Schlagwort-Archive: Kleidung

Unser Rückblick auf 2021 bis 2023

Im letzten Rückblick vom Januar 2021 war ich noch ausgesprochen hoffnungsvoll, was die Zukunft anging. Klar, nach dem Corona-Lockdown konnte es ja nur bergauf gehen. Unser Rückblick auf 2021 bis 2023 fällt trotzdem eher durchwachsen aus. Schuld daran waren die Klimaerwärmung und deren Auswirkungen auf unser Wetter.

Ein Auftrag quasi backstage im Museum

Im Frühjahr 2021 lief tatsächlich noch nichts. Es kam dann aber doch noch ein größerer Auftrag quasi backstage im Museum um die Ecke. Vom September 2021 bis zum November 2022 lief in verschiedenen Museen in NRW die archäologische Landesausstellung „Roms fließende Grenzen“. Wir hatten von der NRW-Stiftung den Auftrag erhalten, die Texte für ein Kinderheft zu den Ausstellungen zu verfassen. Rechtzeitig zur Eröffnung der ersten Ausstellung sollte das Heft fertig werden. 10 Wochen vom ersten Projektgespräch bis zur Abgabe. Das war sportlich. Wir haben es dennoch geschafft – und das Heft hat reißenden Absatz gefunden.

Hochwasser

Dann aber kam der 14. Juli 2021 – und damit das Hochwasser. Von unserem Räumen hat man einen wunderbaren Ausblick auf den Stiefelsbach, ein Rinnsal, das jeden Sommer für ein paar Wochen trocken fällt. Vom Haus bis zum Bach sind es keine 20 m. Die haben nicht ausgereicht, um das Wasser daran zu hindern, uns zu besuchen – zudem die Brühe nicht nur von hinten vom Bach, sondern irgendwann auch von vorne über die Straße kam.

Da sich unsere Firmenräume auf Keller und Erdgeschosse in zwei benachbarten Gebäuden verteilen, war das Ergebnis nicht nur im Rückblick nicht lustig. Die Werkstatt und ein Teil des Materiallagers standen bis zur Brust, weitere Teile des Lagers und der Bibliothek bis zum Knie unter Wasser. Etwa 65 % der Werkzeugmaschinen, 25 % der Kostüme und Lagerausrüstung sowie 10 % der Bücher waren Opfer von Wasser und Schlamm geworden. Weiteren Schaden konnten wir verhindern, indem wir bei noch steigendem Hochwasser Bücher und Ausrüstung aus den unteren Regalböden nach oben geräumt haben. Der Strom war da längst ausgefallen.

Beseitigung des Chaos

Die nächsten Wochen haben wir dann fulltime mit der Beseitigung des Chaos verbracht. Dem Himmel sei Dank waren wenigstens Ferien und wir hatten Urlaub – auch wenn die geplanten Urlaubsreisen alle buchstäblich ins Wasser gefallen sind. Danach mussten die Sanierungsarbeiten mit geringerem Tempo weitergehen, denn es riefen ja wieder unsere Jobs.

Da natürlich alle Wände feucht waren, mussten Ausweichräume für das Lager gefunden und bezogen werden. Fast ein Jahr lang hat es gedauert, bis die Feuchtigkeit aus unseren Räumen raus war. Erst danach konnten wir damit beginnen, neu zu verputzen und zu streichen. Als das endlich erledigt war, konnten wir daran gehen, Werkzeugmaschinen, Regale, Ausrüstung, Kostüme und zumindest einen Teil der zerstörten Bücher zu ersetzen. Veranstaltungen konnten wir in dieser Zeit also weitgehend vergessen. Die Werkstatt ist bis jetzt noch nicht wieder voll in Funktion.

Nochmal Römer für die NRW-Stiftung

Aufgrund des durchschlagenden Erfolgs des Kinderheftes kam dann im Sommer 2022 der Folgeauftrag. Gerade war der Niedergermanische Limes in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten aufgenommen worden. Erneut erteilte uns die NRW-Stiftung den Auftrag über die Texte für eine Publikation für acht- bis zwölfjährige Kinder. Es sollte ein Entdeckerbuch zu ausgewählten Bodendenkmälern am Niedergermanischen Limes werden.

Wie auch schon beim Vorgängerprojekt hat Oliver Hartmann die Zeichnungen der Ankerfigur, des Eichhörnchens Nicki Nuss, erstellt. Die Agentur Cyrano führte dann Texte, die von uns recherchierten und ausgewählten Fotos und die Zeichnungen wieder zu einem einheitlichen Produkt zusammen. Es war ein Monsterprojekt, das uns über ein Jahr in Atem gehalten hat. Immerhin machen wir von Past Present Promotions den Job inzwischen alle nur noch im Nebenberuf. Wir warten noch auf die endgültige Freigabe durch den Limesbeauftragten am LVR-Amt für Bodendenkmalpflege, dann kann das Buch in Druck gehen.

Themenführungen für MiQua in Köln

Beinahe parallel erhielten wir den Auftrag über Themenrundgänge für das LVR – Jüdisches Museum im archäologischen Quartier (MiQua) in Köln. Um die noch mehrere Jahre dauernde Verzögerung bei der Eröffnung zu überbrücken, beauftragte uns das Museum mit der Konzeption von drei Führungen mit Hands-on-Objekten. Die Rundgänge sollten durch das archäologische Quartier gehen und die Themen „Archäologie im Quartier“, „Alltag und Kindheit“ und „Zusammenleben der Religionen“ abdecken. Dazu kamen digitalem Material zur Nachbereitung und eine Einführung zur Mode des römischen Reiches und des Mittelalters für die Mitarbeiter des Museums. Im Frühjahr 2023 konnten wir das Projekt abschließen.

Doch noch eine Veranstaltung

Ende August hatten wir dann doch noch eine eigene Veranstaltung. Denn unser Heimatstädtchen Rheinbach wurde vor 725 Jahren zum ersten Mal als „oppidum“, also als Stadt bezeichnet. Das hat der Verein von Freunden des Stadtarchivs zum Anlass genommen, ein Stadtfest zu initiieren. Wir haben in dessen Auftrag die Belebung der Kemenate des Bergfriedes der Rheinbacher Burg organisiert, die Waffen- und Rüstungsschau, diverse Handwerksvorführungen, ein Kindermitmachprogramm und den Darsteller des Kölner Erzbischofs für die „Podiumsdiskussion“ zwischen eben jenem geistlichen Würdenträger, dem Ritter von Rheinbach und dem Abt des Klosters Prüm.

Neue militärische Ausrüstung für den ersten Weltkrieg

Neben dem Ersatz für durch die Flut beschädigte Ausstattung haben wir auch in einen neues Darstellungsthema investiert. Zivile Bekleidung für den Zeitraum um 1900 haben wir bereits im Fundus.

Unser MG-Trupp
Unser MG-Trupp – vorn 1914/15, in der Mitte 1916/17.

Diese haben wir durch neue militärische Ausrüstung für den ersten Weltkrieg ergänzt. Wir können nun auch als (allerdings leider nicht vollständige) Besatzung eines MG08 eines Bataillons des preußischen Landsturms auftreten.

Planung für 2024

Inzwischen ist die Saison 2023 beendet. Jetzt geht es mit der Beseitigung der letzten Hochwasserschäden weiter. Außerdem läuft die Planung für 2024. Noch ist überhaupt nichts fest. Die ersten Angebote sind aber natürlich in Arbeit und auch die Recherchen für weitere Publikationen laufen auf Hochtouren.

Die Figuren in der Turmvorhalle des Freiburger Münsters

Bei einem Besuch in Freiburg haben mich unter anderem die Figuren in der Turmvorhalle des Freiburger Münsters in ihren Bann gezogen. Mit ihrem Detailreichtum bieten sie sich nämlich als Quelle für die Rekonstruktion mittelalterlicher Kleidung an. Außerdem sind sie auf den Zeitraum um bzw. kurz nach 1300 zu datieren – und genau in diese Zeit fällt ja auch unsere mittelalterliche Ausstattung.

Eine kurze Baugeschichte des Freiburger Münsters

Um 1200 machte sich der letzte Herzog aus dem Geschlecht der Zähringer, Bertold V. (1186-1218), Gedanken über seine letzte Ruhestätte. Die alte Pfarrkirche in seiner Stadt Freiburg war ohnehin zu klein geworden. Ein Neubau musste her. Wie damals üblich, begann man im Osten, mit dem Chor.

Nachdem auch die beiden Chorflankentürme und das Querhaus fertig gestellt worden waren, kehrte man vom spätromanischen Baustil ab und wendete sich der Gotik zu. In diesem Stil wurden unter dem neuen Stadtherrn Graf Egino I. (1218-1236) das Langhaus und ab ca. 1270 der hohe Kirchturm im Westen ausgeführt. Bis ca. 1330 waren diese Arbeiten abgeschlossen.

Nicht lange danach aber wurde schon wieder an der Freiburger Stadtkirche gebaut: 1354 wurde der Grundstein für einen neuen Chor mit umlaufenden Kapellenkranz gelegt. Es sollte dann noch bis 1536 dauern, bis die Arbeiten auch an der letzten Kapelle abgeschlossen waren. Viel ausführlicher nachlesen lässt sich dies auf der Website des Münsters.

Die Figuren an der Nord- und der Südwand der Turmvorhalle

Der Turm steht beinahe frei an der Westseite des Langhauses. Sein fast quadratischer Sockel bildet in seinem unteren Teil die Vorhalle zur Kirche. Links und rechts an den Innenwänden der Vorhalle befinden sich, über zwei Stufen erreichbar, jeweils 12 steinerne Sitze für die Ratsherren und Marktrichter. Über diesen Sitzen zieht sich ein Reigen aus insgesamt 36 biblischen und allegorischen Gestalten sowie Heiligen der Kirche, der bis in die Archivolten des Kirchenportals reicht.

Im Süden sind dies von Ost nach West: Der Erzengel Gabriel, Maria, die Verkörperung der Heimsuchung, die Synagoge, fünf törichte Jungfrauen, die Sieben Freien Künste sowie die Heiligen Margareta und Katharina. Im Norden folgen, wieder von Ost nach West, die Heiligen Drei Könige, die Ecclesia, Christus als Bräutigam der sich anschließenden fünf klugen Jungfrauen, Magdalena, Abraham, Johannes der Täufer, Elisabeth, Zacharias, ein Engel, die Wollust und, als Versucher, der Fürst der Welt.

Die Kleidung der Figuren in der Turmvorhalle des Freiburger Münsters
Eine der Figuren in der Turmvorhalle des Freiburger Münsters (Hl. Maria Magdalena).
Die Figur der Hl. Maria Magdalena an der Nordseite der Turmvorhalle des Freiburger Münsters.

Schaut man sich die Kleidung der Figuren in der Turmvorhalle des Freiburger Münsters an, so begegnen einem die für das späte 13. und frühe 14. Jahrhundert typischen Kleidungsstücke: Cotte, Surcot und Mantel. Die Frauen tragen ihre Kleider bodenlang und stehen ganz typisch in den Falten ihres Kleides. Bei den Männern reicht der Saum der Cotte bis zu den Fußgelenken oder bis knapp die Wade. Dann sind enge Beinlinge und Halbschuhe erkennbar. Auffällig ist, dass Männlein wie Weiblein den Gürtel, falls vorhanden oder sichtbar, sehr hoch in der Taille tragen.

Von diesen Grundtypen gibt es allerdings immer wieder Variationen, die hier und da nicht unbedingt dem entsprechen, was man an Kleidung aus den Jahrzehnten um 1300 so gewöhnt ist. Dazu später an anderer Stelle mehr.

Die Jungfrauen tragen meist Schleier und Schapel, verheirate weibliche Heilige, wie die Hl. Elisabeth, tragen den Schleier über einem Gebende. Interessant ist, dass das Gebende generell nicht weiß, sondern golden gefasst ist – womit wir beim Anlass für diesen Artikel wären.

Farbigkeit und Muster der Kleidung
Die Figur des Caspar an der Nordseite der Turmvorhalle des Freiburger Münsters.
Die Figur des Caspar an der Nordseite der Turmvorhalle des Freiburger Münsters.

Abgesehen vom Gold, das natürlich deutlich hervorsticht, sind die Figuren in nicht allzu kräftigen, schon fast pastelligen Farben gefasst. Für eine Fassung auf Stein ist das auch nicht allzu verwunderlich und entspricht dem, was ich aus verschiedenen Museen so gewöhnt bin. Was mich aber zunächst einmal fast von den Füßen gehauen hätte, sind die Muster der Kleidung. Hier dominieren Querstreifen! Eng gestreift wie bei der Figur des Caspar, mit Bändern aus mehreren schmalen Streifen wie z.B. bei zwei der klugen Jungfrauen oder, wie bei der Hl. Elisabeth oder Abraham, mit Bändern aus geometrischen Mustern, Blüten oder Rosetten, wiederum voneinander abgegrenzt durch Streifen.

Jetzt kann man sich natürlich die Frage stellen, ob diese Farbigkeit überhaupt der originalen Farbfassung entspricht. Tatsächlich wurde die Portalhalle 2004 renoviert und die Farbfassung der Figuren aus den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts wieder hergestellt. Entspricht aber diese Farbfassung wirklich der mittelalterlichen Farbigkeit?

Vergleich im Codex Manesse

Ich habe mich auf die Suche gemacht und bin tatsächlich fündig geworden. Und zwar, wen wundert‘s, in der Großen Heidelberger Liederhandschrift, dem Codex Manesse – und zwar beim dritten Nachtragsmaler. Der hat insgesamt nur drei (wenn man die unkolorierte Vorzeichnung auf Fol. 196r mitrechnet, ggf. vier) Miniaturen angefertigt (Fol. 43v, 194r und 197v) und geht dadurch fast unter. Aber bei seinen Miniaturen habe ich zwar nicht die gleichen, aber doch ähnliche Muster gefunden. Vor allem auf Fol. 194r sind auf den farbigen Kleidungsstücken der beiden Damen feine weiße Querstreifen zu sehen, die in sich auch, ähnlich wie bei den Figuren der Hl. Elisabeth oder des Abraham, eine Folge von Ornamenten tragen.

Die Figur des Abraham an der Nordseite der Turmvorhalle des Freiburger Münsters.
Die Figur des Abraham an der Nordseite der Turmvorhalle des Freiburger Münsters.

Mein Fazit: Bei den Stoffmustern, die auf den Figuren in der Turmvorhalle des Freiburger Münsters dargestellt sind, könnte es sich tatsächlich um die originalen Muster aus dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts handeln. Das in ein real existierendes Kleidungstück umzusetzen dürfte nicht leicht sein.

Literatur

Hug, Wolfgang (1989): Das Freiburger Münster. Kunst – Geschichte – Glaubenswelt. 2. Auflage. March-Buchheim (Buchheimer Druck- und Verlagsgesellschaft).
Walther, Ingo F. et. al. (Hrsg.) (1992): Codex Manesse. Die Miniaturen der Großen Heidelberger Liederhandschrift. 5. Auflage. Frankfurt am Main (Insel-Verlag).