Bei unseren Veranstaltungen kommen wir zwangsläufig auch immer wieder mit dem Klosterbau in Berührung. Die Klosterbauten des Mittelalters und ihre Gestaltung folgten nicht nur repräsentativen Zwecken. Vielmehr mussten sie vor allem den Anforderungen entsprechen, die sich aus den täglichen Aufgaben der geistlichen Gemeinschaft ergeben.
Auffällig an einem Kloster ist natürlich zunächst einmal die Kirche. Doch zu einem Kloster gehört natürlich mehr. Eine Vielzahl von Gebäuden schließt sich an die Kirche an und umgibt sie.
Die Kirche im Kloster Maria Laach – ein Musterbeispiel
Die Kirche des Benediktinerklosters Maria Laach am Ufer des Laacher Sees in der Eifel ist ein Musterbeispiel für eine solche Klosterkirche. Sie ist eine romanische Basilika. Viele Elemente erinnern an die großen Kaiserdome in Speyer, Mainz und Worms. Diese Anspielung auf die nicht ganz unbedeutende Stellung des Klosterstifters, Pfalzgraf Heinrichs II., hat man im Mittelalter gut verstanden.
Im Osten wird das Langhaus der Kirche mit seinen beiden Seitenschiffen vom Querhaus begrenzt, an das sich wiederum der Chor mit der Apsis anschließt. Über der Vierung, der Kreuzung von Lang- und Querhaus, und an den Chorflanken erheben sich Türme.
Das Chorgestühl
Im Inneren der Kirche war im Mittelalter der Chor, also der Bereich, in dem sich die Mönche zum Gebet versammelten, durch die Chorschranke, eine mehr als mannshohe Wand, abgetrennt. Das Chorgebet konnte folglich von der Gemeinde der Laien im Langhaus der Kirche nur mit den Ohren, nicht aber mit den Augen verfolgt werden. Heute sind die Chorschranken in fast allen Klosterkirchen entfernt. Die Reformen der Liturgie und nicht zuletzt die Säkularisierung haben sie überflüssig werden lassen. Letztere sorgte dafür, dass ehemalige Stifts- und Klosterkirchen in Gemeindekirchen umgewandelt wurden. Die Chorschranken, die den freien Blick vom Gemeinderaum der Kirche zum Hochalter verstellten, mussten daher weichen.
Bollwerk gegen das Böse: das Westwerk
Als Besonderheit und abweichend von der allgemeinen Grundform einer Klosterkirche, jedoch durchaus nicht einmalig, ist der anderen Seite ein mächtiges Westwerk vorgelagert, ebenfalls durch drei Türme bekrönt. Wie eine Burg stellt es sich dem aus der Richtung des Sonnenunterganges drohenden Bösen entgegen.
Der ursprüngliche Zweck des Westwerkes ist bis heute nicht klar. Möglicherweise war auf seiner Empore eine Herrscherkapelle eingerichtet, in der die Familie des Stifters dem Gottesdienst der Mönche beiwohnen und diesen von der erhöhten Position aus auch wirklich beobachten konnte. Doch auch eine Rolle in der Liturgie an ausgewählten Festtagen ist nicht auszuschließen.
Der Westchor
In vielen Klosterkirchen gibt es neben dem Hochchor im Osten noch eine zweite Choranlage im Westen – so auch in Maria Laach. Diese zweite Choranlage spiegelt jedoch nicht, wie vielfach angenommen, den Gegensatz zwischen kaiserlicher und päpstlicher Macht wieder. Vielmehr diente ausschließlich liturgischen Zwecken. In den Kirchen der Frauenklöster und Kanonissenstifte befindet sich der Westchor meist auf einer Empore. Dort konnten die Damen ebenfalls den Gottesdienst feiern. Das war vor allem an den hohen Festtagen wichtig. Denn dann waren auch Laien in der Kirche anwesend und die sollten keinen Blick auf die Nonnen bzw. Stiftsdamen werfen können.
Doch zu einem Klosterbau gehört mehr als nur die Kirche, denn die Menschen im Kloster verbringen ihre Zeit ja nicht nur im Gebet. Eine Vielzahl von Gebäuden und Einrichtungen dient dem Leben und der Arbeit der Brüder beziehungsweise Schwestern.
Das Ideal von einem Klosterbau: Der Plan von Sankt Gallen
Die Bauten der frühen klösterlichen Gemeinschaften waren noch sehr uneinheitlich. Dies blieb auch noch lange so, nachdem Augustinus und nach ihm Benedikt von Nursia ihre Regeln aufgestellt und der mönchischen Bewegung einen festen Rahmen gegeben hatten. Ausgehend von den Erfordernissen des klösterlichen Lebens entwickelten die Mönche – und Nonnen – im Laufe der Zeit jedoch die Vorstellung von einem idealen Klosterbau.
Diese Idee ist der Nachwelt in Form des Sankt Galler Klosterplanes überliefert. Obwohl der Plan nie in die Realität umgesetzt wurde (stimmt nicht, das Projekt „Campus Galli“ widmet sich genau diesem Vorhaben), ist er doch Vorbild für nachfolgende Klosterbauten. Entstanden ist der Plan um das Jahr 819 auf der Insel Reichenau. Der dortige Abt Heito I. wollte wohl seinem Amtskollegen Gozbert von St. Gallen eine Anleitung für seinen geplanten Klosterneubau an die Hand geben.
Zentrum in jedem Klosterbau: die Klausur
Kernstück des Planes ist die Klausur, also der nur den Mönchen zugängliche Bereich. Das Zentrum der Klausur ist der Kreuzgang, der auf dem St. Galler Plan südlich an die Kirche anschließt. Er verbindet die einzelnen Gebäude der Klausur und dient als Wandelgang der inneren Einkehr der Mönche. Um ihn herum sind von Ost nach West der Schlafsaal –das Dormitorium – mit Bad und Abort, der Speisesaal – das Refektorium – mit Küche und der Vorratsraum angeordnet. Der Kapitelsaal, sozusagen der „Tagungssaal“ der Klosterleute, der später zur Standardausstattung der Klöster gehören sollte, fehlt noch. Seine Aufgabe übernimmt im St. Galler Plan der Nordflügel des Kreuzganges. Auch ein Sprechraum, das Auditorium, ist noch nicht eingeplant, da im Kreuzgang wohl noch keine strenge Schweigepflicht herrschte.
Was sonst noch nötig ist im Klosterbau
Alle anderen Einrichtungen sind um die Klausur herum geplant. Novizenschule und Krankenhaus verfügen gemeinsam über eine eigene kleine Kirche, die im Osten in der Verlängerung der Hauptkirche liegt. Auch der Friedhof liegt im Osten, da aus dieser Richtung das Heil kommt. Werkstätten und Wirtschaftsgebäude, die der Versorgung des Klosters dienen, sind im Süden und Südwesten angeordnet, das Gästehaus liegt westlich der Klosterkirche.
Mit den Klosterreformen des hohen Mittelalters, aber auch der Gründung neuer Orden in dieser Zeit, differenzierten sich die Anforderungen an die klösterlichen Anlagen. So entwickelte im Laufe der Zeit jeder Orden seine eigenen architektonischen Eigenheiten.
Alle Macht den Klöstern: Cluny
Schon der Klosterbau des St. Galler Planes hat Ausmaße, die selbst die meisten Königspfalzen nicht einmal annähernd erreichten. Doch der St. Galler Plan wurde von so mancher tatsächlich errichteten Klosteranlage noch weit in den Schatten gestellt. Zu diesen großen Klöstern gehörte Cluny, der Ausgangspunkt der kluniazensischen Klosterreform innerhalb des Ordens der Benediktiner.
Das Kloster Cluny in Burgund nahm im 10. Und 11. Jahrhundert eine Vorreiterrolle ein bei der Wiedereinführung von Zucht und Ordnung in die bis dahin recht weltlich gewordenen benediktinischen Klöster. Seine Konzentration auf die Liturgie und das Gebet führte zu einem enormen Zulauf an Mitgliedern. Bald wurde die Kirche zu klein, um die ständig wachsende Gemeinschaft aufzunehmen. 1088 nahm daher Abt Hugo I. den Bau einer neuen Kirche und den Umbau der restlichen Anlagen in Angriff. Das Ergebnis, als Cluny III bekannt, war ungeheuerlich.
Bis zu 1.200 Mönche und Laienbrüder lebten hier. Ja, der Klosterbau war so groß, dass 1245 ein Treffen zwischen dem französischen König Ludwig dem Heiligen und Papst Innozenz IV mitsamt ihrem jeweiligen Gefolge stattfinden konnte, ohne dass der normale Klosterbetrieb in irgendeiner Weise gestört wurde.
Mönche und Konversen
In der Regel des heiligen Benedikt nehmen Gebet und Arbeit den gleichen Stellenwert ein – mit „ora et labora“ wird das Regelwerk gerne zusammengefasst – auch wenn die körperliche Arbeit vor allem als Ausdruck der Demut angesehen wurde. Im Rahmen der kluniazensischen Reform wurde der Schwerpunkt jedoch in Richtung Gebet und Gottesdienst verschoben. Denn das Gebet wurde von nun an als die Arbeit der Mönche angesehen. Dennoch musste irgendjemand die tagtäglichen Arbeiten in Küche und Garten verrichten.
Daher gab es zum Ausgleich die Gemeinschaft der Konversen, der Laienbrüder. Die Konversen stammten, anders als die Chormönche, nicht aus dem Adel, sondern aus dem Bauernstand und später auch dem städtischen Bürgertum. Ihre Aufgabe bestand in der Verrichtung der zur Versorgung des Klosters anfallenden Arbeiten. Ihr Tagesablauf folgte eigenen, weniger vom Gottesdienst bestimmten Regeln. Aus diesem Grund wurden für die Konversen auch eigene Räumlichkeiten, komplett mit Dormitorium, Refektorium und Latrinen, nötig. Mönche und Konversen sollten sich in ihrem Tagesablauf ja möglichst nicht gegenseitig stören. Im Kloster Cluny III lag der Konversentrakt im Westen des Klausurbereiches, in der Nähe der Herberge und der Stallungen.
Die Klöster der Zisterzienser
So verschieden die geistlichen Orden waren, die im Laufe des Mittelalters neben den Benediktinern gegründet wurden, so verschieden war auch die Art, in der ihre Mitglieder neue Klöster errichteten. Noch recht nah an der Grundform des benediktinischen Klosters liegen die Bauten der Zisterzienser.
Die Zisterzienser – benannt nach ihrem ersten Kloster Citeaux, der Zisterze – waren, ähnlich wie zuvor die Reformbewegung von Cluny, Ende des 11 Jahrhunderts aus dem Bestreben hervorgegangen, der Regel des Heiligen Benedikt wieder zu mehr Geltung zu verhelfen.
Auffällig am Klosterbau der Zisterzienser ist zunächst einmal, dass ihre Kirchen, wie auch die Kirchen der Bettelorden, keine Türme haben. Nur ein kleiner Dachreiter über der Vierung nimmt die Glocke auf, die zum Gebet ruft.
Viele Zisterzienserkirchen haben zudem keine Chorapsis. Bei ihnen ist, dem Anspruch der Schlichtheit folgend, der Chor im Westen mit einer geraden Wand abgeschlossen. Ist eine halbrunde Chorapsis vorhanden, ist sie quasi immer von einem Kapellenkranz umgeben – ja, die Vielzahl der dadurch möglichen Kapellen ist sogar der Grund für diese Abweichung vom Idealplan. Beispiele hierfür sind das Kloster Heisterbach im Siebengebirge und das Kloster Altenberg im Bergischen Land.
Der Konversentrakt in Zisterzienserklöstern
Bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass es sich bei den Klöstern der Zisterzienser um regelrechte Doppelanlagen handelt, in denen Mönche und Konversen jeweils einen eigenen Flügel der Klausur bewohnen. Sie betreten die Kirche sogar durch getrennte Eingänge. Ein Beispiel hierfür ist das Kloster Maulbronn in Baden-Württemberg. In diesem Klosterbau ist der zisterziensische Grundplan fast mustergültig umgesetzt. Einzig der Konversengang fehlt. Das ist ein schmaler Gang zwischen dem Westflügel des Kreuzganges und dem Konversentrakt. Durch diesen Gang konnten die Konversen den westlichen Teil der Kirche erreichen, ohne die Klausur der Mönche betreten zu müssen.
Tatsächlich hatten die Kirchen der Zisterzienser ein zweites Chorgestühl, westlich des Chorgestühls der Mönche. In manchen Klöstern der Zisterzienser gab es sogar noch ein drittes, kleines Chorgestühl für die Kranken. Das Chorgestühl der Mönche befand sich bei den Kirchen der Zisterzienser übrigens nie im Chor östlich der Vierung, sondern immer im Mittelschiff. Von dort ragte es höchstens bis in die Vierung hinein. In dem meist kleinen Chor hätte das Chorgestühl auch meist keinen Platz gefunden.
Das Kloster als Wirtschaftshof
Rund um die Klausur erstrecken sich in den Klöstern der Zisterzienser zudem zahlreiche Wirtschaftsgebäude. Denn die Zisterzienser sind von ihrem Grundsatz her Selbstversorger. Alle Dinge des täglichen Bedarfs mussten von den Ordensmitgliedern selbst angebaut und hergestellt werden. Anders als bei den Benediktinern wurde das zum Kloster gehörende Land weder an Bauern verpachtet noch zu Lehen vergeben.
Die Kartäuserklöster – Gemeinschaften von Einsiedlern
Die beschriebene Grundform des Klosters wurde mit den jeweiligen Eigenheiten nicht nur bei Benediktinern und Zisterziensern umgesetzt. Auch bei den im hohen Mittelalter entstandenen Orden der Franziskaner und Dominikaner und den quasi allen anderen Ordensgemeinschaften erfolgte der Klosterbau nach diesem Muster.
Die Klöster der Kartäuser sind hingegen völlig anders aufgebaut. Jeder Mönch bewohnt hier, quasi als Einsiedler, ein eigenes kleines Haus mit Garten. Die Häuser sind rund um den Kreuzgang angeordnet, der auch als Friedhof dient. Die Kirche ist relativ klein, da die „Klostergemeinschaft“ nur wenige Mitglieder hat. Eine wirkliche klösterliche Gemeinschaft bilden die halb einsiedlerischen Kartäuser, denen das Reden außerhalb des Gebetes strengstens verboten ist, nicht.
Literatur
Theodor Bogler: Maria Laach. Regensburg 1997.
Yves Christe/Hanna Losowska/Roland Recht/Tania Velmans: Handbuch der Formen- und Stilkunde – Mittelalter, Stuttgart; Berlin; Köln; Mainz 1992.
Joan Evans: Blüte des Mittelalters, Eltville 1986.
Gudrun Gleba: Klosterleben im Mittelalter, Darmstadt 2004.
Clemens Kosch: Kölns romanische Kirchen. Architektur und Liturgie im Hochmittelalter, Regensburg 2000.
Bernhard Schütz: Klöster, München 2004.