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Der Wilde Westen

Die nördlichen Black Hills, Dakota-Territorium, 1876 – der Wilde Westen: Im Tal des Whitewood Creek, wegen der vielen dort stehenden toten Bäume „Deadwood Gulch“ genannt, wird ein Goldsucher fündig. Zwei Jahre zuvor hatte eine Expedition unter Colonel George Armstrong Custer weiter in Süden der Black Hills Gold gefunden.

Deadwood

1868 war das Gebiet eigentlich im Vertrag von Fort Laramie den Lakota-Sioux zugesprochen worden, denen das Land heilig ist. Das interessierte nach dem Goldfund außer den Indianern aber niemanden mehr. Daher zogen schon bald aus allen Richtungen Goldsucher in die Black Hills. Im Whitewood Creek fanden die Schürfer besonders viele Nuggets. Ein Zeltlager schoss aus dem Boden, das schnell zur Stadt wurde: Deadwood.

Neben Goldsuchern zog es Kneipenwirte, Zuhälter, Puffmütter und Prostituierte, Glücksspieler und andere Abenteurer, aber auch viele Kaufleute nach Deadwood. Unter diesen Glücksrittern waren auch unsere beiden Freunde Oliver und Christian. Oliver hatte im Osten Geld mit Immobilien gemacht und suchte hier nach neuen Möglichkeiten. Christian hatte schon früher erfolgreich nach Bodenschätzen gesucht und wollte sein Wissen auch hier gewinnbringend anwenden.

Gesetze gab es in Deadwood nicht und auch niemanden, der sie hätte durchsetzen können. Klar, die Siedlung lag im Indianerland, gehörte weder zu einem US-Bundesstaat noch zu einem US-Territorium. Daher war Gewalt an der Tagesordnung. Und so mussten auch unsere beiden Freunde immer wieder einmal zu den Waffen greifen, um ihr Recht, ihren Besitz und ihr Leben zu verteidigen …

So könnte sie angefangen haben, die Geschichte, für die wir uns schick gemacht haben. Von der Idee, unsere Aktivitäten auch in das ausgehende 19. Jahrhundert zu erweitern, bis zur Umsetzung hat es eine Zeit gedauert. Jetzt aber sind wir auch im Wilden Westen „bühnenreif“. Ganz wichtig: Jeans und Stiefel mit silberbeschlagenen Spitzen sucht man in unserer Ausrüstung vergebens.

Die Herrenmode im Wilden Westen

Vielmehr war die Mode im Wilden Westen, so wie die Mode der gesamten westlichen Welt, damals stark von der französischen Mode beeinflusst. Während sich die Damenmode recht schnell wandelte, änderte sich zwischen 1865 und 1890 in der Herrenmode nur wenig.

Hemden
Oliver und Christian im Wilden Westen
Oliver trägt sein Hemd ohne Kragen, während Christian einen runden Kent-Kragen trägt. Foto: Stefanie Peitz.

Die Hemden waren oft Schlupfhemden, hatten also keine durchgehende Knopfleiste. Zur formellen Kleidung gehörte natürlich ein weißes Hemd. Braune oder graue Streifen setzten modische Akzente. Traditionell war ein hoher, steifer Kragen mit Kläppchen („Vatermörder“) angesagt. Doch auch der umgeklappte Kent-Kragen mit abgerundeten Ecken hatte seinen Weg in die formelle Herrenmode gefunden. Oliver trägt das Hemd jedoch ohne den hohen Kragen. Das war möglich, weil der Kragen oft separat angeknöpft wurde und so zum Waschen öfter getauscht werden konnte.

Christian ruht sich von der Arbeit aus.
Christian im Kaliko-Hemd mit Blümchenmuster. Foto: Stefanie Peitz.

Bei der Arbeit waren Hemden aus robusten, glatten Baumwollstoffen beliebt. „Kalikos“ heißen diese Stoffe. Im Wort „Kaliko“ steckt der Name der Stadt Kalkutta. Tatsächlich stammten diese Stoffe ursprünglich aus Indien, wurden im 19. Jahrhundert aber zu einem verbreiteten Industrieprodukt, zunächst in England und Frankreich, dann auch in den USA. Kaliko-Stoffe wurden gerne bedruckt. Beliebt waren z.B. Muster aus kleinen Blümchen. Christian trägt ein solches Hemd zu Arbeit.

Krawatten und Halstücher

Eine gerne auch farbige Krawatte, ein Plastron oder eine Schleife aus Seide rundeten das Hemd am Kragen ab. In der Folge des Sezessionskrieges wurde es bei der arbeitenden Bevölkerung üblich, sich ein großes Taschentuch um den Hals zu binden. Dies saugte einerseits den Schweiß auf. Andererseits konnte es, über Mund und Nase gezogen, auch das Einatmen von Staub verhindern – ein nicht zu unterschätzender Vorteil auf dem Viehtrieb!

Der Rock

Klassisch trug „Mann“ in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts den etwa knielangen Gehrock. Die formellere Variante war zweireihig. Alltagstauglicher war die einreihige Variante. Diese konnte auch offen getragen werden. So war der Blick frei auf die Weste – und man musste nicht jedes Mal seine Waffe(n) ablegen, wenn man den Rock auszog. Praktischer waren jedoch kürzere Röcke, für die sich unsere beiden Freunde entschieden haben. Was den Rock vom Sakko unterscheidet: Der Rock hat immer eine horizontale Taillennaht.

Oliver und Christian in Gehröcken
Oliver und Christian in ihren schwarzen Gehröcken. Foto: Stefanie Peitz.

Wolle, meist in Form von robusten, gewalkten und gerauten Streichgarn-Tuchen (Wollflanell), seltener die glatten Kammgarn-Tuche, war das Material der Wahl. Speziell bei den weniger formellen Varianten durfte es aber auch der bequemere und doch strapazierfähige Baumwoll-Drillich sein. Die Farben waren gedeckt: schwarz und grau. Modischer und daher weniger formell waren braun, dunkelblau und dunkelrot.

Hosen

Die Hosen hatten einen hohen Bund, der etwa bis zum Bauchnabel reichte. Gehalten wurden sie von Hosenträgern. Denn: Schlaufen für einen Gürtel gab es bei diesen Hosen in der Regel nicht! Die Hose war oft, aber nicht immer aus demselben Stoff gefertigt wie der Rock – wenn es formell sein sollte, mit feinen Streifen, weniger formell mit Karos. Denim, also Jeansstoff, fand erst ab den 1870er Jahren Verbreitung. Modische Hosen hatten recht eng geschnittene Beine. Sollten die Hosen aber über den Stiefeln getragen werden, waren die Beine gerade geschnitten.

Das Gilet

Nicht fehlen durfte die Weste, das Gilet. Mal war sie als Teil des dreiteiligen Anzugs aus demselben Stoff wie Hose und Rock gefertigt. Gerne setzte der Träger mit ihr aber auch einen modischen Akzent. Die teuren gemusterten Seidenwesten konnten sich unsere beiden Freunde jedoch nicht leisten. Mal einreihig wie bei Christian, mal zweireihig geknöpft wie bei Oliver – ohne die Weste ging „Mann“ nicht aus dem Haus.

Schuhe und Stiefel

Zum Anzug gehören Schuhe. In den Städten des Ostens, wo mit befestigten Wegen und Straßen zu rechnen war, durften es Halbschuhe sein. In den Städtchen entlang der „Frontier“ jedoch trug man knöchelhohe Schuhe. Deswegen tragen Oliver und Christian Schuhe, wie sie seit 1850 auch die Infanterie nutzte, Brogans oder – nach dem Kriegsminister, der diese Schuhe einführte – Jeff Davis Boots genannt. Erstmals seit dem 17. Jahrhundert waren Schuhe und Stiefel wieder als linker und rechter Schuh gefertigt.

Christians Kavallerie-Stiefel sind auch bei der Arbeit praktisch.
Christians Kavallerie-Stiefel sind auch bei der Arbeit praktisch. Foto: Stefanie Peitz.

Stiefel mit hohem Schaft waren im Wilden Westen allgegenwärtig. Der klassische Cowboystiefel hatte jedoch keine Spitze, sondern schloss vorne gerade ab. Das Vorbild waren Kavallerie-Stiefel. Christian trägt ein Paar zur Arbeit, aber hin und wieder auch zum Anzug.

Hüte

Zum Bild des Wilden Westen gehört der Cowboyhut. Breitkrempig, mit hoher Krone, um dem Kopf Luft zu lassen, stammte er ursprünglich aus Mexiko. In den 1850er Jahren fand dieser Hut seinen Weg nach Texas, Arizona und New Mexiko. Im Zuge der großen Viehtrecks eroberte dieser Hut den gesamten Westen. Oliver trägt ein fast mustergültiges Modell.

Christian im Wild-West-Outfit.
Christian trägt hier einen modischen Hut mit Conchas. Foto: Sabine Peitz.

Doch die Hutmode war vielfältig. Die Krone mal offen, mal eingekniffen, mal flach, die Krempe mal schmaler, mal breiter, an den Rändern aufgebogen oder flach – alles war möglich. Christian trägt eine solche Alternative bei der Arbeit. Einer der beliebtesten Hüte war jedoch auch im Wilden Westen der Bowler, die Melone, wie Christian ihn gerne zum Anzug trägt.

Waffen, die den Westen erobert haben

Oliver und Christian führen Waffen-Modelle, die im Wilden Westen weit verbreitet waren. Alle können sie mit Fug und Recht den Titel „Waffen, die den Westen erobert haben“ tragen. Wir nutzen hauptsächlich CO2-Nachbauten in den Kalibern 4,5 mm Diabolo oder 6 mm BB bzw. Schreckschusswaffen im Kaliber 9 mm Knall. Denn das ermöglicht uns die Präsentation einer Vielfalt von Modellen, für die man ansonsten eine Sammler-Waffenbesitzkarte benötigen würde.

Die Gewehre im Wilden Westen
Die Unterhebelrepetierer von Winchester

Was wäre der Wilde Westen ohne die Gewehre von Winchester? Basierend auf dem Unterhebelrepetierer von Henry aus dem Jahr 1860 entwickelte Winchester das verbesserte Modell 1866, erneut im Kaliber .44 Henry – einer Randfeuerpatrone. Deren Nachfolge wiederum trat die Winchester ’73 im Kaliber .44-40 WCF (Winchester Central Fire) an. Unsterblich wurde diese Waffe durch den ihren Namen tragenden Film aus dem Jahr 1950 mit James Steward.

Christian repetiert seine Winchester.
Christian repetiert seine Winchester. Foto: Stefanie Peitz.

Oliver trägt einen Nachbau einer Winchester ’73 im Kaliber 4,5 mm. Christian hingegen führt einen Winchester ’94-Nachbau im Kaliber 6 mm BB. Zwar ist die etwas zu jung für unseren Darstellungszeitraum, birgt aber den Vorteil, mit Patronen geladen zu werden. Wir halten diesen Kompromiss für vertretbar. Immerhin sehen sich beide Waffen so ähnlich, dass z. B. auch Hollywood immer wieder auf dieses Modell zurückgegriffen hat.

Die Gewehre von Sharps

Beinahe ebenso wichtig wie die Winchester war die Sharps. Im Sezessionskrieg war der Sharps-Karabiner sowohl bei der US- wie auch bei der konföderierten Kavallerie weit verbreitet. In der langen Version ist das Sharps-Gewehr berühmt geworden als die Waffe des 1. US-Scharfschützen-Regiment, „Berdan‘s Sharpshooters“. Ab 1874 war der ursprünglich mit Perkussionszündung versehene Hinterlader für Metallpatronen erhältlich. Sharps Gewehre und Karabiner waren mit ihrer starken Munition als sehr treffsicher bekannt. Oliver führt eine solche Waffe neben seiner Winchester.

Schrotflinten

Nicht vergessen werden soll natürlich auch die doppelläufige Schrotflinte. Für den Farmer war die Flinte eine Waffe zur Jagd auf Kleintiere und Vögel. Im Westen spielten Schrotflinten aber auch eine wichtige Rolle als Waffe der Wachleute auf den Überlandkutschen. Wells Fargo hatte seine Fahrer und Wachleute mit Flinten mit gekürzten Läufen ausgestattet. „Riding Shotgun“ ist bis heute in den USA ein Begriff für das Fahren auf dem Beifahrersitz.

Ältere Modelle waren oft noch Vorderlader. Hinterlader mit ihrem typischen Knicklauf waren zunächst ebenfalls mit außenliegenden Hähnen ausgerüstet. 1875 wurde das erste Patent für ein Flintenschloss mit innen liegenden Hähnen erteilt. Dieses System verbreitete sich schnell. Christian führt eine doppelläufige Flinte mit innenliegenden Hähnen. Sie kann mit Patronen geladen werden, die jeweils fünf 6 mm BBs fassen.

Die Revolver im Wilden Westen
Revolver mit Perkussionszündung

Bis zum Ende des Sezessionskrieges waren die Revolver im Wilden Westen in der Regel Vorderlader mit Perkussionszündung. Die wichtigsten Modelle waren die Navy-Modelle 1851 und 1861 im Kaliber .36 und der Army-Revolver 1860 im Kaliber .44 von Colt sowie deren Nachbauten der Konföderierten. Weite Verbreitung fand auch der .44-er Remington New Model Army.

Revolver mit Metallpatrone

Kurz vor dem Sezessionskrieg hatte Rollin White ein Patent auf einen Revolver mit durchbohrter Trommel erhalten. Dieses System erlaubte die Nutzung von Metallpatronen. Smith & Wesson erhielten eine Lizenz für dieses Patent und bauten die ersten Hinterlader-Revolver, den Smith & Wesson Nr. 1 im Kaliber .22 kurz.

Der Peacemaker
Oliver mit Peacemaker und Remington.
Oliver mit Peacemaker und Remington. Foto: Stefanie Peitz.

1873, nach Ablauf des Patents von Rollin White, brachte Colt sein Modell Single Action Army auf den Markt – den berühmten Peacemaker. Colt lieferte die Waffe zunächst im Kaliber .45 Colt an die US-Army. Für den zivilen Markt kamen ab 1877 auch Modelle hinzu, die die Munition der Winchester-Gewehre 44-40 WCF und 38-40 WCF verschossen. Die Waffen wurden mit Läufen in den Längen 7 ½ Zoll, 5 ½ Zoll und 4 ¾ Zoll gefertigt. Oliver trägt den Nachbau eines Modells mit 5 ½ Zoll langem Lauf im Kaliber 4,5 mm.

Der Remington 1875

Olivers zweite Waffe ist ein Remington Model 1875 Single Action Army. Dieser war der direkte Nachfolger des New Model Army. Ursprünglich im Kaliber .44 Remington CF gebaut, gab es diese Waffe später auch für Winchester- und Colt-Patronen zu kaufen. Olivers Nachbau hat ebenfalls das Kaliber 4,5 mm.

Schofields
Oliver und Christian mit Revolvern.
Christian hat einen seiner beiden Schofields gezogen. Er trägt seine Revolver mit den Griffen nach vorn in den Holstern. Foto: Stefanie Peitz.

Christian trägt zwei Smith & Wesson Nr. 3 Schofield Revolver. Diese Revolver wurden, als verbesserte Version des Nr. 3 American, ab 1874 zunächst für die US Army und später auch für den zivilen Markt im Kaliber .44 S&W American gebaut. Christian bevorzugt bei seinen Nachbauten das Kaliber 6 mm BB.

Das Bowie-Messer

1830 hatte der Schmied James Black aus Arkansas für James Bowie ein großes Kampfmesser hergestellt. Da Bowie mehrere Zweikämpfe mit diesem Messer bestritt, erlangte die Waffe rasch Berühmtheit. Schnell kamen Kopien und Abwandlungen in Umlauf. In den 1850er Jahren begannen Schneidwaren-Hersteller in Sheffield in Großbritannien, solche Messer in die USA zu exportieren. Ein solches Messer trägt Christian zusätzlich zu seinen beiden Revolvern am Gürtel. In den 1870er Jahren, als sich großkalibrige Faustfeuerwaffen immer weiter im Westen verbreiteten, ging die Verbreitung solch großer Messer langsam zurück. Ganz aus der Mode kamen sie aber nie.

Literatur

Ford, Roger: Handfeuerwaffen aus über fünf Jahrhunderten. Erlangen 2001.

Loschek, Ingrid: Reclams Mode- und Kostümlexikon. Ditzingen 2011.

Rosa, Joseph G: Western Arsenal – Schußwaffen der amerikanischen Pionierzeit. Stuttgart 1987.

Thiel, Erika: Die Geschichte des Kostüms: Die europäische Mode von den Anfängen bis zur Gegenwart. Leipzig 2010.