bei der arbeitenden Bevölkerung üblich, sich ein großes Taschentuch um den Hals zu binden. Dies saugte einerseits den Schweiß auf. Andererseits konnte es, über Mund und Nase gezogen, auch das Einatmen von Staub verhindern – ein nicht zu unterschätzender Vorteil auf dem Viehtrieb!

Der Rock

Klassisch trug „Mann“ in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts den etwa knielangen Gehrock. Die formellere Variante war zweireihig. Alltagstauglicher war die einreihige Variante. Diese konnte auch offen getragen werden. So war der Blick frei auf die Weste – und man musste nicht jedes Mal seine Waffe(n) ablegen, wenn man den Rock auszog. Praktischer waren jedoch kürzere Röcke, für die sich unsere beiden Freunde entschieden haben. Was den Rock vom Sakko unterscheidet: Der Rock hat immer eine horizontale Taillennaht.

Oliver und Christian in Gehröcken
Oliver und Christian in ihren schwarzen Gehröcken. Foto: Stefanie Peitz.

Wolle, meist in Form von robusten, gewalkten und gerauten Streichgarn-Tuchen (Wollflanell), seltener die glatten Kammgarn-Tuche, war das Material der Wahl. Speziell bei den weniger formellen Varianten durfte es aber auch der bequemere und doch strapazierfähige Baumwoll-Drillich sein. Die Farben waren gedeckt: schwarz und grau. Modischer und daher weniger formell waren braun, dunkelblau und dunkelrot.

Hosen

Die Hosen hatten einen hohen Bund, der etwa bis zum Bauchnabel reichte. Gehalten wurden sie von Hosenträgern. Denn: Schlaufen für einen Gürtel gab es bei diesen Hosen in der Regel nicht! Die Hose war oft, aber nicht immer aus demselben Stoff gefertigt wie der Rock – wenn es formell sein sollte, mit feinen Streifen, weniger formell mit Karos. Denim, also Jeansstoff, fand erst ab den 1870er Jahren Verbreitung. Modische Hosen hatten recht eng geschnittene Beine. Sollten die Hosen aber über den Stiefeln getragen werden, waren die Beine gerade geschnitten.

Das Gilet

Nicht fehlen durfte die Weste, das Gilet. Mal war sie als Teil des dreiteiligen Anzugs aus demselben Stoff wie Hose und Rock gefertigt. Gerne setzte der Träger mit ihr aber auch einen modischen Akzent. Die teuren gemusterten Seidenwesten konnten sich unsere beiden Freunde jedoch nicht leisten. Mal einreihig wie bei Christian, mal zweireihig geknöpft wie bei Oliver – ohne die Weste ging „Mann“ nicht aus dem Haus.

Schuhe und Stiefel

Zum Anzug gehören Schuhe. In den Städten des Ostens, wo mit befestigten Wegen und Straßen zu rechnen war, durften es Halbschuhe sein. In den Städtchen entlang der „Frontier“ jedoch trug man knöchelhohe Schuhe. Deswegen tragen Oliver und Christian Schuhe, wie sie seit 1850 auch die Infanterie nutzte, Brogans oder – nach dem Kriegsminister, der diese Schuhe einführte – Jeff Davis Boots genannt. Erstmals seit dem 17. Jahrhundert waren Schuhe und Stiefel wieder als linker und rechter Schuh gefertigt.

Christians Kavallerie-Stiefel sind auch bei der Arbeit praktisch.
Christians Kavallerie-Stiefel sind auch bei der Arbeit praktisch. Foto: Stefanie Peitz.

Stiefel mit hohem Schaft waren im Wilden Westen allgegenwärtig. Der klassische Cowboystiefel hatte jedoch keine Spitze, sondern schloss vorne gerade ab. Das Vorbild waren Kavallerie-Stiefel. Christian trägt ein Paar zur Arbeit, aber hin und wieder auch zum Anzug.

Hüte

Zum Bild des Wilden Westen gehört der Cowboyhut. Breitkrempig, mit hoher Krone, um dem Kopf Luft zu lassen, stammte er ursprünglich aus Mexiko. In den 1850er Jahren fand dieser Hut seinen Weg nach Texas, Arizona und New Mexiko. Im Zuge der großen Viehtrecks eroberte dieser Hut den gesamten Westen. Oliver trägt ein fast mustergültiges Modell.

Christian im Wild-West-Outfit.
Christian trägt hier einen modischen Hut mit Conchas. Foto: Sabine Peitz.

Doch die Hutmode war vielfältig. Die Krone mal offen, mal eingekniffen, mal flach, die Krempe mal schmaler, mal breiter, an den Rändern aufgebogen oder flach – alles war möglich. Christian trägt eine solche Alternative bei der Arbeit. Einer der beliebtesten Hüte war jedoch auch im Wilden Westen der Bowler, die Melone, wie Christian ihn gerne zum Anzug trägt.

Waffen, die den Westen erobert haben

Oliver und Christian führen Waffen-Modelle, die im Wilden Westen weit verbreitet waren. Alle können sie mit Fug und Recht den Titel „Waffen, die den Westen erobert haben“ tragen. Wir nutzen hauptsächlich CO2-Nachbauten in den Kalibern 4,5 mm Diabolo oder 6 mm BB bzw. Schreckschusswaffen im Kaliber 9 mm Knall. Denn das ermöglicht uns die Präsentation einer Vielfalt von Modellen, für die man ansonsten eine Sammler-Waffenbesitzkarte benötigen würde.

Die Gewehre im Wilden Westen
Die Unterhebelrepetierer von Winchester

Was wäre der Wilde Westen ohne die Gewehre von Winchester? Basierend auf dem Unterhebelrepetierer von Henry aus dem Jahr 1860 entwickelte Winchester das verbesserte Modell 1866, erneut im Kaliber .44 Henry – einer Randfeuerpatrone. Deren Nachfolge wiederum trat die Winchester ’73 im Kaliber .44-40 WCF (Winchester Central Fire) an. Unsterblich wurde diese Waffe durch den ihren Namen tragenden Film aus dem Jahr 1950 mit James Steward.

Christian repetiert seine Winchester.
Christian repetiert seine Winchester. Foto: Stefanie Peitz.

Oliver trägt einen Nachbau einer Winchester ’73 im Kaliber 4,5 mm. Christian hingegen führt einen Winchester ’94-Nachbau im Kaliber 6 mm BB. Zwar ist die etwas zu jung für unseren Darstellungszeitraum, birgt aber den Vorteil, mit Patronen geladen zu werden. Wir halten diesen Kompromiss für vertretbar. Immerhin sehen sich beide Waffen so ähnlich, dass z. B. auch Hollywood immer wieder auf dieses Modell zurückgegriffen hat.

Die Gewehre von Sharps

Beinahe ebenso wichtig wie die Winchester war die Sharps. Im Sezessionskrieg war der Sharps-Karabiner sowohl bei der US- wie auch bei der konföderierten Kavallerie weit verbreitet. In der langen Version ist das Sharps-Gewehr berühmt geworden als die Waffe des 1. US-Scharfschützen-Regiment, „Berdan‘s Sharpshooters“. Ab 1874 war der ursprünglich mit Perkussionszündung versehene Hinterlader für Metallpatronen erhältlich. Sharps Gewehre und Karabiner waren mit ihrer starken Munition als sehr treffsicher bekannt. Oliver führt eine solche Waffe neben seiner Winchester.

Schrotflinten

Nicht vergessen werden soll natürlich auch die doppelläufige Schrotflinte. Für den Farmer war die Flinte eine Waffe zur Jagd auf Kleintiere und Vögel. Im Westen spielten Schrotflinten aber auch eine wichtige Rolle als Waffe der Wachleute auf den Überlandkutschen. Wells Fargo hatte seine Fahrer und Wachleute mit Flinten mit gekürzten Läufen ausgestattet. „Riding Shotgun“ ist bis heute in den USA ein Begriff für das Fahren auf dem Beifahrersitz.

Ältere Modelle waren oft noch Vorderlader. Hinterlader mit ihrem typischen Knicklauf waren zunächst ebenfalls mit außenliegenden Hähnen ausgerüstet. 1875 wurde das erste Patent für ein Flintenschloss mit innen liegenden Hähnen erteilt. Dieses System verbreitete sich schnell. Christian führt eine doppelläufige Flinte mit innenliegenden Hähnen. Sie kann mit Patronen geladen werden, die jeweils fünf 6 mm BBs fassen.

Die Revolver im Wilden Westen
Revolver mit Perkussionszündung

Bis zum Ende des Sezessionskrieges waren die Revolver im Wilden Westen in der Regel Vorderlader mit Perkussionszündung. Die wichtigsten Modelle waren die Navy-Modelle 1851 und 1861 im Kaliber .36 und der Army-Revolver 1860 im Kaliber .44 von Colt sowie deren Nachbauten der Konföderierten. Weite Verbreitung fand auch der .44-er Remington New Model Army.

Revolver mit Metallpatrone

Kurz vor dem Sezessionskrieg hatte Rollin White ein Patent auf einen Revolver mit durchbohrter Trommel erhalten. Dieses System erlaubte die Nutzung von Metallpatronen. Smith & Wesson erhielten eine Lizenz für dieses Patent und bauten die ersten Hinterlader-Revolver, den Smith & Wesson Nr. 1 im Kaliber .22 kurz.

Der Peacemaker
Oliver mit Peacemaker und Remington.
Oliver mit Peacemaker und Remington. Foto: Stefanie Peitz.

1873, nach Ablauf des Patents von Rollin White, brachte Colt sein Modell Single Action Army auf den Markt – den berühmten Peacemaker. Colt lieferte die Waffe zunächst im Kaliber .45 Colt an die US-Army. Für den zivilen Markt kamen ab 1877 auch Modelle hinzu, die die Munition der Winchester-Gewehre 44-40 WCF und 38-40 WCF verschossen. Die Waffen wurden mit Läufen in den Längen 7 ½ Zoll, 5 ½ Zoll und 4 ¾ Zoll gefertigt. Oliver trägt den Nachbau eines Modells mit 5 ½ Zoll langem Lauf im Kaliber 4,5 mm.

Der Remington 1875

Olivers zweite Waffe ist ein Remington Model 1875 Single Action Army. Dieser war der direkte Nachfolger des New Model Army. Ursprünglich im Kaliber .44 Remington CF gebaut, gab es diese Waffe später auch für Winchester- und Colt-Patronen zu kaufen. Olivers Nachbau hat ebenfalls das Kaliber 4,5 mm.

Schofields
Oliver und Christian mit Revolvern.
Christian hat einen seiner beiden Schofields gezogen. Er trägt seine Revolver mit den Griffen nach vorn in den Holstern. Foto: Stefanie Peitz.

Christian trägt zwei Smith & Wesson Nr. 3 Schofield Revolver. Diese Revolver wurden, als verbesserte Version des Nr. 3 American, ab 1874 zunächst für die US Army und später auch für den zivilen Markt im Kaliber .44 S&W American gebaut. Christian bevorzugt bei seinen Nachbauten das Kaliber 6 mm BB.

Das Bowie-Messer

1830 hatte der Schmied James Black aus Arkansas für James Bowie ein großes Kampfmesser hergestellt. Da Bowie mehrere Zweikämpfe mit diesem Messer bestritt, erlangte die Waffe rasch Berühmtheit. Schnell kamen Kopien und Abwandlungen in Umlauf. In den 1850er Jahren begannen Schneidwaren-Hersteller in Sheffield in Großbritannien, solche Messer in die USA zu exportieren. Ein solches Messer trägt Christian zusätzlich zu seinen beiden Revolvern am Gürtel. In den 1870er Jahren, als sich großkalibrige Faustfeuerwaffen immer weiter im Westen verbreiteten, ging die Verbreitung solch großer Messer langsam zurück. Ganz aus der Mode kamen sie aber nie.

Literatur

Ford, Roger: Handfeuerwaffen aus über fünf Jahrhunderten. Erlangen 2001.

Loschek, Ingrid: Reclams Mode- und Kostümlexikon. Ditzingen 2011.

Rosa, Joseph G: Western Arsenal – Schußwaffen der amerikanischen Pionierzeit. Stuttgart 1987.

Thiel, Erika: Die Geschichte des Kostüms: Die europäische Mode von den Anfängen bis zur Gegenwart. Leipzig 2010.

Der Hochmeisterschild des Karl von Trier – mein Nachbau

Was macht man als Museumspädagoge und Ausrichter von historischen Themenfesten, wenn letztere nicht stattfinden dürfen und man aufgrund wochenlanger Museumsschließungen und dem anschließenden noch viel länger andauernden Verbot, Führungen durchzuführen, auch ersteren Job nicht machen darf? Sprich: Wenn man jede Menge Zeit hat? Man sucht sich Beschäftigung. In meinem Fall hieß das (nachdem der Garten endlich einmal wieder gründlich auf Vordermann gebracht war), einen lange gehegten Wunschtraum wahr werden zu lassen: Ich habe mich daran gemacht, den Prunk- und Zeremonialschild des Hochmeisters des Deutschen Ordens Karl von Trier – kurz: den Hochmeisterschild – nachzubasteln.

Karl von Trier, Hochmeister des Deutschen Ordens

Karl von Trier war von 1311 bis 1324 Hochmeister des Deutschen Ordens. Er war der einzige mittelalterliche Hochmeister, der aus dem städtischen Bürgertum stammte, aus dem Trierer Schöffengeschlecht von Oeren. Erst sein Vorgänger Siegfried von Feuchtwangen hatte den Sitz des Hochmeisters 1309 von Venedig auf die Marienburg im preußischen Ordensland verlegt. Karl stand nun vor der Aufgabe, von der aggressiven Eroberungspolitik seines Vorgängers – mit den Litauern lag er im Krieg, auch mit Polen gab es Streit und der Bischof von Riga machte beim Papst Stimmung gegen den Orden – zu einer Politik des Verhandelns zu wechseln. Letztere versprach für die Zukunft mehr politische Stabilität.

Seine Bemühungen um Ausgleich führten jedoch zu Streitigkeiten mit den Großgebietigern des Ordens, die die Konflikte militärisch austragen wollten. 1317 setzten ihn die Großgebietiger ab. 1318 wurde er jedoch auf einem Generalkapitel in Erfurt wiedergewählt. Kurz nach seiner Wiederwahl reiste er an den päpstlichen Hof nach Avignon, wo er sich ein Jahr lang recht erfolgreich für die Angelegenheiten des Ordens einsetzte, und im Anschluss wohl auch nach Rom. Auf seiner Reise hatte er aufgrund seiner recht wackeligen Stellung mit Sicherheit einen gesteigerten Bedarf nach Repräsentation. In dieser Zeit dürfte daher der ihm zugeschriebene Hochmeisterschild entstanden sein.

Der Hochmeisterschild Karls von Trier – das Original

Der Hochmeisterschild gehört in eine Gruppe von mittelalterlichen Schilden, die lange Zeit auf Burg Reifenstein bei Sterzing in Südtirol lagerten. Von dort gelangte er als Schenkung der Fürsten von Thurn und Taxis in das Waffenkabinett des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum in Innsbruck, dessen Glanzstück er lange Zeit war. Heute ist er Teil der Sammlung des Zeughauses Innsbruck, das ebenfalls zu den Tiroler Landesmuseen gehört.

Der ovale Schild ist 98,5 cm hoch und an der breitesten Stelle 57,5 cm breit. Seine Form entspricht Schilden, wie sie der dritte Nachtragsmaler auf der Abbildung des Grafen Wernher von Homberg – sein Tod 1320 bei der Belagerung Genuas – die Belagerung ist die in der Miniatur im Codex Manesse abgebildeten Szene – ist der terminus post quem für die Anfertigung der Miniatur – auf Folio 43v des Codex Manesse als Ausrüstung der italienischen Infanterie dargestellt hat. Ganz ähnliche Schilde sind auch auf mehreren Fresken in der Burg Sabbionara bei Avio im Trentino zu sehen, die ebenfalls auf etwa 1320 datiert werden. Tatsächlich werden solche Mandelschilde mit gekapptem unterem Ende „italienischer Typ“ genannt.

Die Bauweise des Hochmeisterschildes

Der Hochmeisterschild besteht aus vier Brettern aus Fichten-/Tannenholz. Seine Dicke beträgt insgesamt ca. 15 mm. Er ist nur recht flach gewölbt. Die beiden Seiten sind jedoch stark nach hinten weggebogen. Der Schild ist beidseitig mit Pergament/Rohhaut belegt. Darauf ist ein Gipsgrund aufgetragen – typisch für italienische Tafelmalereien. Der Schild zeigt innerhalb der Umschrift „CLIPPEVS CVM GALEA MAGISTRI ORDINIS FRATRVM THEVTVNICORVM“ das Vollwappen des Hochmeisters des Deutschen Ordens, also den dreieckigen Reiterschild mit Topfhelm und Helmzier. Der Dreieckschild weist die-Form mit leicht eingezogenen oberen Ecken auf, wie sie typisch ist für die Darstellung im Codex Manesse. Das Vollwappen ist von einem dichten roten Rankenwerk auf gelbem Untergrund umgeben. Auf der Rückseite ist der Schild mit vier schwarzen Doppellinien und zahlreichen roten Tupfen bemalt.

Der Zustand des Schildes ist recht bedauerlich. Nicht nur, dass sich im Laufe der Zeit die Mittelfuge geöffnet und damit auch der Pergamentüberzug einen langen Riss bekommen hat, auch ist an zahlreichen Stellen die Farbe vollständig abgeblättert. Vor allem im unteren Drittel ist von der Bemalung der Vorderseite kaum etwas erhalten. Eine umfangreiche Restaurierung in den letzten Jahren hat daran wenig ändern können.

Mein Nachbau

Ich liebäugele schon seit einer halben Ewigkeit mit dem Gedanken, den Hochmeisterschild Karls von Trier nachzubauen. Denn der Deutsche Orden ist schon seit langem einer der Interessensschwerpunkte von Past Present Promotions. Es waren aber ständig irgendwelche anderen Projekte dringender. Die Corona-Krise hat mir dann die Zeit verschafft, mich endlich auch an dieses Projekt zu wagen.

Mein Hochmeisterschild
Mein Nachbau des Hochmeisterschildes des Karl von Trier. Foto: Christian Peitz.

Ein wirkliches Replikat, also ein dem Original in Material und Bauart exakt folgender Nachbau, kam für mich von Anfang an nicht in Frage. Meine Schilde bestehen alle aus Pappelsperrholz, 3 Lagen je 3 mm, mit gleichmäßiger Wölbung auf einer Biegeform gebogen und verleimt. Auch für die äußere Form habe ich eine meiner Standard-Schablonen verwendet: 100 cm hoch und 60 cm breit (vor dem Biegen versteht sich). Die Innenseite ist, ebenfalls vom Original abweichend, mit Leinwand und nicht mit Rohhaut belegt. Letztere habe ich nur auf die Außenseite gezogen.

Innen und außen habe ich Kreidegrund aufgebracht. Darauf folgte eine Bemalung mit handelsüblichen Abtönfarben. Das Gold der Kreuze des Hochmeisterwappens und das Silber des Helms ist Flüssigmetall eines französischen Herstellers. Zum Schutz der Oberfläche, quasi als Firnis, habe ich dann alles noch zweimal mit Hartwachsöl, einer Parkettversiegelung, gestrichen.

Als Grundlage für meine Arbeit hat mir ein recht hoch aufgelöstes Foto gedient, dass ich dankenswerter Weise vom Zeughaus Innsbruck erhalten habe. Leider war aber auch darauf das Rankenwerk so schlecht zu erkennen, dass das bei mir weitgehend der Fantasie entsprungen ist. Nur hier und da habe ich ein paar schemenhafte Details erkennen können. Insgesamt weicht meine Bemalung an zahlreichen Stellen von der Vorlage ab. Das liegt vor allem daran, dass mein Schild minimal abweichende Maße hat und längst nicht so schief ist wie das Original. Auch bei der Bemalung selbst habe ich manch schiefe Stelle begradigt. Ich glaube aber, dass der Gesamteindruck ganz gut rüber kommt – und darauf kommt es mir an.

Zwischendurch habe ich mich immer wieder gefragt, was ich da eigentlich mache. Nach etwa 70 Stunden Arbeit und dem Einsatz von gut 100 € Material ist der Hochmeisterschild nun endlich fertig. In Zukunft wird der Hochmeisterschild eines der Highlights unseres Deutschordens-Displays sein.

Literatur

Lattanzi, Stella et al.: Ein Hochmeisterschild des Deutschen Ordens um 1320. Konservierung und Restaurierung von Holztafelgemälden – Erfahrungen aus der Praxis. Beiträge zur gleichnamigen Fachtagung vom 8. bis 10. Mai 2015 in Dresden, Bonn 2019, S. 106-114.

Graf Trapp, Oswald: Deutschordensschilde aus Reifenstein. In: Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (Hrsg.), Bd. 20/25.Innsbruck 1940/45, S. 27–53.

Mein Rückblick auf die Jahre 2018 und 2019

Wow, in den letzten beiden Jahren hat sich bei uns so viel getan. So war Ende 2018 für eine Zusammenfassung des Jahres gar keine Zeit. Daher will ich nun einen Rückblick auf die Jahre 2018 und 2019 wagen.

Frühjahr 2018 – wir renovieren

2018 begann ebenso arbeitsreich, wie 2017 aufgehört hatte. Denn „zwischen den Jahren“ haben wir einen Teil unserer Räumlichkeiten renoviert. Eigentlich sollte der Seminarraum – der auch einen Teil unserer Literatur und die Kostüme beherbergt – dann im Februar fertig für die weitere Nutzung sein. Aber das Möbelhaus hat uns dann einen Strich durch die Rechnung gemacht. Letztendlich wurde es dann Mitte des Jahres, bis alles soweit eingerichtet war. Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen, wie wir glauben. In diesem Raum kann man guten Gewissens wieder Gäste empfangen.

Die Nordwands unseres Seminarraums
Die Ecke zwischen Nord- und Westwand unseres Seminarraums mit dem großen Bücherregal und den Vitrinen für Keramik und Kleinkram zu Kelten, Römern, Germanen, dem Früh-, Hoch- und Spätmittelalter sowie den Stangenwaffen.
Die Westseite unseres Seminarraums.
Die Westwand unseres Seminarraums: Schilde, Schuhschrank, Bücherregal – lange wird der Platz nicht reichen.
Ein Projekt für zwei Jahre: Der Kastenhof Landau – das Museum für Steinzeit und Gegenwart

Schon im November 2017 bin ich selbst in ein neues Langzeitprojekt eingestiegen. In Landau an der Isar galt es, das bisherige Niederbayerische Archäologiemuseum auf neue, moderne Füße zu stellen. Als fünftes Mitglied eines Teams aus Archäologen und Museumspädagogen habe ich die nächsten zwei Jahre an diesem Projekt gearbeitet. Was sich hier in ein paar Sätzen liest, war ein riesen Haufen Arbeit, aber es hat sich wirklich gelohnt. Ende Oktober 2019 konnten wir dieses Projekt als Kastenhof Landau – Museum für Steinzeit und Gegenwart abschließen und die neue Ausstellung der Öffentlichkeit übergeben. Besucher und Medien sind begeistert vom neuen Museum – und der Bürgermeister ist es auch.

Kleine und nicht ganz so kleine Veranstaltungen 2018 und 2019

Sowohl 2018 als auch 2019 haben wir wieder an den „Mittelalter erleben“-Tagen auf Burg Nideggen teilgenommen. Unter der Federführung des Deutschen Ritterkonvents haben wir dort unsere Zelte aufgebaut. Mir selbst oblag dabei wieder der Moderation der täglichen Moden- und Rüstungsschauen.

2018 waren wir mit vier Darstellerinnen und Darstellern auch wieder beim „Tag der Archäologie“ in der Außenstelle Titz des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege zu Gast. Wie schon in den Jahren zuvor haben wir die Häuser des keltischen Hofes mit Leben gefüllt, mit Kindern geschnippelt und gekocht und den Besuchern Kleidung und Bewaffnung der Kelten erklärt. Seitdem findet die Veranstaltung nicht mehr jedes Jahr statt, sondern immer im Wechsel mit dem Stiftshoffest der Außenstelle Nideggen. Dort war ich dann tatsächlich auch 2019 als römischer Lederhandwerker zu Gast und habe mit den jugendlichen Besuchern Lederbeutelchen hergestellt.

Im Juli 2018 waren wir dann mit einer kleinen Abordnung bei der 800-Jahr-Feier in Mahlberg in Baden-Württemberg zugegen. Dort galt es, den Hofstaat Friedrichs II. darzustellen. Ich selbst habe – wie könnte es auch anders sein – als Seneschall die Moderation des Hoftages übernommen.

Eine feste Veranstaltung in unserem Kalender war dann, sowohl 2018 als auch 2019, wieder das Kinderfest im Jugendfreizeitheim in Bochum-Riemke. Leider wird dieses tolle Fest, das Jahr für Jahr mehrere hundert Kinder – und oft auch deren Eltern – begeistert hat, in den nächsten Jahren pausieren müssen. Größere Umbaumaßnahmen auf dem Gelände werden in den nächsten beiden Jahren eine solche Veranstaltung nicht mehr zulassen.

August 2018: Unser erstes Römerfest

Im August 2018 hatten wir dann eine Premiere: Wir haben unser erstes Römerfest organisiert. Die Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur hatten 10-jähriges Jubiläum. Da wir 2017 das Mittelalterfest für den Zülpicher Geschichtsverein erfolgreich organisiert hatten, hatte das Museum bei uns angefragt, ob wir eine solche Veranstaltung auch mit Römern können. Nun, die Strukturen sind in der Römerszene etwas anders als im neudeutschen Marktmittelalter, aber unsere eigene Ausrüstung war ja schon da und mit ein bisschen Recherche – klar, können wir. Legionäre, Gladiatoren, Musiker und Handwerker aus der Germania inferior waren zahlreich anwesend, dazu die letzten Reste der Kelten  und ein paar germanische Föderaten. Damit war die Saison 2018 für uns – bis auf ein bisschen Kleinkram – auch schon beendet.

Past Present Promotions als Kelten und ein Germane 2018 in Zülpich.
Ein Rhein-Weser-Germane, zwei Kelten und eine Keltin – Christian, David, Oliver und Stefanie auf unserem Römerfest 2018 in Zülpich.
Mai 2019: Zu Gast im LVR-LandesMuseum Bonn

Die Outdoor-Saison begann dann für uns wieder im Mai 2019. Wir waren zu Gast im LVR-LandesMuseum Bonn. Ein kleiner mittelalterlicher Handwerkermarkt sollte es sein anlässlich des Familientages im Rahmenprogramm der Familien-Mitmachausstellung „Ritter und Burgen“. Im Skulpturenhof des Museums waren Bronzegießer, Färberin, Schuster, Täschner und Schildbauer zugegen und haben nicht nur ihr Handwerk vorgeführt, sondern sich auch jede Menge Löcher in den Bauch fragen lassen. Für unseren Ritter auf dem Vorplatz galt natürlich dasselbe.

David als Johann von Haiger
David als Johann von Haiger auf dem Vorplatz des LVR-LandesMuseums Bonn. Foto: Frauke Brückner, LVR-Museumksverbund.
Christian als mittelalterlicher Täschner.
Christian als Täschner und Gürtler. Foto: Frauke Brückner, LVR-Museumsverbund.
Juni 2019: Das Brandenburgfest – leider zum letzten Mal

Im Juni waren wir – allerdings nicht vollzählig – auf der Brandenburg auf der thüringischen Seite im Werratal. Eine Woche lang mittelalterlich die Seele baumeln lassen hieß es für die meisten Aktiven dort – außer natürlich für das tolle Orgateam vom Brandenburgverein. Doch am letzten Tag, für den ich mich extra auf die Autobahn gemacht hatte, galt das nicht. Es wurde nämlich am abschließenden Sonntag ein Turnier abgehalten, und das braucht Reiter, Turnierhelfer – und einen Herold. Und da kamen wir ins Spiel. Leider wird es diese wunderbare Veranstaltung dort in Zukunft nicht mehr geben.

September 2019: Unser mittelalterlicher Handwerkermarkt auf Burg Nideggen

So wie das Römerfest in Zülpich unser Höhepunkt 2018 war, so war der Höhepunkt in 2019 unser mittelalterlicher Handwerkermarkt auf Burg Nideggen. Im Oktober konnte das Burgenmuseum Nideggen seinen 40sten Geburtstag feiern. Aus diesem Anlass hat die Museumsleiterin Luzia Schlösser nicht nur eine neue Ausstellung zur Keramik der Region Raeren-Langerwehe neu eröffnet, sondern uns auch mit der Organisation eben jenes Mittelaltermarktes betraut.

Der mittelalterliche Schreiner
Unter den kundigen Händen des Tischlers entsteht ein Stuhlbein. Foto: Doris Bison.

Na ja, und wenn schon eine solche Veranstaltung auf die Beine stellen, dann eben auch richtig. Klar, so wirklich groß war das Gelände nicht – wir hatten hauptsächlich die Fläche des Palas zur Verfügung (der aber immerhin der größte Palas des Rheinlandes war) – aber dafür konnten wir wie bei uns üblich wieder tolle Handwerker zusammen trommeln, die ihr Handwerk auch fast alle auf dem Markt vorgeführt haben. Und so sind auf dem Markt unter anderem bedruckte Stoffe, Messerscheiden, Gürtel und Gürteltaschen, Schilde, Steinskulpturen, jede Menge Töpferwaren (na klar, bei dem Anlass) und, mein persönliches Highlight, stückchenweise ein wunderbarer Hocker komplett aus einem rohen Stück Baumstamm entstanden.

Das Myhlsteyn-Duo.
Das Myhlsteyn-Duo spielt den Besuchern beim Mittelalterfest auf Burg Nideggen auf. Foto: Conny Meyer.

Klar, Musik gab es auch. Immer wieder hat das Myhlsteyn-Duo für Besucher aufgespielt. Für das leibliche Wohl hat das Burgrestaurant gesorgt. Damit dürfte das der erste Mittelaltermarkt gewesen sein, dessen Caterer einen Stern im Guide Michelin hat! Und da bei so wunderbar unterhaltenen Besuchern niemand schlechte Laune hatte, hatte die Burgwache eine ruhige Zeit. Einen hübschen kleinen Film von unserer Veranstaltung hat Stefan Grates bei Youtube eingestellt.

Museen, Museen, Museen – und die VHS

Ich selbst war natürlich auch wieder reichlich an verschiedenen Museen unterwegs. Mehr als 370 Einsätze waren es 2018, 330 waren es 2019. Darunter waren auch eine ganze Reihe von Einsätzen als Ritter in der Ausstellung „Ritter & Burgen“ am LVR-LandesMuseum Bonn und noch mehr Unterrichtsstunden als Lehrer zur Kaiserzeit im LVR-Freilichtmuseum Kommern. 2019 waren es weniger Einsätze, da ich seit September wieder in Festanstellung bin: In Teilzeit als pädagogischer Mitarbeiter bei einem freien Träger der offenen Jugendarbeit. Ach ja, und natürlich unterrichte ich auch immer noch 4 Stunden in der Woche Biologie und Geschichte an einer Abendschule.

Ein neuer Partner

Im September haben wir uns auch Verstärkung geholt. David Blum, mit dem wir schon lange beim Deutschen Ritterkonvent aktiv sind, ist bei uns eingestiegen. Mit ihm haben wir endlich einen Kaufmann und IT-Spezialisten im Team. Er wird uns in Zukunft bei der Kundenakquise, beim Marketing und bei unserem Webauftritt helfen. Wie auch Oliver, Norman und ich hat auch er noch einen „richtigen“ Job.

2020 – Zeit zum Luftholen

Insgesamt waren es zwei mehr als ausgefüllte Jahre. 2020 ist ein bisschen weniger Action geplant. Größere Veranstaltungen stehen nicht an. Das bedeutet, dass wir uns voll in die Planung für 2021 und die folgenden Jahre stürzen, die Ausrüstung auf Vordermann bringen, endlich mal ein paar noch ungelesene Fachbücher durcharbeiten und eventuell ja auch ein paar mehr Artikel schreiben können.

Na klar sind wir 2020 wieder auf Burg Nideggen: Am 16. und 17.05. bauen wir dort unsere Zelte auf. Wir werden natürlich auch wieder als Kelten beim Tag der Archäologie in Titz am 20.06.2020 dabei sein. Am Tag darauf bin ich dann auch schon wieder als mittelalterlicher Baderchirurg auf dem mittelalterlichen Familientag in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur zu sehen – Gänsehaut garantiert! Am 05. und 06.09. sind wir dann mit einer kleinen Abordnung in Simmerath-Eicherscheid und geben uns auf der dortigen 650-Jahr-Feier die Ehre.

Was sonst noch kommt? Wissen wir selbst noch nicht. Aber wir werden es euch wissen lassen. Garantiert.

09. November

Kaum ein anderes Datum ist für die Demokratie in Deutschland von so großer Bedeutung wie der 09. November. Gleich mehrere wichtige Ereignisse jähren sich an diesem Tag.

Der Fall der Berliner Mauer

Zunächst ist da der Fall der Berliner Mauer vor 29 Jahren. Günter Schabowski, verkündete damals – aus Unkenntnis mehrere Stunden früher als eigentlich geplant – auf einer Pressekonferenz des ZK der SED die Möglichkeit für jeden Bürger der DDR, auszureisen. Damit war der Anfang vom Ende der DDR-Diktatur eingeleitet.

Die „Kristallnacht“

Ein weit weniger erfreuliches Ereignis war die Kristallnacht am 09. November 1938, vor 80 Jahren. Sie war der Höhepunkt der Novemberpogrome, in denen, organisiert und gelenkt vom Regime der Nationalsozialisten, mehr als 400 Menschen jüdischen Glaubens getötet, tausende Wohnungen und Geschäfte verwüstet und mehr als 1.400 Synagogen und Gebetsstuben zerstört bzw. in Brand gesteckt wurden.

Die Geburt der ersten deutschen Republik am 09. November 1918

Genau zum einhundertsten Mal jährt sich die Gründung der ersten Deutschen Republik in Berlin. Am 09. November 1918 verkündete Reichskanzler Max von Baden die Abdankung Kaiser Wilhelms II. Am frühen Nachmittag desselben Tages rief der SPD-Politiker Philipp Scheidemann auf dem Westbalkon des Reichstages die Republik aus: „…Unerhörtes ist geschehen. […] Das Alte und Morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue; es lebe die deutsche Republik!“

Nur wenig später tat es ihm Karl Liebknecht gleich. Während Scheidemann jedoch eine bürgerlich-parlamentarische Republik meinte, rief Liebknecht die „freie sozialistische Republik Deutschland“ aus. Gemeint war eine Räterepublik nach sowjetischem Vorbild.

In der Folge des Kieler Matrosenaufstandes vom 03. November hatten sich bereits überall in Deutschland Arbeiter- und Soldatenräte gegründet. Um im Streit um die neue Staats- und Regierungsform die Oberhand zu gewinnen, verbündete sich die SPD mit den monarchistisch-reaktionären Freikorps. Der Kampf zwischen diesen und den Spartakisten tobte bis zum Frühjahr 1920 auf den Straßen.

Anlässlich des 100. Jahrestages der Ausrufung der ersten Republik auf deutschem Boden haben wir uns in passender Montur in die Wirren der Revolution gestürzt, obschon es bei uns ungleich friedlicher zugeht.

Kettenhemd mit einer Armbrust beschossen

Am 21.07. sind wir am Rande der 800-Jahr-Feier von Mahlberg im Ortenaukreis Zeugen eines seltenen Ereignisses geworden:  Der Beschuss eines Kettenhemdes mit einer Armbrust.Das Kettenhemd war ein Nachbau eines der wenigen erhaltenen Exemplare aus dem 13. Jahrhundert, die Armbrust hatte ein Zuggewicht von ca. 200 kg. Das Ergebnis: Jeder einzelne der drei verschossenen Bolzen ist einfach so abgeprallt! Wenn mir das jemand vorher gesagt hätte, ich hätte ihm nicht geglaubt.

Das Kettenhemd ist Ring für Ring eine Sonderanfertigung

Das Kettenhemd ist natürlich kein so einfaches Teil wie die, die man allgemein so aus Asien geliefert bekommt (wenn natürlich auch mit vernieteten Ringen) und wie ich auch eines mein Eigen nenne, sondern ist Ring für Ring eine Sonderanfertigung und damit sehr nah am historischen Original dran. Dennoch habe ich bisher immer gedacht, dass so ein Kettenhemd für Geschosse, egal welcher Art, eher ein Haufen Löcher mit ein bisschen Draht drum herum ist. Andreas und Isak haben mit eines Besseren belehrt, danke dafür.

Kein wissenschaftliches Experiment

Wie Arne das in seinem Kommentar zum Video schon schreibt, Ist das natürlich kein wissenschaftliches Experiment. Dafür müsste man vorher den Bolzen wiegen, die Zugkraft der Armbrust exakt bestimmen, die Schussentfernung vermessen, die Geschwindigkeit des Bolzens messen, die Reißfestigkeit der Drahtringe im Kettenhemd und schlussendlich die Aufschlagenergie des Bolzens. Als Unterlage für das Kettenhemd sollte man dann natürlich auch keinen Strohballen, sondern ballistische Gelatine o.ä. verwenden. Aber für einen ersten Eindruck war das schon keine schlechte Sache.

Schutzwirkung des Kettenhemdes sehr hoch

Die Sorglosigkeit, mit der die Ritter damals in die Schlacht gezogen sind, scheint also keine reine Überheblichkeit gewesen zu sein. Die Schutzwirkung eines Kettenhemdes war offenslchtlich tatsächlich sehr hoch. Klar, ein dickes Hämatom oder die eine oder andere gebrochene Rippe dürfte ein solcher Treffer schon nach sich gezogen haben, aber das ist bei einer Pistolenkugel auf einer Schutzweste heute nicht anders.

Fazit (mal wieder): Man kann noch so viele akademische Überlegungen anstellen, aber nur Versuch macht klug.

Die Römer kommen wieder nach Zülpich

10 Jahre alt sind die Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur mittlerweile. Anlass genug für eine Feier. Daher: Die Römer kommen wieder nach Zülpich. Am 25. und 26. August – ja, schon so bald – beleben sie das Gelände am Wallgraben, direkt neben dem Museum. Nach unsrem Mittelalterfest im letzten Jahr schon unsere zweite Veranstaltung auf diesem Gelände.

Handwerker und Soldaten

Viele Handwerker und Soldaten entführen kleine und große Besucher in die Römerzeit: Die Römercohorte Opladen schickt Vexillationen der Legio VI Victrix und der angegliederten Cohors VI Asturum, die die Bewaffnung und Ausrüstung der römischen Armee

im 1. Jh. n. Chr. vorführen. Dazu gehört auch die Truppenwerkstatt, in der die Herstellung römischer Rüstungen demonstriert wird. Und: Die Soldaten bringen sogar einen kleinen Scorpio, ein Bolzengeschütz mit.

Von der Ornatrix frisch geschminkt ist die Dame, auszugehen. Foto: Gisela Michel.
Von der Ornatrix frisch geschminkt ist die Dame bereit, auszugehen. Foto: Gisela Michel.

Ein Bronzegießer wird zudem seinen Ofen anfeuern und ein Sutor wird die Herstellung von Schuhen und anderen Lederarbeiten demonstrieren. Ein Balnearius informiert über die vielfältigen Dienstleistungen zur Gesundheits- und Schönheitspflege in römischen Thermen.

Gleich nebenan sorgt eine Ornatrix dafür, dass Makeup und Frisur der Damen für die Abendeinladung gerichtet werden – und natürlich wird sie sich auch der lieben Kindlein annehmen.

Im Scriptorium werden Briefe und Urkunden aufgesetzt. Ein Mensor informiert über die Methoden der römischen Landvermessung und die ehrenwerten Matrones führen an verschiedenen Stellen die Herstellung, das Färben und die Verarbeitung von Textilien vor. Und da sich auch im römischen Reich Mode ständig wandelte, präsentiert das Contubernium primum Mode und Sachkultur der Spätantike.

Barbaren sind auch mit dabei
Die Kelten haben sich schon einmal auf den Weg gemacht.
Die Kelten haben sich schon einmal auf den Weg gemacht.

Ein paar Barbaren sich auch mit dabei. Eburonen und Rhein-Weser-Germanen schlagen Seite an Seite ihr Lager auf – Schädelheiligtum und Götzenbild inklusive. Doch geben sie sich friedlich und bringen den Kindern den Umgang mit Pfeil und Bogen bei.

Ein buntes Programm

Auch sonst haben wir ein buntes Programm vorbereitet: Einmal täglich halten die Gladiatoren des LVDVS NEMESIS Munera ab. Tapfer setzen sie ihr Leben auf’s Spiel, um dem Publikum zu gefallen. Hoffen wir, dass sie alle ihre Missio erhalten.

Ebenfalls einmal am Tag führen Römer und Barbaren in der Arena die Kleidung der Menschen in den römischen Provinzen und den benachbarten Gebieten vor. In einer großen Festumzug, einer Pompa, geht es zudem täglich einmal durch das römische Tolbiacum. Angekündigt und begleitet wird das alles jeweils von den Bläsern von MARCO MAGVS.

Zwischendurch gibt es Infos und Vorträge zur römischen Esskultur, Probehäppchen inklusive.

Spiele und Mitmachaktionen

Und natürlich gibt es viele Spiele und Mitmachaktionen. Wer möchte, kann sich typisch römisch dem Spiel mit Nüssen widmen oder sich an einem römischen Brettspiel versuchen. Oder wie wäre es mit einem kleinen, selbst abgeformten Andenken aus Modelliermasse?

Ein Highlight ist aber sicher das römische Wagenrennen für Kinder und ihre Väter. Papa zieht und die Kinder dürfen lenken – und antreiben!

Präsentationen von Ämtern und Museen

Wer nun wissen will, woher das ganze Wissen über die Römer stammt, der kann sich nicht nur im Museum, sondern auch an den Infoständen des LVR-Bodendenkmalamtes und zahlreicher weiterer Museen informieren. Und natürlich gibt es dort auch jeweils ein buntes Mitmachangebot. Römerbrot, Lucanische Würste und keltischer Eintopf werden den Hunger der Besucher durchaus zu stillen in der Lage sein.

Literatur zu Römern, Kelten und Germanen

An verschiedenen Stellen laden zudem Buchhändler und Verlage dazu ein, sich selbst durch die Literatur zu Kelten, Römern und Germanen zu arbeiten – und auch so, abseits aller Festivitäten, vielleicht ein kleines bisschen in die Welt vor rund 2.000 Jahren einzutauchen.

Mein Rückblick auf das Jahr 2017 – und ein kleiner Ausblick

Mann war das ein Jahr. Viel ist passiert. Wir haben eine Menge bewegen können. Eine ganze Reihe von Veranstaltungen haben wir durchgeführt, Projekte angestoßen und natürlich auch abgeschlossen. Ein Rückblick auf das Jahr 2017 scheint mir daher durchaus angebracht.

Ausstellung 2017: Im Schweiße deines Angesichts

Für mich persönlich war das größte Projekt 2017 die Kuratierung der Ausstellung „Im Schweiße deines Angesichts – Die Geschichte von Schwitzbad und Sauna“ für die Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur. Am 6. Dezember, genau am Tag des 100-jährigen Jubiläums der Unabhängigkeit Finnlands, haben wir die Ausstellung eröffnet. Noch bis zum 18. Februar 2018 wird sie zu sehen sein.

Blick in die Saunaausstellung in Zülpich
Ein Blick in die Ausstellung „Im Schweiße deines Angesichts“ in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur.

Ein dreiviertel Jahr hat mich die Ausstellung in Atem gehalten. Es gab viel zu tun. Mögliche Bilder und Objekte mussten recherchiert und bei den Leihgebern bzw. Rechteinhabern angefragt werden. Und natürlich habe ich das alles dann auch noch in eine publikumsgerechte Form bringen müssen. Für mich war es bereits die zweite Ausstellung, die ich für das Museum in Zülpich betreut habe.

Kelten in Titz und in Bonn

Schon zum zweiten Mal waren wir 2017 beim Tag der Archäologie zu Gast. Die Außenstelle Titz des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege veranstaltet dieses Fest alljährlich im Frühsommer. Auf dem Gelände der Außenstelle ist ein großer keltischer Hof aufgebaut. In dessen Haupthaus haben wir mit Kindern Gemüseeintopf und süßen Brei gekocht. Vor dem Haus haben wir Fibeln gebastelt und die verheerende Wirkung keltischer Waffen demonstriert. Und natürlich hat beinahe ständig einer von uns am Hoftor Wache gehalten – eine wunderbare Gelegenheit für viele tolle Gespräche mit Besuchern. 2018 werden wir wieder dabei sein.

Die rekonstruierte Carnyx im LVR-LandesMuseum Bonn.
Die rekonstruierte Carnyx im LVR-LandesMuseum Bonn. Foto: Beate Marks-Hanßen.

Einen ganz besonderen kleinen Auftritt hatten wir im Sommer 2017 am LVR-Landesmuseum in Bonn. Einige schon seit langem in der Dauerausstellung gezeigte Bronzeobjekte hatten sich bei einer erneuten Untersuchung als Fragmente einer Carnyx herausgestellt. Auf der Basis dieser Bruchstücke hat das Museum ein Replikat anfertigen lassen. Bei der Vorstellung dieses Nachbaus durften wir für die passende Kulisse sorgen.

Römer in Zülpich

Mehrfach war ich auch dieses Jahr wieder in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur unterwegs. Als römischer Senator habe ich großen und kleinen Besuchern im Rahmen öffentlicher Erlebnisführungen Einblicke in die römische Badekultur gegeben – die Angst, ob die eigenen Kleider nach dem Thermenbesuch noch an ihrem Platz liegen werden, inklusive.

Nächstes Jahr wird es für uns dann auch richtig römisch. Die Römerthermen Zülpich feiern ihr zehnjähriges Bestehen als Museum. Für die Jubiläumsfeierlichkeiten organisieren wir am 25. und 26. August 2018 ein Römerfest mit Handwerkern, Legionären, Gladiatorenspielen, einem Triumphzug und jeder Menge weiterer Attraktionen.

Mittelalter rauf und runter

Der Höhepunkt unseres Jahres war natürlich unser Mittelalterfest in Zülpich. Die Vorbereitung dieser Veranstaltung war für mich, neben der Vorbereitung der Sauna-Ausstellung, der dickste Brocken des Jahres 2017. Ohne unser fantastisches Team und das Netzwerk des Deutschen Ritterkonvents wäre das nicht machbar gewesen. Denn ein solches Fest heißt für uns eben nicht nur, ein paar Händler, Mampf- und Saufbuden einzukaufen und dann ein Wochenende lang an der Kasse zu stehen. Bei uns heißt das vielmehr ganz viel Handwerksvorführung – auch von uns selbst. Da war natürlich einiges zu planen und zu organisieren. Und die Stunden, die Kollege Bongartz und ich in der Werkstatt verbracht haben, um Deko für das Gelände sowie Halbzeuge für Täschner, Schildbauer, Sarwürker und Fassmalerin vorzubereiten, sind auch kaum zu zählen.

Unser Mittelaltermarkt in Zülpich aus der Vogelperspektive.
Unser Mittelaltermarkt in Zülpich aus der Vogelperspektive. Foto: Bettina Klein.

Aber nicht nur dort waren wir mittelalterlich unterwegs. Gemeinsam mit dem Deutschen Ritterkonvent haben wir auf dem Ostermarkt auf Kloster Graefenthal in Goch einen nicht unerheblichen Teil des Programms bestritten. Ich selbst habe als Croyeur die tägliche Feldschlacht begleitet und zudem die Modenschau moderiert. Auch 2018 sind wir mit dabei. Leider werde ich persönlich diesen Termin jedoch versäumen müssen – eines der Museen auf unserer Kundenliste war schneller mit der Buchung.

Nicht nur Mittelaltermärkte

Am Wochenende rund um den Internationalen Museumstag im Mai waren wir, wieder zusammen mit dem Deutschen Ritterkonvent, zu Gast auf Burg Nideggen. Auch dort habe ich die Modenschau sowie die Rüstungsschau moderiert. 2018 werden wir über das Pfingstwochenende wieder dort sein.

Klein, aber nicht weniger fein waren meine Auftritte in der Ausstellung „Die Zisterzienser – das Europa der Klöster“ im LVR-Landesmuseum Bonn. Als mittelalterlicher Handwerker habe ich dort mehrfach im Rahmen des Programms „Glühen ist mehr als Wissen“ Besuchergruppen in das Leben im Mittelalter und speziell im Kloster eingeführt – singen des Ave Marias inklusive. Da die Ausstellung nur noch bis Ende Januar zu sehen sein wird, gibt es leider keine weiteren derartigen Einsätze mehr.

Natürlich waren wir 2017 mit unseren Mittelalter-Mitmachprogrammen in Kindergärten und Schulen zu Gast. Und nicht vergessen will ich natürlich auch unser großes Mittelalter-Mitmachfest im Jugendfreizeitheim Bochum-Riemke. Dieses stellen wir in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Stadt Bochum als Höhepunkt des Ferienpass-Programms in den Sommerferien auf die Beine. Na klar, und im Jubiläumsjahr 2018 lassen wir uns noch ein paar Extras einfallen – dann sind wir nämlich schon im zehnten Jahr dort.

Lehrer vor 100 Jahren in Kommern

Weitere Living History-Einsätze hatte ich im LVR-Freilichtmuseum Kommern. Dort bin ich seit dem letzten Jahr im alten Schulhaus immer wieder als Lehrer vor 100 Jahren im Einsatz – Rohrstock inklusive. Der kommt aber natürlich nicht zum Einsatz. Vielmehr lernen die Kinder, Sütterlin auf einer Schiefertafel zu schreiben, mit dem Abakus zu rechnen und das Kaiserlied zu singen. Für Schulklassen und als offenes Angebot in den Ferien biete ich dort außerdem exklusiv den Workshop im Brettchenweben an.

Nicht zu vergessen: der alltägliche „Kleinkram“

Dazu kommen 2017 fast 400 weitere Workshops und ganz normale Führungen Im LVR-LandesMuseum Bonn, in den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur, dem LVR-Industriemuseum in Euskirchen-Kuchenheim, dem LVR-Freilichtmuseum Kommern und ganz selten auch noch einmal im Max Ernst-Museum des LVR in Brühl. Ach ja, und nicht zu vergessen wöchentlich je zwei Stunden Unterricht in den Fächern Biologie und Geschichte im FOS-Kurs an der VHS Rheinbach-Voreifel.

So ganz nebenbei wurde vom LVR-Römermuseum in Xanten ein Foto angefragt, das Sabine und mich als fränkisches Paar zeigt. Das Bild ist seit einiger Zeit auch schon in einer Medienstation im LVR-LandesMuseum Bonn zu sehen. Ein Foto einer mittelalterlichen Marktszene wird 2018 in einem Lehrbuch des Klett-Verlages erscheinen. Und ab Februar 2018 wird auch unser Seminarraum in neuem Glanz erstrahlen. Die Renovierungsarbeiten sind in vollem Gange.

Mittelalterfest in Zülpich 2017

Am 01. und 02.07.2017 feiern wir gemeinsam mit dem Zülpicher Geschichtsverein und den Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur unser Mittelalterfest in Zülpich 2017 an der Kurkölnischen Landesburg. Samstags eröffnen wir das Fest zur ersten Stunde nach dem Mittag, Ende ist zwei Stunden vor Mitternacht. Am Sonntag beginnt das Fest eine Stunde vor Mittag. Zur sechsten Stunde nach Sonntagmittag schließt das Fest endgültig. Der Eintritt ist frei. Und versprochen: Es wird viel zu sehen geben.

Ganz viel Handwerk
Bildstickerin
Vor den Augen des Publikums entsteht ein gesticktes Bild

Stickerin, Bändchenweberin, Färberin und Stoffdruckerin führen ihr Handwerk vor. Bei der Fassmalerin gibt es Minnekästchen, die vor den Augen des Publikums ihre herrliche Bemalung erhalten. Auch die Buchmalerin und Kalligrafin führt ihre Kunst mit Farbe, Pinsel und Feder vor. Und beim Jäger darf man vielleicht sogar eines seiner Frettchen streicheln. Außerdem mit dabei sind:

  • ein Schreiner
  • ein Drechsler
  • ein Steinmetz
  • ein Gürtler
  • ein Schildbauer

Ihnen allen darf man jede Menge Löcher in den Bauch fragen. Denn sie alle sind Experten für die Geschichte ihres jeweiligen Handwerks.

Mitmachaktionen für Kinder und reichlich Unterhaltung

Beim Täschner können Kinder einen kleinen Lederbeutel bastelnn. Beim Sarwürker dürfen sie aus Bronzedraht eine kleine Fibel herstellen. Wer mag, kann sich bei der Bogen- und Pfeilemacherin eigene Pfeile bauen. Diese dürfen auf der Bogenschießbahn dann auch gleich ausprobiert werden.

Armbrustschiessbude
Unsere Armbrustschießbude – beliebt bei kleinen und großen Besuchern

Für Kinder gibt es aber noch mehr: Eine Armbrustschießbude, Hufeisenwerfen und unser großes Kinder-Ritterturnier. Am Stand des Museums können kleine Ritter – und Ritterinnen – ihren eigenen Wappenschild gestalten. Regelmäßig gibt es bei der Wahrsagerin Märchen. Und allen, die einen Blick in die eigene Zukunft werfen wollen, legt die Weise Frau in den Pausen zwischen den Märchen gerne die Karten.

Portrait Knud Seckel
Für die musikalische Unterhaltung sorgt Knud Seckel.

Für mittelalterlich-musikalische Unterhaltung sorgt Knud Seckel. Auch für die rechte Unterhaltung von Gaumen und Kehle wird reichlich gesorgt sein. Und natürlich muss auch der Marktfrieden aufrechterhalten werden. Sollte also der eine oder andere Handwerker einmal nicht an seinem Stand sein: Er dürfte gerade seiner Pflicht zum Wachdienst nachkommen.

Infos zum Mittelalter

Wer über das Gesehene und Gehörte hinaus dann noch mehr über das Mittelalter erfahren will, wird am Stand der örtlichen Buchhandlung sicherlich fündig werden. Außerdem bieten die Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur am Samstag und am Sonntag jeweils von der vierten bis zur fünften Stunde des Nachmittags eine Führung zum Badewesen im Mittelalter an. Teilnehmen lohnt sich!

Infos zur Geschichte Zülpichs – natürlich auch zum Mittelalter – gibt es in der Geschichtswerkstatt des Zülpicher Geschichtsvereins in der Landesburg. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass unser Mittelalterfest in Zülpich ein tolles Erlebnis für Groß und Klein wird.

Anfahrt und Parkmöglichkeiten

Das Mittelalterfest in Zülpich 2017 findet zu Füßen der kurkölnischen Landesburg aus dem 14. Jahrhundert statt. Auf dem Stadtplan auf der Website der Stadt Zülpich sind die Burg und sämtliche Parkmöglichkeiten eingetragen.